Eine Kolonie Waldrappen fliegt über die Alpen.
Bildrechte: Waldrappteam Conservation & Research

Der schwarze Ibisvogel ist weltweit vom Aussterben bedroht. Mit aufwändigen Projekten wird versucht, Waldrappe in Europa wieder anzusiedeln.

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Auswilderungsprojekt: Der Waldrapp ist zurück am Bodensee

Schon seit einigen Jahren wird versucht, den Waldrapp nach seiner Ausrottung wieder in der Alpenregion anzusiedeln. Mit Erfolg, wie die Rückkehr der Ibisvögel aus ihrem Winterquartier in Italien in eine Brutkolonie in Überlingen am Bodensee zeigt.

Über dieses Thema berichtet: Wir in Bayern am .

Zwar sieht er mit seinem kahlen Kopf aus wie ein Geier, doch der Waldrapp - der für viele vielleicht nicht zu den schönsten Vögeln zählt - ist ein Ibis und frisst kein Aas. Seine Optik spielt hier allerdings gar keine große Rolle, viel wichtiger ist sein Schutz. Bereits seit dem 17. Jahrhundert ist er in Europa ausgestorben, wurde wegen seines Fleisches bejagt. Bis dahin brütete er hier, wurde dann zum Fabelwesen. Das soll sich ändern.

Vier erfolgreiche Brutkolonien im Alpenraum

Seit einigen Jahren wird bereits in verschiedenen von der Europäischen Union geförderten Zucht- und Auswilderungsprojekten daran gearbeitet, den besonderen Vogel wieder in Europa anzusiedeln. So lebt seit 2004 eine Waldrapp-Brutkolonie im oberbayerischen Burghausen. Außerdem existiert eine Kolonie in Kuchl im Salzburger Land, in Rosegg in Kärnten und in Überlingen am Bodensee in Baden-Württemberg. Insgesamt gibt es vier Auswilderungsprojekte im Alpenraum.

Die Schwierigkeit: Werden die Jungtiere von Hand aufgezogen, müssen sie erst ihre Flugrouten lernen. Der Waldrapp ist ein Zugvogel, verbringt den Winter im Süden. Die Küken bekommen das Zugverhalten allerdings nicht vererbt. Daher wurden sie häufig von einem Ultraleichtflieger auf ihrem Weg über die Alpen in die Toskana begleitet. Mittlerweile schaffen es viele Vögel im Frühjahr aber alleine zurück ins Sommerquartier.

Paarungszeit beginnt am Bodensee

Die Rückkehr hat auch in Überlingen am Bodensee funktioniert. Die Tiere sind mit GPS-Trackern ausgestattet, mit denen ihre Standorte kontrolliert werden. Zwölf der ausgewilderten Waldrappen sind aus Italien zurück am Bodensee, zwei befinden sich noch in der Schweiz. Jetzt beginnt die Paarungszeit - wenn auch etwas anders als gedacht.

Normalerweise brüten die Ibisvögel in Kolonien auf Felsvorsprüngen oder -wänden. Das Waldrapp-Team in Überlingen hatte in der Vergangenheit eine künstliche Brutwand aus Holz aufgestellt. Dieses Jahr sollten sich die Tiere aber eigentlich eigene Felswände in der Natur suchen. Das taten nur wenige, "doch weil sie Koloniebrüter sind, sind auch diese Tiere zu den anderen an die Brutwand geflogen," so Anne-Gabriela Schmalstieg vom Waldrapp-Team. Also nisten jetzt sechs bis sieben Pärchen in der Holzkonstruktion. Drei bis vier Eier werden pro Paar erwartet.

Ein natürlicher Schädlingsbekämpfer

Weltweit zählen Waldrappen zu den am stärksten vom Aussterben bedrohten Vögel. Weil ihr Fleisch für eine Delikatesse gehalten wird, werden auch heute noch illegal Vögel geschossen. Aber auch ungeschützte Hochspannungsleitungen können für die großen Vögel lebensgefährlich sein.

Typisch für einen Ibisvogel ist der lange, sichelförmige Schnabel. Mit den sensiblen Tastorganen daran kann der Waldrapp Würmer und Insekten aufspüren. Und damit ist er ein natürlicher Schädlingsbekämpfer. Weil der Waldrapp den Salat verschont, dafür aber Schnecken und andere Schädlinge vertilgt, wurde er im Mittelalter gerne im Garten gehalten. Heute tun die Vögel das Gleiche auf Feldern und Wiesen. Mit dem Schnabel lockern sie - wie Regenwürmer - den Erdboden auf.

Überlebensfähige Population in Aussicht

Und auch, wenn man denken könnte, der Waldrapp sehe etwas wild um die "Haare" aus: Das Aufstellen der Kopffedern ist tatsächlich ein Begrüßungsritual. Nicht nur das Aussehen macht ihn damit zu etwas Besonderem, sondern auch seine Seltenheit.

Schätzungsweise leben mittlerweile knapp 200 freie Waldrappe nördlich der Alpen. Die Tierschützer haben ihr Ziel, eine überlebensfähige europäische Population zu schaffen, damit fest im Blick. Berechnungen zufolge braucht es dafür etwa 350 Tiere. Das soll mit dem zweiten von der EU unterstützten Projekt zur Wiederansiedlung umgesetzt werden, das bis 2028 läuft.

    Waldrapp mit kahlem Kopf und sichelförmigen Schnabel. In Europa war der Ibisvogel fast ausgestorben. In aufwändigen europäischen Auswilderungsprojekten wird versucht, Waldrappe zu züchten und an das Leben in freier Wildbahn zu gewöhnen.
    Bildrechte: wochit/Getty Images/Fireglo2
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    5 Fakten über Waldrappe

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