Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) hat das geplante Heizungsgesetz gegen Kritik verteidigt. Im "Interview der Woche" des Deutschlandfunks (DLF) bezeichnete er das Vorhaben als "Meilenstein in der deutschen Klimapolitik". Es handele sich um ein großes Gesetz, das über Jahrzehnte eine Wirkung entfalten werde. Städte und Gemeinden forderten unterdessen erhebliche finanzielle Hilfen vom Bund, um den Austausch von Heizungen in kommunalen Gebäuden zu finanzieren.
Habeck: "Es heißt ja noch immer 'Heizungsverbot'. Was ist das für ein Quatsch?"
Habeck räumte Versäumnisse bei der Kommunikation über das Gebäudeenergiegesetz ein. Es sei nicht gelungen, die Bedeutung des Gesetzes und auch die soziale Flankierung deutlich zu machen. "Es heißt ja noch immer 'Heizungsverbot'. Was ist das für ein Quatsch? Niemand will Heizen verbieten, im Gegenteil", betonte er. Aber die Schwierigkeit der Debatte sei auch in der Sache begründet, und deshalb müssten alle Fragen beantwortet werden.
Die parlamentarische Wirtschaftsstaatssekretärin Franziska Brantner (Grüne) erklärte, fossile Brennstoffe würden teurer. "Deswegen wird die Wärmewende dabei helfen, das Heizen auf Dauer für alle bezahlbar zu halten und unsere Klimaziele zu erfüllen", sagte sie der "Neuen Osnabrücker Zeitung". Neben der Wärmepumpe bleibe auch die Nutzung von Wärmenetzen, Biogasen, Solarthermie oder Holzschnitzeln möglich. "Außerdem ist eine starke finanzielle Unterstützung vorgesehen, damit es überall vor Ort passt und es sich alle leisten können", sagte Brantner.
Heizungsgesetz: Ausnahmen sollen finanzielle Härten abfedern
Laut dem vom Kabinett gebilligten Gesetzentwurf sollen vom kommenden Jahr an neu eingebaute Heizungen zu mindestens 65 Prozent mit erneuerbaren Energien betrieben werden. Die Vorschriften sollen mit Übergangsregelungen und Förderungsmöglichkeiten flankiert werden. Menschen, die auf Bürgergeld, Wohngeld oder den Kinderzuschuss angewiesen sind, werden von den neuen Regeln ausgenommen, ebenso Menschen, die über 80 Jahre sind und solche, für die ein Heizungsumbau eine besondere Härte darstellen würde.
Habeck für soziale Staffelung durch Besteuerung der Heizungs-Förderung
Habeck sprach sich für eine Besteuerung der staatlichen Förderung beim Umstieg auf die klimafreundlicheren Heizungen aus. Der Vizekanzler stellte sich hinter einen Grünen-Vorschlag, die Förderung auf 80 Prozent der Kosten aufzustocken, die dann aber versteuert werden müssten. "Einige, die keine Steuern zahlen, haben halt 80 Prozent Förderung, diejenigen, die Steuern zahlen halt nur 40 und zahlen dann einen Teil zurück", sagte Habeck. "Das wird vielleicht moderat teurer, aber nicht dramatisch viel teurer werden."
Ein solcher Vorschlag sei in den Regierungsberatungen am FDP-geführten Finanzministerium gescheitert. "Wenn es im Parlament gelingt, da weiterzukommen, kann ich es nur begrüßen. Denn gerechter fände ich es", sagte der Grünen-Politiker.
Städte und Gemeinden fordern mehr Geld
Nach Berechnungen des Deutschen Städte- und Gemeindebundes kostet das Gebäudeenergiegesetz die Kommunen mindestens acht Milliarden Euro. Insgesamt 135.000 kommunale Gebäude müssten bis 2045 mit einer neuen Heizung ausgestattet werden; um die Auflagen zu erfüllen, entstünden Mehrkosten pro Anlage von je 60.000 Euro, teilte der Verband der "Neuen Osnabrücker Zeitung" mit.
Um das stemmen zu können, müssten die Kommunen und die kommunale Wohnungswirtschaft "umfassend und langfristig finanziell unterstützt werden", sagte der Hauptgeschäftsführer des Städte- und Gemeindebundes, Gerd Landsberg, der Zeitung. Er kritisierte, die Kommunen seien von Förderungen, die Wirtschaftsminister Habeck in Aussicht gestellt hat, bislang ausgeklammert.
