Das Olympische Dorf im Münchner Norden ist eine Stadt in der Stadt. Dort waren einst die Athleten der Olympischen Spiele von 1972 untergebracht. Heute können auf dem großen Areal 8.000 Menschen leben.
Bauboom durch die Olympischen Spiele 1972
Als einer der ersten zog Frank Becker-Nickls in das sogenannte Olydorf ein. Er ist Architekt und war fasziniert von dem neuen städtebaulichen Konzept – und die Wohnungen waren damals sehr günstig.
"Das was uns besonders gereizt hatte damals, war eben auch diese Trennung vom Fußgänger- und Fahrverkehr", erinnert sich Becker-Nickls. "Natürlich auch die Hochhaus-Aufschichtung. Wir sind ja gleich in den achten Stock gezogen. Wo man ein bisschen mehr Blick nach draußen hatte." Am Anfang habe er etwas gezweifelt, doch im Laufe der Jahre die immensen Vorteile, die man im Olympischen Dorf habe, immer mehr zu schätzen gelernt.
Bewohner: "Zu Beginn wirkte es kalt und karg"
Der Zuschlag für die Olympischen Spiele 1972 löste einen riesigen Bauboom aus. Nach den Plänen der Architekten Heinle, Wischer und Partner entstand ein Wohnviertel für die Athleten, aufgeteilt in ein Dorf der Männer und ein Dorf der Frauen. Es ist ein Konzept des extrem verdichteten Wohnens, von allen Seiten hagelte es damals harsche Kritik. Das Olydorf galt als "gigantische Fehlspekulation", es würden "kulissenhafte Wohnverhältnisse" erschaffen in einer "gespenstischen Szenerie".
Auch Frank Becker-Nickls haderte anfangs mit dem Olydorf: "Auch ich als einer der Ur-Einwohner war da skeptisch. Wenn ich da rausguckte und all die Häuser rundherum waren dunkel." Es habe damals alles kalt, karg und steinern gewirkt. Die Bäume, die heute riesig seien, seien damals winzig gewesen.
Das Münchner Olympiadorf – ein bauliches Wahrzeichen
Lange standen viele Wohnungen leer. Auch waren sie nicht so günstig, wie es sich die Stadt anfangs für das neue Viertel wünschte. Eine Besonderheit: Jeder Straße im Dorf ist eine eigene Farbe zugeordnet – über fünf Kilometer zieht sich ein Rohrsystem als Wegweiser durch das ganze Viertel.
Die Terrassenbauten gelten auch als ein Wahrzeichen der einstigen Mustersiedlung. 5.000 Menschen leben heute hier, die meisten in ihrem Eigentum. Viel Grün zieht sich inzwischen durch das gesamte Olydorf. In den Gärten kommen oft die Nachbarn zusammen. Till von Feilitzsch ist vor 13 Jahren mit seiner Familie dort hingezogen. Eigentlich war das Stadtviertel anfangs nicht sein Herzenswunsch.
Bewohner: "Einfach ein freundliches Umfeld"
"Was interessant war, ist, dass wir gleich von Anfang an ständig eingeladen wurden – drei, vier Mal von der Straße weg – dass wir uns einfach Wohnungen ansehen. Wir waren damals mit kleinen Kindern unterwegs und es hat sich einfach schnell Kontakt ergeben", erzählt von Feilitzsch. "Das war für uns ein Signal, dass es von der Sozialstruktur her funktioniert und dass es hier einfach ein freundliches Umfeld ist."
70er-Jahre-Plattenbauten und Beton – seit die Familie dort lebt, denkt sie völlig anders über das Olydorf. "Es ist aus meiner Sicht einfach eine sehr überlegte, sehr gute Architektur", sagt von Feilitzsch. "Ich glaube, dass das auch viel dazu beiträgt, dass es eine hohe Identifikation mit dem Stadtviertel gibt." Er glaube, fügt von Feilitzsch hinzu, dass ohne die ganze Architektur, die Symbolik und die Farbkonzepte ein großer Teil fehlen würde. Eine eigene Ladenzeile mit Geschäften für den täglichen Bedarf gehört zum Stadtkonzept. So muss niemand für einen Einkauf das Viertel verlassen.
Beliebtes Wohnviertel – nicht nur bei Studenten
Das einstige Dorf der Frauen wird heute von Studenten bewohnt. Und diese müssen lange Wartezeiten in Kauf nehmen, wenn sie einen der Bungalows ergattern möchten. Die sind heiß begehrt. Über zwei Jahre müssen Interessenten derzeit ausharren. Alle Fassaden dürfen von den Bewohnern selbst bemalt werden – ein fröhliches Durcheinander zeichnet die Studentenwohnungen aus.
Auf 18 Quadratmetern lebt die Frankfurterin Janina Schulz. Sie studiert Luft- und Raumfahrttechnik. "Ich hab geschaut, wo es generell Studentenwerk-Wohnheime gibt. Dann habe ich mir die Bilder angeschaut". Als es dann mit dem "kleinen Häuschen", also einem Bungalow im Olympiadorf, klappte, habe sie sich sehr gefreut.
Auf das studentische Dorf schaut von seinem Balkon aus auch Frank Becker-Nickels. Der Weitblick bleibt für ihn der größte Vorteil seines Zuhauses. Verglichen mit so manchen Neubau-Anlagen habe das Wohnen im Olympiadorf mehr Wert, findet Becker Nickels. "Und das olympische Dorf war keine Zumutung, sondern das ist ein ganz deutliches Erfolgsrezept, muss man wirklich eindeutig sagen." Heutzutage ist es auch hier nahezu aussichtslos, eine Wohnung zu erstehen, die Preise haben sich in den letzten zehn Jahren verdreifacht.
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