Ein Journalist bei einer Live-Schalte während des Weltwirtschaftsforums in Davos.
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Weltwirtschafsforum in Davos: Globalisierung am Ende?

Weltwirtschafsforum in Davos: Globalisierung am Ende?

Viel wird über die Krisen der Welt diskutiert und es spricht einiges dafür, dass die weltweit vernetzte Wirtschaft ihr Versprechen von endlosem Wachstum und Frieden nicht einlösen konnte. Die Suche nach neuen Ideen hat gerade erst begonnen.

Über dieses Thema berichtet: Wirtschaft am .

"Geschichte am Wendepunkt": Wenn die Elite zum jährlichen Weltwirtschaftsforum in Davos zusammenkommt, geht es fast immer ums große Ganze. Doch das diesjährige Motto trifft angesichts von globalen wirtschaftlichen Problemen einen Nerv: Immer öfter ist von einem "perfekten Sturm" die Rede, also einer Summe negativer Faktoren, die alle geballt auf die Wirtschaft einprasseln.

Manche wähnen sich in einer Dauerkrise – und angesichts der Lieferkettenprobleme, der Energiekosten und der Inflation möchten viele dem auch zustimmen. Immer öfter fragen sich die Menschen: Hat die Globalisierung versagt?

  • Zum Artikel: "Folgen des Krieges - Weniger Globalisierung und Wohlstand"

Krieg in der Ukraine bestimmt Weltwirtschaftsforum

So mancher sieht vor diesem Hintergrund auch das Jahrestreffen in Davos am Ende, schließlich war es seit jeher ein Mekka für alle Anhänger einer globalen, vernetzten Wirtschaft. Viele von ihnen sehen in der Globalisierung die Idee verwirklicht, dass durch gegenseitige ökonomische Abhängigkeiten Wohlstand und Frieden gesichert werden könnten.

Zum ersten Mal nach mehr als zwei Jahren Pandemie fand das World Economic Forum, kurz WEF, wieder in Präsenz statt. Und angesichts der fast 2.500 Führungskräfte aus Politik, Wissenschaft und Wirtschaft, die in die Schweizer Alpen gekommen sind, kann von einem Abgesang der Globalisierung keine Rede sein.

Aber da ist noch etwas Anderes. Denn tatsächlich könnte das Weltwirtschaftsforum dieses Jahr auch 'Weltpolitikforum' heißen, so sehr dominiert der Krieg in der Ukraine die Gespräche. Es scheint, als würden die Freundinnen und Freunde der Globalisierung und damit ja auch mit der Überwindung von nationalstaatlichem Denken den Schulterschluss suchen – mit genau denen, die die Nationalstaaten oder deren Gemeinschaften vertreten. Mit der Politik.

Gemeinsame Lösungen dank gegenseitiger Abhängigkeit?

"Es gibt viele Gespräche über die Probleme in Davos", sagte Julie Teigland von der Unternehmensberatung EY, "wir sollten aber genauso über mögliche Lösungen reden". Die Wirtschaftswissenschaftlerin hält es deshalb für entscheidend, dass Regierungen und Unternehmen stärker ihre gegenseitigen Abhängigkeiten ausarbeiten, um so Risiken besser zu erkennen.

Joe Kaeser geht noch einen Schritt weiter. Er hält bewusste gegenseitige Abhängigkeiten für einen möglichen Lösungsansatz: "Wenn man voneinander abhängig ist, wird man auch versuchen gemeinsam Lösungen zu finden", sagte der Aufsichtsratsvorsitzende von Siemens Energy.

Mehr oder weniger Globalisierung?

Die gemeinsam definierten Aufgaben sind riesig – genau wie die Fragen: Wie lässt sich die Ukraine unterstützen und wiederaufbauen? Wie lässt sich die Umstellung auf erneuerbare Energien beschleunigen? Wie die Ernährungskrise in Teilen der Welt bekämpfen? Und wie können Lieferketten neu organisiert werden?

Die Ratlosigkeit vieler Unternehmen führt sogar dazu, Dinge einzufordern, die in früheren Jahren undenkbar gewesen wären: Der Ruf nach politischen Rahmenbedingungen ist immer wieder zu hören. Etwa wenn es um Themen wie gemeinsame Produktionsstandards geht oder den Zugang zu wichtigen Rohstoffen wie seltenen Erden.

"Wohlgesonnene Verbündete" finden

So groß die Fragen sind, so ratlos wirken viele in Davos. Einen vagen Vorschlag brachte die US-Handelsministerin Gina Raimondo an: "Handel und Globalisierung sind gut", sagte sie. "Wir müssen offenbleiben." Doch in welche Richtung könnte sich die Globalisierung entwickeln? Raimondo brachte dafür so etwas wie wertebasierte Lieferketten ins Spiel.

"Wir müssen mit uns wohlgesonnenen Verbündeten zusammenarbeiten", erklärte sie – und richtete sich damit implizit gegen China. Gemeinsame Standards bei Arbeitsbedingungen oder Löhnen könnten aus ihrer Sicht zugleich ein Anreiz für andere Länder sein, sich als neue Handelspartner zu etablieren.

Wirtschaftsminister Habeck: Vier Krisen gleichzeitig lösen

Auch Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck war nach Davos eingeladen. Er warnte vor allem vor Abschottung und Nationalismus im Zuge einer Deglobalisierung. Stattdessen sprach er sich dafür aus, beim bisherigen Weg zu bleiben aber für mehr Solidarität und an einer "fairen und nachhaltigen" Globalisierung zu arbeiten.

Zugleich beschrieb Habeck die Gefahr einer globalen Rezession. Er nannte dabei vier miteinander verbundene Krisen: die hohe Inflation, die Energiekrise, die Lebensmittelknappheit und die Klimakrise. "Wir können die Probleme nicht lösen, wenn wir uns nur auf eines der Probleme konzentrieren", sagte der Grünen-Politiker.

Vorstände von Siemens, Volkswagen und Bayern in Davos

Viele dieser Probleme betreffen auch ganz direkt zahlreiche Unternehmen weltweit, deren Managerinnen und Manager ebenfalls zum Weltwirtschaftsforum gereist sind. Aus Deutschland sind unter anderem die Chefs von Siemens, Volkswagen oder Bayer vertreten, international etwa die CEOs von Intel, Microsoft oder HP.

Zwei Schlagworte fallen auf den Podien dabei immer wieder: Lieferketten und Nachhaltigkeit. Die große Herausforderung dürfte aus Sicht vieler Konzerne sein, diese beiden Pole zusammenzubringen. Siemens-Chef Roland Busch etwa betont, dass es dafür ausreichend Fachkräfte braucht.

Bei all den Diskussionen über den Zustand der Wirtschaft und die Probleme der Unternehmen scheint zumindest in einem Punkt Einigkeit zu herrschen: Lösungen für diese Probleme können Regierungen und Firmen wohl nur gemeinsam finden.

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