Von den rund 180.000 kommunalen Verwaltungsgebäuden, Schulen, Krankenhäusern oder Sporthallen wird laut dem Zeitungsbericht der Großteil noch mit Öl oder Gas geheizt. Auch bei Neubauten werden demnach bislang in vier von zehn Fällen noch fossil betriebene Heizungen eingebaut, was von 2024 an verboten werden soll.
Fall Graichen belastet das Bundeswirtschaftsministerium
Im Interview mit dem DLF räumte Bundeswirtschaftsminister Habeck ein, dass die Debatte über Personalverflechtung rund um seinen Staatssekretär Patrick Graichen für ihn und das Ministerium eine Belastung sind. "Für den Fehler zahlt Patrick Graichen jetzt schon einen hohen öffentlichen Preis – wir alle", sagte der Grünen-Politiker am Sonntag im Deutschlandfunk. "Aber die Substanz des Fehlers konnte noch korrigiert werden", fügte er mit Hinweis auf die erneute Ausschreibung für den Chefposten der Energieagentur dena hinzu. In einem ersten Verfahren hatte ein Trauzeuge von Graichen den Posten erhalten, Graichen selbst war an der Vorauswahl beteiligt.
Habeck: "Es ist ein Fehler, es ist ein Fehler, es ist ein Fehler – Punkt."
"Es ist ein Fehler, ich möchte gerne ein Politiker sein, der Fehler zugibt", sagte Habeck. Er verlange dies auch von seinen Mitarbeitern. Aber an anderen Stellen seien "Brandmauern" eingezogen wurden, die auch funktioniert hätten. Habeck wies den Vorwurf seines Parteifreundes Jürgen Trittin zurück, dass es sich um eine Kampagne gegen die Energiewende handele, dessen zentrale Figur Graichen ist. "Es ist ein Fehler, es ist ein Fehler, es ist ein Fehler – Punkt", betonte der Wirtschaftsminister. "Und diesen persönlichen Fehler hat nicht die Gaswirtschaft begangen."
Nichts desto trotz will Habeck an Graichen festhalten. CSU-Chef Markus Söder hatte Habeck am Samstag mit scharfen Worten aufgefordert, seinen Staatssekretär Patrick Graichen zu entlassen. "Habeck muss Graichen entlassen", sagte Söder am Samstag auf einem CSU-Parteitag in Nürnberg. Sonst sei die Affäre Graichen eine Affäre Habeck.
Stärkerer Schutz der EU-Außengrenzen für Habeck ein Muss
Vor dem für kommenden Mittwoch geplanten Flüchtlingsgipfel bekannte sich Vizekanzler Habeck im DLF zu einem verstärkten Schutz der EU-Außengrenzen. "Niemand kann etwas dagegen haben, dass wir genau wissen müssen, wer nach Europa einreist", sagte der Grünen-Politiker am Sonntag im Deutschlandfunk. Auf die Frage, ob die Grünen auch FDP-Positionen wie den Bau neuer Grenzzäune an den EU-Außengrenzen mittragen könnten, sagte Habeck "Ja". "Unterm Strich müssen Regeln eingehalten werden, das ist völlig klar."
Aufnahme von Flüchtenden, ja – aber nicht "unorganisiert"
Grenzkontrolle müsse man aber auch mit Fairness verbinden, so dass "diejenigen, die kommen und die vor Krieg, Vergewaltigung, Bürgerkrieg fliehen und berechtigt hier sind, schnell registriert werden und dann schnell verteilt werden", betonte Habeck. Es gehöre weiter zu DNA Deutschlands und Europas, dass man Verfolgte aufnehmen müsse. "Das sind wir unserer Geschichte schuldig." Allerdings bedeute dies nicht, dass es "unorganisiert passieren muss".
Auf die Frage, ob er auch die Vorschläge von Innenminister Nancy Faeser (SPD) mittrage, sagte er, dass die Ampel-Koalition eine geeinte Position zur Verhandlung der Flucht- und Asylpolitik auf europäischer Ebene habe. Faeser betone als Innenministerin stärker die "law-and-order-mäßigen" Punkte, es gebe aber auch "große Schwerpunkte aus humanitärer Sicht", die zwischen allen Ministerien geeint seien.
- Zum Artikel: Am Limit? Wie bayerische Kommunen mit Geflüchteten umgehen
Mit Informationen von Reuters, dpa und EPD
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