"Da sein, wo die Menschen sind" - das gehöre quasi zur DNA der 60 bayerischen Sparkassen, hieß es bei der Vorstellung der Jahreszahlen des Bayerischen Sparkassenverbands. Ähnlich klingt es auch bei den Volks- und Raiffeisenbanken. Der Genossenschaftsverband Bayern sieht sich mit seinem Geschäftsmodell der 184 Regionalbanken gut aufgestellt.
Nacheinander präsentierten beide Verbände ihre jeweiligen Jahresbilanzen, und dabei wurde deutlich, dass sich das Bankgeschäft verändert hat. Die meisten Kundinnen und Kunden greifen häufiger zum Telefon und nutzen verstärkt die angebotene App mit dem jeweiligen Online-Banking. Und das - entgegen der landläufigen Meinung - durchaus quer durch alle Altersgruppen. Direkt in die Filiale vor Ort geht in der Regel nur noch, wer ein spezielles Anliegen hat oder wer eine Beratung braucht.
Immer weniger klassische Bankfilialen in Bayern
Es erscheint daher als marktwirtschaftlich logische Konsequenz, dass die Zahl der Bankfilialen mit Öffnungszeiten und physisch anwesenden Mitarbeitenden seit Jahren sinkt. Die bayerischen Sparkassen mit 33.556 Beschäftigten verfügen derzeit über 1.383 konventionelle Geschäftsstellen im Freistaat, dazu kommen noch 963 Beratungscenter und SB-Geschäftsstellen.
Die Volks- und Raiffeisenbanken mit 29.334 Beschäftigten bringen es auf 1.742 Filialen, ein Jahr zuvor waren es noch 1.808. Manch ein Standort wurde bereits auf eine Selbstbedienungsfiliale umgerüstet oder mit einem Terminal für eine Video-Beratung ausgestattet.
Auch durch Fusionen hat die Präsenz in der Fläche mancherorts gelitten, aber meist ist es so, dass mindestens eine VR-Filiale und eine Sparkasse vor Ort übrigbleiben, häufig in direkter Nachbarschaft.
Effizienzdruck: Weniger Standorte, stärkere Spezialisierung
In den Bilanzen beider Finanzgruppen gibt es eine wichtige Kennzahl: die CIR. Das steht für Cost-Income-Ratio, also das Verhältnis zwischen Aufwand und Ertrag. Diese Prozentzahl sagt aus, wie rentabel gewirtschaftet wird. Stolz verweisen die Verbände darauf, dass die CIR jetzt jeweils bei unter 60 Prozent liegt. Zur Erklärung: Wenn die Erträge stärker steigen als die Kosten, so wie das im vergangenen Jahr der Fall war, fällt die CIR niedriger aus.
Allein dieser Effizienzdruck spricht dafür, die gut ausgebildeten Fachkräfte in den Filialen möglichst nicht mit einfachen Büroarbeiten oder Serviceleistungen auszulasten, die auch das Call-Center erledigen könnte oder für die die App zur Verfügung steht. Die Spezialisierung sei inzwischen so weit fortgeschritten, dass sich einzelne Mitarbeitende nur um die Eröffnung eines Kontos kümmern, andere nur um die Einrichtung eines neuen Wertpapierdepots, heißt es beim Genossenschaftsverband. An einem anderen Standort würden inzwischen nur noch Immobilienfinanzierungen angeboten, weil andere Serviceleistungen dort schlicht nicht mehr nachgefragt werden.
Zu viel Bürokratie führt zu Bankfusionen
Ein großes Thema, sowohl bei den VR-Banken als auch bei den öffentlich-rechtlichen Instituten, ist die Regulatorik. Die überbordende Bürokratie sei auch der wichtigste Grund für die Fusionen der vergangenen Jahre. Selbst in kleineren Filialen müssten häufig sogar zwei Fachkräfte dafür abgestellt werden, um die verschiedenen Dokumentations- und Aufzeichnungspflichten zu erfüllen und abzuarbeiten, heißt es beim Sparkassenverband.
Sprengungen: Geldautomaten werden zum Risiko
Die Stärke beider Finanzgruppen ist ihre Präsenz in der Fläche, gerade bei der Versorgung mit Bargeld. Was die Banken daran finanziell herausfordert: Immer wieder werden Geldautomaten gesprengt, vor allem auf dem Land. Nun soll mit neuester Sicherheitstechnik nachgerüstet werden, mancherorts bleibt der Zugang über Nacht verwehrt. Das Landeskriminalamt (LKA) bietet bei der Risikoanalyse seine Unterstützung an.
In den Niederlanden wurde das Netz wegen der vielen Anschläge stark ausgedünnt, von mehr als 8.000 auf jetzt nur noch 800 Geldautomaten. Derartiges sei in Bayern nicht geplant, heißt es übereinstimmend beim Sparkassenverband und beim Genossenschaftsverband. Die Kundschaft soll den nächsten Geldautomaten möglichst ohne längere Anfahrtszeiten erreichen können.
"FinanzPunkte": Sparkassen und VR-Banken teilen sich Filialen
Bislang noch selten in Bayern sind sogenannte "FinanzPunkte" (externer Link). An solchen Standorten kooperiert die jeweilige Sparkasse vor Ort mit der dort ansässigen VR-Bank. Die Sparkasse Oberpfalz Nord und die Raiffeisenbank Oberpfalz Nord-West haben als erste im Freistaat dieses Konzept umgesetzt. Auch die VR-Bank Mittelfranken Mitte und die Sparkasse Ansbach haben zwei "FinanzPunkte" in Flachslanden und in Lehrberg eröffnet.
Diese Filialen sind immer an drei oder vier Tagen in der Woche geöffnet. An jeweils eineinhalb Tagen sind die Berater der Volksbank oder die Beraterinnen der Sparkasse vor Ort. Durch die Beleuchtung in Rot oder in Blau ist sofort erkennbar, welches Institut jeweils im "FinanzPunkt" vertreten ist. Die IT-Infrastruktur bleibt strikt getrennt, um Datenschutz und Vertraulichkeit zu gewährleisten. Sparkasse und VR-Bank nutzen die Räumlichkeiten gemeinsam, bleiben aber Wettbewerber.
Dieser Artikel ist erstmals am 15.März auf BR24 erschienen. Das Thema ist weiterhin aktuell. Daher haben wir diesen Artikel erneut publiziert.
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