Das Neugeschäft mit der klassischen Lebensversicherung ist in Zeiten niedriger Zinsen zum Erliegen gekommen. Immer mehr Versicherer stoßen daher ihre Altverträge mit Garantiezins an Abwicklungsgesellschaften ab.
Jüngster Fall ist der Deutsche Herold, dessen Verträge der Schweizer Versicherungskonzern Zurich an den Abwickler Viridium verkaufen will. Rund 720.000 Lebensversicherungen mit einem verwalteten Vermögen von 21 Milliarden Euro sind betroffen. Statt von der Zurich-Konzerntochter Deutscher Herold sollen sie nun von Viridium bis zum Ablauf weitergeführt werden.
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Viridium hat bereits 4,5 Millionen Lebensversicherungsverträge übernommen
Die Viridium-Gruppe in Neu-Isenburg bei Frankfurt, die mehrheitlich dem Finanzinvestor Cinven gehört, soll laut Insidern für die Übernahme der Lebensversicherungen knapp 500 Millionen Euro zahlen. Viridium hat bereits 4,5 Millionen Lebensversicherungsverträge aufgekauft mit einem Vermögen von 92 Milliarden Euro und ist damit in Deutschland der größte Bestandsverwalter.
Verbraucherschützer sehen 'Run Off' kritisch
Verbraucherschützer sehen solche "Run Off" genannten Abwicklungen von Versicherungsverträgen kritisch. Die Finanzaufsicht BaFin hat zwar ein Auge darauf, aber Leistungen wie der Schlussüberschuss am Ende der Laufzeit könnten für die Versicherten niedriger ausfallen. Viridium verspricht jedoch, alle vertraglichen Leistungen zu erfüllen.
Versicherte häufig verunsichert über Abwicklung ihrer Lebensversicherung
Viridium-Chef Tilo Dresig versuchte, den Versicherten von Zurich Deutscher Herold die Abwicklung ihrer Verträge als Vorteil zu verkaufen: "Die Versicherungsnehmer können sich darauf verlassen, dass wir uns vollständig darauf konzentrieren, ihre Verträge dauerhaft zu erfüllen und dass sie dabei von den finanziellen und operativen Vorteilen unseres Geschäftsmodells profitieren", erklärte der Vorstandschef der Viridium Gruppe. Er verspricht eine stabile laufende Verzinsung, attraktive Überschüsse und eine dauerhafte Absicherung gegen steigende Verwaltungskosten.
Abgewickelte Generali Lebensversicherung als positives Beispiel
2019 habe man den Bestand der heutigen Proxalto Lebensversicherung von Generali erworben und seitdem bewiesen, dass das Geschäftsmodell klare Vorteile für die Versicherten mit sich bringe, so Dresig. So seien die an die Kunden zugeteilten Überschüsse bei Proxalto nach dem Eigentümerwechsel deutlich gestiegen. Es habe auch deutlich weniger Kündigungen der Kunden gegeben. Auch im Fall von Deutscher Herold gäbe es mit dem Mutterkonzern Zurich umfassende Servicevereinbarungen.
Verbraucherzentralen raten von voreiligen Kündigungen ab
Der Run Off einer Versicherung, die an einen Abwickler verkauft wird, muss also nicht zwangsläufig mit Nachteilen verbunden sein. Wer eine entsprechende Lebensversicherung besitzt, sollte sie nicht voreilig kündigen, hieß es im Fall von Generali bei der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen. Die Verbraucherschützer raten zu einer unabhängigen Beratung. Aufgrund von Run-Off-Plänen bestehe für Versicherte kein akuter Handlungsbedarf. Wenn die Versicherungen auf ein anderes Unternehmen übertragen werden, würden weiter die vereinbarten Rechte und Pflichten gelten.
Auch Verbraucher können ihre Lebensversicherung weiterverkaufen
Falls die Konditionen sich dennoch verschlechtern sollten, weil beispielsweise die Verzinsung sinkt, oder der Vertrag aus anderen Gründen nicht weitergeführt werden soll, können auch Verbraucher selbst ihre Lebensversicherung weiterverkaufen. Vor einer Kündigung ist zu bedenken, dass es nicht nur für ganze Lebensversicherungen wie Generali Leben oder Deutscher Herold einen Zweitmarkt gibt wie bei Viridium.
Den gibt es auch für einzelne private Verträge. Aufkäufer von solchen individuellen Lebensversicherungen sind vor allem an der garantierten Verzinsung von Sparguthaben interessiert, die bis zum Vertragsende möglich ist. Gegen einen Abschlag dieser Ablaufleistung sind diese Käufer oft bereit in den laufenden Vertrag einzusteigen und einen Teil des bisher aufgelaufenen Gewinns zu teilen. Das kann deutlich mehr sein, als die Versicherung sonst im Fall einer vorzeitigen Beendigung des Vertrags bezahlen würde.
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