Geld gut einteilen: Das ist zurzeit für viele wichtig - auch für den Staat. Finanzminister Christian Lindner (FDP) brachte nun den Etatentwurf für 2023 durchs Kabinett. Mit der Rückkehr zur Schuldenbremse ist das Finanzkorsett enger. Weitere Entlastungspakete sieht Lindner für dieses Jahr nicht mehr. Rund ums brisante Thema Gas legte er jetzt noch einmal nach.
Denn bei ausbleibenden Lieferungen aus Russland wird der Staat Lindner zufolge nicht alle negativen Folgen für Bürger und Unternehmen auffangen können. Er werde nicht mehr Schulden machen, als wirklich nötig. "Schulden treiben auch die Inflation." Lindner wolle die ohnehin schon hohe Inflation aber nicht weiter mit übermäßigen Staatsausgaben befeuern.
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Bundesregierung arbeitet an Preis-Umlage bei schwerer Gaskrise
Derweil arbeitet die Bundesregierung für den Fall einer schweren Gaskrise an einem neuen Mechanismus, um Belastungen für Gaskunden gerechter aufteilen zu können. Ein Entwurf für eine Änderung des Energiesicherungsgesetzes sieht einen finanziellen Ausgleich für Preissprünge vor, der über eine Umlage finanziert werden könnte. Damit könne die Belastung "gleichmäßiger" auf die Gesamtheit der Verbraucher verteilt werden, hieß es in dem Papier. Dieses lag der Deutschen Presse-Agentur (dpa) sowie Reuters nach eigenen Aussagen am Freitag vor.
Den finanziellen Ausgleich würden Gasimporteure bekommen, die derzeit wegen der starken Drosselung russischer Gaslieferungen schwer belastet sind - weil sie Preissprünge nicht an Kunden weitergeben können.
Entwurf wohl noch nicht final
In Regierungskreisen war laut dpa die Rede davon, dass es sich noch nicht um einen finalen Entwurf handle. Es werde nach neuen Instrumenten gesucht, um im Falle einer Gasmangellage schwere Belastungen für Gaskunden zu verhindern.
Das bestehende Energiesicherheitsgesetz ermöglicht ein "Preisanpassungsrecht" für Versorgungsunternehmen. Dazu muss die Bundesnetzagentur eine "erhebliche Reduzierung der Gesamtgasimportmengen nach Deutschland" formal festgestellt haben, was noch nicht geschehen ist. Wird der Mechanismus aktiviert, könnten Versorger ihre aktuellen Mehrkosten innerhalb von kurzer Zeit an ihre Kunden weitergeben. Alte Verträge wären damit hinfällig, auch bei einer Preisgarantie - und für die Kunden würde es wesentlich teurer. Das alte System gilt jedoch als rechtlich anfechtbar.
Womöglich bleibt wegen Wartungsarbeiten wenig Zeit
Die Zeit drängt auch deshalb, da die wichtigste Pipeline Nord Stream 1 am 11. Juli überholt wird. Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) warnte bereits, dass die Sperrung länger als die geplanten zehn Tage dauern könnte, was die Gas-Knappheit verschärfen und die Preise noch einmal treiben könnte.
- Zum Artikel: "Wartung von Nord Stream 1: Sorge vor Gas-Blockade"
Wirtschaftsministerium hält sich zu Entwurf bedeckt
Das Wirtschaftsministerium wollte die Pläne laut Reuters weder bestreiten noch bestätigen. Man prüfe regelmäßig die vorhandenen Instrumente und schaue, ob der Instrumentenkasten ergänzt werden könne, sagte demnach eine Sprecherin.
Die Bundesregierung hätte aber auch mit dem aktuell diskutierten, neuen Paragrafen die Möglichkeit, sich dennoch für die alte Preisanpassungsklausel zu entscheiden. Diese wird im Entwurf noch leicht abgeändert. Voraussetzung wäre nun beispielsweise, dass eine "erhebliche Störung" der Gas-Importe festgestellt wird, bisher war von "Gasmangellage" die Rede.
"Zukunft Gas" hält Umlage für sinnvolle Alternative
Der Verband "Zukunft Gas" lobte den Regierungsvorstoß: "Wir sehen einer Finanzkrise im Gashandel ins Auge, gegen die dringend etwas unternommen werden muss", sagte Geschäftsführer Timm Kehler. "Ein Umlagesystem kann hier eine sinnvolle Alternative sein." Ohne Regeln zur Preisanpassung drohten Pleiten.
Der FDP-Energieexperte Michael Kruse sagte, dass der Rechtsrahmen für die Erhebung einer Umlage auf den Gaspreis gründlich diskutiert werden müsse. "Einen Schnellschuss sollte sich die Ampel bei einem so schwerwiegenden Eingriff in Marktpreise nicht erlauben." Sollte die rechtliche Basis dafür geschaffen werden, so Kruse, müssten hohe Auflagen für ihre Aktivierung gelten.
Mit Material von Reuters und dpa.
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