Flugzeuge der Lufthansa am Boden
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Lufthansa-Piloten wollen am Freitag streiken

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Pilotenstreik am Freitag: Lufthansa streicht 800 Flüge

Pilotenstreik am Freitag: Lufthansa streicht 800 Flüge

Nach dem Bodenpersonal streiken am Freitag nun die Piloten der Lufthansa. Die Fluglinie streicht nahezu ihr komplettes Programm, an den Drehkreuzen München und Frankfurt fallen rund 800 Flüge aus.

Über dieses Thema berichtet: BR24 im Radio am .

Die Gewerkschaft Vereinigung Cockpit sieht die Verhandlungen über einen neuen Gehaltstarifvertrag mit der Lufthansa als gescheitert an. Die Konsequenz: Die Piloten wollen am Freitag ganztägig am Boden bleiben. Bestreikt werden sollen sämtliche Abflüge aus Deutschland der Kerngesellschaft Lufthansa sowie der Lufthansa Cargo. Nicht betroffen sind Flüge der Lufthansa-Tochter Eurowings.

Die Lufthansa stellt einen Notflugplan auf - und der ist drastisch ausgedünnt: Annulliert werden am Freitag, vereinzelt auch schon am heutigen Donnerstag insgesamt 800 Verbindungen. 130.000 Fluggäste sind betroffen. Der Konzern warnte, dass es auch am Samstag und Sonntag noch zu "einzelnen Flugausfällen oder Verspätungen" kommen könne.

  • Zum Artikel: Flug wegen Streiks gestrichen: Welche Rechte haben Passagiere?

Vereinigung Cockpit sieht gescheiterte Verhandlungen

"Um Arbeitskämpfe abzuwenden, muss Lufthansa ein deutlich verbessertes Angebot vorlegen", erklärte VC-Tarifchef Marcel Gröls. VC verlangt für die rund 5.000 Kapitäne und Ersten Offiziere Gehaltssteigerungen von 5,5 Prozent im laufenden Jahr und einen automatisierten Inflationsausgleich ab dem kommenden Jahr.

Offizieller Anlass des Arbeitskampfes sind die aus Sicht der Gewerkschaft gescheiterten Verhandlungen über einen neuen Gehaltstarifvertrag. Auch eine Sondierungsrunde hinter verschlossenen Türen, ein verbessertes Angebot des Unternehmens aus der vergangenen Woche und nochmalige Verhandlungen am Mittwoch hatten keinen Durchbruch gebracht. Nun bleibe nur, "mit einem Arbeitskampf unseren Forderungen Nachdruck zu verleihen", sagte Cockpit-Sprecher Matthias Baier.

Lufthansa verweist auf Coronafolgen und die unsichere Weltwirtschaft

Die Lufthansa sieht das anders: Laut Lufthansa würden die Forderungen der VC die Personalkosten im Cockpit um inakzeptable 40 Prozent erhöhen. Die Eskalation gehe nun zulasten Tausender Kunden und Kundinnen.

"Uns fehlt jedes Verständnis für den Streikaufruf der VC. Die Arbeitgeberseite hat ein sehr gutes und sozial ausgewogenes Angebot gemacht - trotz der nachwirkenden Lasten der Corona-Krise und unsicheren Aussichten für die Weltwirtschaft." Lufthansa-Personalvorstand Michael Niggemann

Konflikt über künftige Konzernstrategie von Lufthansa

Zudem schwelt im Hintergrund ein Konflikt über die künftige Konzernstrategie. Die VC hatte sich in der Vergangenheit die exakte Zahl von 325 Flugzeugen garantieren lassen, die ausschließlich von den rund 5.000 Kapitänen und Ersten Offizieren geflogen werden durften, die dem Konzerntarifvertrag unterlagen. Die Lufthansa hatte unter dem Eindruck der Corona-Krise die entsprechende Vereinbarung aufgekündigt und begonnen, unter dem Kranich-Logo einen neuen Flugbetrieb (AOC) mit niedrigeren Tarifbedingungen aufzubauen. Die neue Airline mit der internen Bezeichnung "Cityline 2" soll im Europa-Verkehr zahlreiche Flüge der bisherigen Kerngesellschaft übernehmen.

Schon vor einigen Wochen hatten sich die Cockpit-Mitglieder in einer Urabstimmung mit großer Mehrheit für einen möglichen Arbeitskampf ausgesprochen.

Lufthansa: Streikauswirkungen für Passagiere noch unklar

Zurzeit kann die Lufthansa noch keine Angaben zu den Auswirkungen des angekündigten Pilotenstreiks für Passagiere machen. Man werde alles tun, um sie so gering wie möglich zu halten, teilte das Unternehmen am Donnerstagmorgen mit. Fluggäste wurden gebeten, sich über die Webseite der Lufthansa fortlaufend zu informieren.

Die Lufthansa kritisierte zudem den Streikaufruf. "Die Arbeitgeberseite hat ein sehr gutes und sozial ausgewogenes Angebot gemacht - trotz der nachwirkenden Lasten der Corona Krise und unsicheren Aussichten für die Weltwirtschaft", sagte Personalvorstand und Arbeitsdirektor Michael Niggemann laut Mitteilung. Diese Eskalation gehe zulasten Tausender Kunden.

Für Eurowings zunächst kein Streiktermin

Die Piloten-Gewerkschaft hat sich auch bei der größten Lufthansa-Tochter Eurowings mit ihren rund 100 Flugzeugen streikbereit gemacht. Laut der am Mittwoch ausgezählten Urabstimmung haben dort 97,9 Prozent für einen möglichen Arbeitskampf gestimmt. Allerdings steht dort in der kommenden Woche noch ein Verhandlungstermin zum strittigen Manteltarif aus, sodass für die Eurowings zunächst kein konkreter Streiktermin genannt wurde.

Die Lufthansa Cargo war mit ihren rund 4.000 Beschäftigten selbst in der tiefsten Corona-Krise die Ertragsperle des Konzerns. Angesichts der weltweit gestörten Lieferketten stieg die Bedeutung der Luftfracht, sodass die Logistik-Tochter auch im Corona-Jahr 2021 rund 1,5 Milliarden operativen Gewinn ablieferte, was sich im laufenden Geschäftsjahr ungefähr wiederholen soll.

Ende Juli Warnstreik des Bodenpersonals

Schon im Juli sorgte ein Warnstreik des Bodenpersonals für Frust bei Reisenden: Die Gewerkschaft Verdi hatte damit den Flugbetrieb der größten deutschen Airline für einen ganzen Tag nahezu lahmgelegt. Es fielen über 1.000 Flüge aus, mitten in der Ferienzeit. In der anschließenden Verhandlungsrunde erreichte die Gewerkschaft für die rund 20.000 Bodenbeschäftigten Gehaltssteigerungen, die insbesondere in den unteren Lohngruppen deutlich zweistellig ausfielen.

Der vorerst letzte Pilotenstreik bei Lufthansa endete im Februar 2017 nach 14 Runden und einer letztlich erfolgreichen Schlichtung. Der 2012 begonnene Arbeitskampf hat die Lufthansa nach damaligen Angaben mindestens 500 Millionen Euro gekostet.

Mit Material von dpa und AFP.

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