Kein Trockenfleisch, sondern rote Tomaten, gelbe Paprika oder knackiger Salat – bereits seit 2018 wird in der Antarktis an der Nahrungsmittelproduktion der Zukunft getüftelt: Im Gewächshaus EDEN ISS des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) wollen Wissenschaftler herausfinden, wie in Wüsten und kalten Regionen sowie bei lebensfeindlichen Bedingungen wie auf dem Mond oder Mars unter anderem frisches Gemüse gezüchtet werden kann. Das Gewächshaus liegt nahe der vom Alfred-Wegener-Institut (AWI) betriebenen Neumayer-Station III.
Roboter sollen gärtnern
Selbstverständlich können die eisigen Temperaturen in der natürlichen Umgebung der Station den Pflanzen im Inneren des Gewächshauses nichts ausmachen. Der Hightech-Container bietet den 13 Quadratmetern Anbaufläche konstant 21 Grad Celsius, 65 Prozent relative Luftfeuchte und viel Kohlendioxid für die Pflanzen. Dabei hängen ihre Wurzeln frei in der Luft. Alle fünf Minuten müssen sie mit einer Nährstofflösung angesprüht werden. Eine Aufgabe, die künftig unter anderem von Robotern übernommen werden soll. EDEN-ISS-Projektleiter Dr. Daniel Schubert formuliert das Ziel der Mission wie folgt:
"Mit der jetzigen Mission prüfen wir verschiedene Pflanzensorten. Wir schauen im Gewächshaus, wie die funktionieren. Darüber hinaus versuchen wir weiterhin herauszufinden: Wie viel Arbeit muss man reinstecken, um so ein Gewächshaus zu betreiben? Denn man muss sich vorstellen: Astronautenzeit ist sehr kostbar." Dr. Daniel Schubert, Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR)
Neuer Testlauf startet
Neu in der Überwinterungscrew vom Alfred-Wegener-Institut ist NASA-Gastwissenschaftlerin Jess Bunchek vom Kennedy Space Center. Sie forscht bis Anfang 2022 im Antarktisgewächshaus daran, wie bei zukünftigen Mond- und Marsmissionen Gemüse und Kräuter gedeihen können – und zwar bei möglichst geringem Zeit- und Energieaufwand. Doch damit nicht genug – Jess Bunchek soll auch erfassen, wie sich das grüne Habitat und seine Früchte auf die Crew auswirken.
Antarktis hat Ähnlichkeiten mit Mond und Mars
Aber warum bietet sich das Ewige Eis überhaupt für solche Forschungen an? Der Standort hat einige Ähnlichkeiten mit Mond und Mars: Die Gegend ist unwirtlich und isoliert. Die Mannschaftsgröße der Crew orientiert sich an der einer bemannten Raumfahrtmission. Hier kann also unter möglichst realistischen Bedingungen Forschung betrieben werden, deren Ergebnisse es dann in Zukunft wirklich ins All schaffen könnten.
Und auch wenn es zumindest für die Forscherin samt Team nicht ins All geht, sondern nur in die Antarktis, Vorbereitung ist das A und O. Die Crew wappnete sich vor dem Antritt der Expedition gegen die Kälte; Bunchek absolvierte unter anderem einen Gletscherkurs in den Alpen und einen Brandschutzkurs. Ende 2020 ging dann die Reise ins Ewige Eis los: ein Monat lang mit dem Schiff von Bremerhaven aus in die Antarktis.
Im Jahr 2018 ernteten die Forscher unter anderem 46 Kilo Tomaten und 117 Kilo Salat. Eine Ausbeute, die sich sehen lassen kann. Bleibt zu hoffen, dass neben bahnbrechenden wissenschaftlichen Erkenntnissen auch dieses Jahr wieder gute Erträge erzielt werden können.
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