Freitag, traditionelles Spitzengespräch der deutschen Wirtschaft auf der Münchner Handwerksmesse - dabei war die Stimmung selten so schlecht wie dieses Jahr. Die Unternehmen seien verunsichert und unzufrieden mit der Politik der Bundesregierung, sagte der Präsident des Bundesverbandes der Deutschen Industrie (BDI), Siegfried Russwurm. Das habe konkrete Folgen für die Wirtschaft.
"Nun, wir schauen auf die Fakten, in allen wesentlichen volkswirtschaftlichen Größen wird Deutschland nach hinten durchgereicht, ist am Tabellenende mindestens der Industrienationen. Damit darf es keine Zweifel mehr geben: Wir haben dringenden Handlungsbedarf um die deutsche Wirtschaft im globalen Wettbewerb wieder nach vorne zu bringen." BDI-Präsident Siegfried Russwurm
Baustellen: Strompreise, Steuerentlastungen, Bürokratie
Die Forderungen der Wirtschaft sind vielfältig: geringere Strompreise, Entlastungen bei Steuern, mehr Investitionen in Infrastruktur, schnellere Planungs- und Genehmigungsverfahren, weniger Bürokratie. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) bezeichnete das Gespräch mit den Präsidenten der Wirtschaftsverbände als konstruktiv, meinte aber auch, dass er das nächste Mal wohl mehr Zeit mitbringen müsse. Dabei verwies er am Freitag auf das Bürokratieentlastungsgesetz, das die Regierung auf den Weg gebracht habe. Und:
"Das gleiche gilt für das Beschleunigungspaket für Planungen und Genehmigungen, darüber haben wir den Deutschlandpakt abgeschlossen mit den 16 Ländern. Etwa 100 Maßnahmen werden jetzt Stück für Stück umgesetzt, damit Deutschland schnell und mit der Geschwindigkeit handeln kann, die notwendig ist." Bundeskanzler Olaf Scholz
Bisher vergebliche Hoffnung auf Wachstumschancengesetz
Weitere Impulse würden vom Wachstumschancengesetz ausgehen, bei dem es aber keine Einigung im Vermittlungsausschuss von Bundestag und Bundesrat gab:
"Wir haben steuerliche Erleichterungen für investierende Unternehmen geschaffen. Einmal für diejenigen, die etwas für Forschung und Entwicklung tun wollen; für diejenigen, die in den Wohnungsbau investieren wollen mit besseren Abschreibungsmöglichkeiten. Aber auch für allgemeine Investitionen, die jetzt aktuell getätigt werden." Bundeskanzler Olaf Scholz
Doch das sind Maßnahmen, die der Wirtschaft nicht reichen. Der Präsident des Zentralverbandes des Deutschen Handwerks (ZDH), Jörg Dittrich, zeigte sich zwar dankbar, dass sich der Kanzler der Kritik und den Forderungen gestellt habe. Das angesprochene Bürokratieentlastungsgesetz würde aber bei Weitem nicht ausreichen. Es gebe noch wesentlich mehr Punkte, die auf dem Tisch liegen. Und mit Blick auf das Wachstumschancengesetz meinte der Präsident der Deutschen Industrie- und Handelskammer (DIHK), Peter Adrian:
"Wir haben jetzt seit Monaten die Diskussion über das Wachstumschancengesetz, das nur einen Mini-Impuls für die deutsche Wirtschaft darstellt, aber selbst diesen Mini-Impuls kriegt Deutschland nicht hin. Das zeigt, dass die Bereitschaft, sich für Wirtschaft einzusetzen insgesamt in der Regierung auf einem bedenklichen Niveau ist." DIHK-Präsident Peter Adrian
Wirtschaft: Zuwanderung von Fachkräften zu langsam
Einig sind sich die Wirtschaftsverbände mit dem Bundeskanzler, dass man mehr Fachkräfte benötige, auch aus dem Ausland. Doch während Kanzler Scholz sich mit dem Fachkräfteeinwanderungsgesetz selbst lobt, fordert die Wirtschaft auch hier mehr. So müsse die Zuwanderung ausländischer Fachkräfte schneller und einfacher werden.
ZDH-Präsident fordert Impulse für den Wohnungsbau
Im Interview mit BR24 mahnte Handwerkspräsident Dittrich am Abend auch neue Impulse durch die Politik für den Wohnungsbau in Deutschland an. Ansonsten drohe der Verlust zahlreicher Betriebe und weiter steigende Mieten. Er hofft nun auf weitere Gespräche mit dem Bundeskanzler.
Im Video: BR-Interview mit ZDH-Präsident Jörg Dittrich
Im Video: Spitzengespräch der Arbeitgeber mit Kanzler Scholz
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