Die zentrale Fragestellung der "Zukunftskommission Landwirtschaft" lautete: Wie kann Landwirtschaft und Ernährung nachhaltiger werden? Seit Oktober 2020 hat ein breit aufgestelltes Team aus den Bereichen Landwirtschaft, Umwelt- und Tierschutz, Verbraucherschutz, Handel und Wissenschaft an den Antworten gearbeitet, herausgekommen ist ein Bericht mit rund 170 Seiten. Auffallend dabei: Die unterschiedlichen Interessengruppen zeigen sich einmütig wie selten.
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Das war das Ziel der "Zukunftskommission Landwirtschaft"
Der Germanist Peter Strohschneider hat das Gremium geleitet – fachfremd, aber nach Einschätzung von Kommissionsmitgliedern gerade auch deshalb ein guter Vermittler. Er selbst betonte vor einigen Tagen, ihm sei eine sachliche Herangehensweise wichtig gewesen.
Nicht die gegensätzlichen Interessen mit Kompromissformeln "zukleistern", sondern ganz gezielt am Ergebnis arbeiten. Und das laute: Betriebswirtschaftlich machbar, ökologisch verantwortlich und sozial akzeptabel.
Strohschneider: "Kampfbegriffe vermieden"
Strohschneider betonte, die Kommission habe ganz bewusst "Kampfbegriffe" vermieden. Das lobt auch Kai Niebert, der Präsident des Deutschen Naturschutzringes (DNR), im Interview mit dem BR-Hauptstadtstudio. Im Text fänden sich ganz bewusst keine Reizwörter wie etwa "Ordnungsrecht" oder "Abstockung", also der Abbau von Tierbeständen.
Die Kommission habe einen anderen Weg gewählt, als Ziel formuliert, dass weniger tierische Produkte gegessen und getrunken werden sollen. Das könnte laut Niebert dadurch angeregt werden, dass pflanzliche Produkte gezielt günstiger werden. "Wenn dann damit einhergehend auch die Tierbestände sinken, haben wir das Ziel erreicht, eine klimafreundlichere Landwirtschaft in Deutschland zu haben."
Wer übernimmt die Mehrkosten?
Die Zukunftskommission geht davon aus, dass durch ihre Vorschläge die Produktivität der Landwirtschaft sinkt und die Kosten steigen. Das bringt die Frage auf, wie das ausgeglichen werden soll. Im Bericht ist von staatlicher Förderung die Rede – aber auch davon, dass der Bedarf die zur Verfügung stehenden Mittel übersteige.
Es sei eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, sprich: Auch die Verbraucher müssen ihren Teil beitragen, indem sie mehr Geld für Lebensmittel bezahlen. In diesem Zusammenhang fällt auch das Wort "Wertschätzung".
Die große Frage: Werden die Ideen umgesetzt?
Der Bericht, den Strohschneider am späten Vormittag Bundeskanzlerin Angela Merkel übergibt, ist nicht rechtsverbindlich. Dazu kommt, dass es nach der Bundestagswahl im Herbst eine neu zusammengesetzte Regierung geben wird. Aber auch sie wird sich, so hofft DNR-Chef Niebert, dem Papier nicht wirklich verschließen können. Und zwar aus dem einfachen Grund, weil es einstimmig verabschiedet wurde. Niebert sieht die Einmütigkeit von der Agrarchemie über die Landwirtschaft bis hin zu den Jugendumweltverbänden als "fast historisch" an.
Wenn nach der Bundestagswahl Koalitionsverhandlungen beginnen, wollen sich Kommissionsmitglieder dafür einsetzen, dass ihre Vereinbarung für eine nachhaltigere Landwirtschaft in den nächsten Koalitionsvertrag aufgenommen wird.
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