Im Rückblick war die Exportstärke über Jahrzehnte nicht nur in Deutschland, sondern vor allem auch in Bayern das Symbol für Aufschwung und anhaltende Wirtschaftskraft. Doch die gewohnten Exportüberschüsse bleiben aus.
Rückläufige Export-Anteile schon vor Corona-Krise und Ukraine-Krieg
Das Münchener ifo-Institut hat ausgerechnet, dass es damit eigentlich schon vor Corona und vor dem Ukraine-Krieg vorbei war - Ereignisse, die diese Entwicklung aber noch beschleunigt haben.
Schon seit 2018 fällt die Industrieproduktion in Bayern wie in Deutschland insgesamt zurück, schreibt das ifo-Institut in einer Studie. Das Nachbarland Österreich und die anderen Euroländer hätten dagegen aufgeholt und bei ihren Exportanteilen zugelegt.
Internationaler Konkurrenzkampf härter geworden
So kommt es, dass Bayern für sich genommen schon seit 2019 kein Netto-Exporteur mehr ist. Das bedeutet, dass Bayern mehr einführt als es ausführt. Seit Beginn des Ukraine-Kriegs 2022 spielen dabei auch die höheren Energiepreise mit eine Rolle: Damals kletterte das bayerische Exportdefizit auf 34 Milliarden Euro. Aber auch mit stabileren Energiepreisen betrug das Defizit im Güterhandel des Freistaats laut ifo kurz vor dem Jahresende 2023 schon wieder fast zehn Milliarden Euro.
Als Alternative zu dem alten Wachstumsmodell mit Industriegütern wären laut ifo mehr Dienstleistungen wie etwa im Digitalbereich denkbar. Außerdem bräuchte es mehr Zuwanderung von Fachkräften. Sonst wird die Wirtschaftsleistung schrumpfen, schon aus demografischen Gründen wegen der Überalterung der Bevölkerung – auch in Bayern.
IHK München und Oberbayern verweist auf schwaches Umfeld
Der Hauptgeschäftsführer der Industrie- und Handelskammer (IHK) für München und Oberbayern meint, dass der Industriestandort Bayern sich nicht vom noch stärkeren gesamtdeutschen Abwärtssog lösen könne. Eine tiefgreifende Anpassung stehe bevor: "Der strukturelle Wandel ist voll im Gange. Politik und Wirtschaft sollten das Beste aus ihm machen, ihn offensiv und schöpferisch annehmen", so Manfed Gößl. "Die Hightech-Agenda Bayern ist eine richtige und wichtige Antwort. Die Grundausrichtung muss heißen: Auf Forschung und Entwicklung setzen, auf Automatisierung, Digitalisierung und Künstliche Intelligenz."
Bei Themen wie Digitalisierung und künstliche Intelligenz gilt Deutschland jedoch keineswegs als eine führende Wirtschaftsnation. Anders als etwa im Maschinen- und Fahrzeugbau oder bei der Automobilindustrie hat Deutschland in diesen "jungen" Bereichen, die in den letzten Jahren besonders stark wachsen, bisher nicht die gleiche Expertise. Die USA und in letzter Zeit auch China gelten auf diesen Feldern als die stärksten Innovationstreiber.
Forderungen der Wirtschaftsverbände an die Politik
Umso länger wird der Forderungskatalog, den Verbände wie die IHK an Politik und Regierung stellen. Gleichzeitig brauche die Wirtschaft insgesamt unbedingt Rückenwind durch steuerliche Anreize für Investitionen, weniger Bürokratie, schnelle Genehmigungen, moderne Infrastruktur, sichere Energieversorgung sowie erstklassige Aus- und Weiterbildung, so Gößl. Nicht zu vergessen sei die Stärkung des Welthandels mit neuen Freihandelsabkommen, um bestehende Hemmnisse abzubauen und die nötige Diversifizierung voranzutreiben.
Die IHK verweist auf das große Potenzial der bayerischen Wirtschaft im Dienstleistungs-Export, insbesondere bei digitalen Dienstleistungen wie etwa bei Software-Updates. Noch ist der Freistaat auch hier laut ifo-Institut allerdings ein Netto-Importeur.
Das ist die Europäische Perspektive bei BR24.
"Hier ist Bayern": Der BR24 Newsletter informiert Sie immer montags bis freitags zum Feierabend über das Wichtigste vom Tag auf einen Blick – kompakt und direkt in Ihrem privaten Postfach. Hier geht’s zur Anmeldung!