Ein Binnenschiff in der Schleuse bei Limbach am Main-Donau-Kanal
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Wasserstoff statt Erdöl: Mit einer neuen Technologie könnten Binnenschiffe das Gas sicher transportieren.

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Transport von Wasserstoff als Chance für Binnenschifffahrt

Tankschiffe auf Bayerns Wasserstraßen sollen künftig Wasserstoff statt Erdöl transportieren. Flüsse und Kanäle könnten damit zu einer wichtigen Schlagader der Energiewende werden, sagen Experten. Eine neue Technik soll das gefahrlos möglich machen.

Über dieses Thema berichtet: Frankenschau aktuell am .

Ohne Wasserstoff gibt es keine Energiewende. Da ist sich Siegfried Balleis sicher. Doch Wasserstoff ist auch hochexplosiv und schwierig zu transportieren. Der ehemalige Erlanger CSU-Oberbürgermeister macht sich für eine neue Technologie stark, mit der man die Gefahren beim Transport in den Griff bekommen kann - und die gleichzeitig eine Chance für die Binnenschifffahrt in Bayern sein kann. Es sind vier Buchstaben, die das Verfahren beschreiben: LOHC (liquid organic hydrogen carrier) ist ein sogenannter flüssig-organischer Wasserstoff-Träger, der das Gas chemisch bindet.

Bisherige Infrastruktur kann weiter genutzt werden

Balleis ist Vorsitzender des Universitätsrats der Friedrich-Alexander-Universität (FAU) Erlangen-Nürnberg und war Sonderbeauftragter der Bundesregierung für das Sofortprogramm Saubere Luft.

Beim 3. Bayerischen Wasser- und Schifffahrtstag am Montag in Nürnberg hat er das Verfahren vorgestellt: Der explosive Wasserstoff wird in einer ölhaltigen Substanz sicher gespeichert. Seit einigen Jahren wird die LOHC-Technik in einer Ausgründung der Erlanger Uni entwickelt. "LOHC ist ungefährlich, nicht brennbar und kann in herkömmlichen Tankschiffen, Kesselwagen und Tanklastwagen transportiert werden", sagt Balleis. Nach dem Transport wird der Wasserstoff gelöst und kann dann zur Energieerzeugung genutzt werden. Die Trägerflüssigkeit kann anschließend wieder mit Wasserstoff "aufgeladen" werden.

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In der ölhaltigen LOHC-Substanz kann Wasserstoff chemisch sicher gespeichert und transportiert werden.

Billiger Öko-Strom aus der Wüste

In den kommenden Jahren werden rund 70 Prozent des in Deutschland benötigten Wasserstoffs importiert werden müssen, sagt Balleis. Pipelines müssten aufwendig umgerüstet werden, um gasförmigen Wasserstoff sicher transportieren zu können. Oder sie werden stillgelegt. Hier kommen die Binnenschifffahrt und die LOHC-Technik ins Spiel. Damit kann das Gas von den Überseehäfen an der Küste zu den Verbrauchern im Süden befördert werden. "Wasserstoff kann in den Wüsten Namibias, Marokkos oder in Patagonien in Südamerika sehr günstig hergestellt werden. Da scheint die Sonne und es weht viel Wind", erläutert Balleis.

Hohe Verluste beim Speichern

Es gibt aber auch Nachteile: Für den gesamten Prozess des "Aufladens" und des "Entladens" der Trägerflüssigkeit wird unterm Strich Energie verbraucht. Es ist etwa die Hälfte dessen, was in der transportierten Wasserstoffmenge gespeichert ist. Beim "Aufladen" entsteht zwar Wärme. "Die könnte als Prozess- oder Fernwärme genutzt werden", schlägt Balleis vor. Doch beim Herauslösen des Gases muss die Trägerflüssigkeit erhitzt werden. Hierbei wird mehr Energie verbraucht, als vorher entstanden ist. Ein Verlust bleibt also immer. Derzeit wird bereits Wasserstoff befördert, der in tiefgekühltem Ammoniak gebunden ist. Ein Verfahren, das schon lange erprobt ist. "Bei einem Störfall ist Ammoniak jedoch viel gefährlicher und giftiger für die Umwelt als LOHC", sagt Balleis.

Weniger Güterumschlag in Bayerns Häfen

Den Güterumsatz auf bayerischen Wasserstraßen könnte der Wasserstofftransport auf jeden Fall ankurbeln. Im vergangenen Jahr wurden in den Häfen in Aschaffenburg, Bamberg, Nürnberg, Roth, Regensburg und Passau zwölf Prozent weniger Güter per Schiff umgeschlagen – das waren gut 2,4 Millionen Tonnen. Am Nürnberger Hafen wurden im Jahr 2021 gerade einmal 296 Schiffe gezählt. Da ist Luft nach oben für Wasserstoff-Tankschiffe.

Alternative für sauberen Antrieb

Derzeit fahren die Binnenschiffe noch mit Dieseltreibstoff, der die Umwelt belastet. Eine Alternative beim Antrieb könnte ebenfalls Wasserstoff sein. "Je größer und schwerer das Fahrzeug und je länger es fährt, desto besser ist es für einen Antrieb auf LOHC-Basis geeignet", sagt Balleis. Im Allgäu hat der Testbetrieb mit einem Wasserstoffzug bereits begonnen. Für Binnenschiffe ist die Technik noch nicht so weit.

Hinweis: Im Artikel wurde am 28.09.2023 die Energiebilanz beim Speichern und Herauslösen von Wasserstoff in LOHC konkretisiert.

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