Galeria Karstadt Kaufhof wird fünf Warenhäuser weniger schließen als noch zu Wochenbeginn angekündigt – zwei Davon liegen in Bayern. Dank weiterer Zugeständnisse der Vermieter blieben die Warenhäuser in Bayreuth, Erlangen, Oldenburg, Rostock und Leipzig erhalten, sagte ein Unternehmenssprecher am Donnerstag der Deutschen Presse-Agentur.
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Aufatmen bei den Beschäftigten in Erlangen und Bayreuth
Die insgesamt über 150 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der beiden offenbar geretteten Filialen können aufatmen: "Wir sind einfach nur erleichtert und wahnsinnig glücklich!" freut sich die Betriebsratsvorsitzende Galeria Karstadt Kaufhof Erlangen, Birgit Ilgner. Auch ihr Kollege Robert Firtzlaff von der Filale Nürnberg-Königstraße freut sich über die Nachrichten. "Das ist ein tolles Signal! Jetzt kämpfen wir erst Recht!"
Jana Hampel von ver.di Handel Mittelfranken begrüßt die Entscheidung in Bezug auf Erlangen: "Die Kolleg*innen behalten ihren Job und Erlangen sein 'Herz der Innenstadt'. Wir sehen das als gutes Vorzeichen für unseren Kampf um die Nürnberger Kolleg*innen und die Filialen." Allerdings brauche es nun auch Investitionen in die Häuser und in die Beschäftigten.
Immer noch 47 Filialen von Schließung bedroht
Die Zahl der geplanten Filialschließungen bei Deutschlands letztem großen Warenhauskonzern verringert sich damit auf 47. Die Zahl der fortgeführten Häuser steigt auf 82.
Galeria hatte am Montag angekündigt, 52 der zuletzt noch 192 Warenhäuser zu schließen. Auch tausende Arbeitsplätze sollen im Zuge des laufenden Insolvenzverfahrens gestrichen werden. Zehn der ursprünglich auf der Schließungsliste stehenden Galeria-Filialen sind in Bayern. Unter ihnen Schweinfurt, Coburg, Nürnberg Königstraße und Langwasser, Regensburg Neupfarrplatz, Kempten, Rosenheim und München Bahnhof.
Weitere Filialen könnten von Modekette übernommen werden
Auch von anderer Seite hatte es zuletzt ermutigende Signale für die Beschäftigten gegeben. Der Geschäftsführer der Modekette Aachener, Friedrich-Wilhelm Göbel, sagte der dpa, er habe Interesse an mehreren von der Schließung bedrohten Standorten.
Es gebe momentan keine vertragliche Regelung mit Galeria, aber beidseitig unterschriebene Verträge mit Vermietern, sagte der Manager. Diese greifen demnach, sobald eine Kündigung von Galeria eingeht – was bislang aber noch nicht passiert sei.
Wie viele Filialen können noch gerettet werden?
Göbel versprach, man werde "allen Mitarbeitern der betroffenen Filialen ein Angebot machen, für uns zu arbeiten. Ohne Ausnahme." Zur Anzahl der Häuser, die zu Aachener-Filialen werden sollen, sagte Göbel: "Ich glaube, es werden zehn. Es könnten auch 25 werden."
Seiner Aussage nach geht es um Filialen in ganz Deutschland. Aachener betreibt bislang sieben Filialen in Rheinland-Pfalz, Hessen, Nordrhein-Westfalen, Baden-Württemberg und Schleswig-Holstein. Göbel war vorher Chef der Modekette Sinn.
Online-Konferenz der Betriebsräte mit Galeria
Am Freitag treffen sich die in Bayern von der Schließungsankündigung betroffenen Galeria-Karstadt-Kaufhof-Betriebräte, Verdi-Gewerkschaftsvertreter und der Insolvenzverwalter im Rahmen einer Online-Konferenz mit hochrangingen Vertretern des Bayerischen Wirtschaftsministeriums. Das sagte Peter König von Verdi in Würzburg auf Anfrage des Bayerischen Rundfunks.
Es gehe darum auszuloten, ob – so wörtlich – „etwas auf politischer Ebene“ gehe. In Unterfranken soll der Galeria-Karstadt-Kaufhof-Standort Schweinfurt mit rund 60 Mitarbeitern Ende Januar 2024 geschlossen werden. Peter König von Verdi sagte gegenüber dem BR wörtlich: „Ich, der Betriebsrat und die Beschäftigten haben den Standort noch nicht aufgegeben.“
Angegebene Ursache für Schließungen: Energiekosten und Konsumflaute
Der Warenhauskonzern hatte Ende Oktober die Rettung in einem Schutzschirm-Insolvenzverfahren suchen müssen. Als Grund für die bedrohliche Lage des Unternehmens nannte Konzernchef Miguel Müllenbach damals die explodierenden Energiepreise und die Konsumflaute in Deutschland. Der Gesamtbetriebsrat machte allerdings auch Managementfehler mitverantwortlich für die Krise des Konzerns.
Modernisierung der verbleibenden Filialen
Nach den Plänen des Warenhauskonzerns sollen die verbleibenden Filialen in den kommenden drei Jahren allesamt umfassend modernisiert werden. In Zukunft will sich der Konzern bei seinem Angebot vor allem auf die Bereiche Bekleidung, Schönheitspflege und Wohn-Accessoires konzentrieren. Bei der Gestaltung ihres Sortiments sollen die Filialen außerdem mehr Eigenständigkeit erhalten.
Mit Blick auf das geplante Maßnahmenpaket sagte Galeria-Chef Miguel Müllenbach: "Das Warenhaus in Deutschland hat damit eine Zukunft." Allerdings muss vor dem Neustart noch die Gläubigerversammlung am 27. März in Essen grünes Licht dafür geben. Lehnt sie den Insolvenzplan ab, droht dem Unternehmen das sofortige Aus.
Zweiter Anlauf zur Rettung durch Schließungen
Es ist bereits der zweite Versuch, den Handelsriesen durch ein Schutzschirmverfahren und den damit verbundenen Schuldenschnitt wieder dauerhaft auf Erfolgskurs zu bringen. Ein erster Anlauf, der 2020 während des ersten Corona-Lockdowns gestartet worden war, hatte dem Unternehmen trotz der Schließung von rund 40 Filialen, dem Abbau von etwa 4.000 Stellen und der Streichung von mehr als zwei Milliarden Euro an Schulden nur vorübergehende Entlastung gebracht.
Mit Informationen von dpa
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