Forscher der internationalen Initiative Earth4Al zeichnen zwei mögliche Szenarien für die Zukunft: Im ersten entwickelt sich die Welt wirtschaftlich ähnlich weiter wie in den letzten 50 Jahren. Dann erreiche die Bevölkerung bis 2050 ihren Höchststand, heißt es in der Analyse "People and Planet". Im zweiten Szenario könnte dieser sogar schon 2040 erreicht sein - unter bestimmten Bedingungen.
Szenarien: Bevölkerungs-Höchststand 2050 oder 2040
In ihrem ersten Szenario von Earth4All - "Too Little Too Late" (zu wenig, zu spät) - wird die Bevölkerung und die Wirtschaft bis 2050 langsamer wachsen, etwa im Jahr 2046 ihr Maximum von etwa 8,6 Milliarden erreichen und bis 2100 auf 7,3 Milliarden Menschen schrumpfen. "Die derzeitigen wirtschaftlichen Wachstumspfade reichen bereits aus, um das globale Bevölkerungswachstum bis zur Mitte des Jahrhunderts zum Stillstand zu bringen", erklärte Beniamino Callegari, Mitglied des Earth4All-Modellierungsteams.
- Hintergrund: So entwickelt sich die Weltbevölkerung
Werde sich mehr darauf konzentriert, Armut zu bekämpfen und die Geschlechtergerechtigkeit zu verbessern, könne die Bevölkerung sogar schon 2040 ihr Maximum erreichen, bei dann etwa 8,5 Milliarden Menschen. Nach diesem "Giant Leap" (Riesensprung) genannten Szenario leben im Jahr 2100 nur noch etwa sechs Milliarden Menschen auf der Erde. In anderen prominenten Bevölkerungsprognosen werde die Bedeutung einer raschen wirtschaftlichen Entwicklung oft unterschätzt, sind die Earth4All-Experten überzeugt.
UN: Höchststand erst 2080
Die Vereinten Nationen (UN) hingegen gehen von einem Höchststand von rund 10,4 Milliarden Menschen erst im Jahr 2080 aus, wie es in einem Bericht vom Sommer 2022 hieß.
Im November hatte die Weltbevölkerung nach UN-Angaben die Acht-Milliarden-Marke geknackt. Einen Stand von sechs Milliarden Menschen hatte die Weltbevölkerung zuletzt um das Jahr 2000, um 1960 waren es erst halb so viele. Seit Mitte des 20. Jahrhunderts erlebte die Welt ein immenses Bevölkerungswachstum: Zwischen 1950 und 2020 hat sich die Weltbevölkerung nach UN-Daten mehr als verdreifacht.
Bildung und Wirtschaft wirken sich auf Geburtenrate aus
"Wir wissen, dass eine rasche wirtschaftliche Entwicklung in Ländern mit niedrigem Einkommen enorme Auswirkungen auf die Fruchtbarkeitsziffern hat", sagte Per Espen Stoknes, Leiter des Earth4All-Projekts. "Die Fruchtbarkeitsziffern sinken, wenn Mädchen Zugang zu Bildung erhalten und Frauen wirtschaftlich gestärkt werden und Zugang zu einer besseren Gesundheitsversorgung haben."
Neben Bildung und Gesundheit seien auch Fortschritte bei der Ernährung in armen Ländern wichtig, erklärte Catherina Hinz, geschäftsführende Direktorin des Berlin-Instituts für Bevölkerung und Entwicklung, die selbst nicht an der Modellierung beteiligt war. Dass die Welt schon bis 2040 die Trendumkehr schafft, ist ihrer Ansicht nach schwer zu erreichen. "Selbst wenn wir jetzt in die erforderlichen Bereiche investieren, wird es trotzdem noch dauern, bis sich die Fruchtbarkeitsziffern überall auf der Welt ändern."
Starkes Bevölkerungswachstum in afrikanischen Ländern
Zwar wächst die Zahl der Menschen auf unserem Planeten seit einiger Zeit insgesamt immer langsamer, jedoch nicht in allen Regionen. Bis zum Ende des Jahrhunderts werden dem UN-Bericht zufolge etwa dreimal so viele Menschen in Afrika leben wie heute, knapp 4,3 Milliarden - etwa 40 Prozent der Weltbevölkerung. Die größten Treiber sind dabei vor allem zehn Länder, aus denen 2050 mehr als die Hälfte aller neugeborenen Menschen stammen werden, darunter Nigeria, Äthiopien, und Sudan. Immer mehr einkommensstarke Länder werden hingegen - wie heute bereits Japan - in eine negative Bevölkerungsentwicklung rutschen. Für eine Stabilisierung wären Länder wie Deutschland auf Migration angewiesen.
Wer ist die Initiative Earth4All?
Die Initiative Earth4All steht unter Federführung des Club of Rome, der Norwegian Business School und des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung (PIK). Ihr Ziel ist es, transformative politische und wirtschaftliche Lösungen für das 21. Jahrhundert zu erarbeiten, mit denen eine nachhaltige Entwicklung innerhalb der planetaren Grenzen erreicht werden kann. Die Initiative baut auf dem Bericht "Die Grenzen des Wachstums" auf, der 1972 vom Thinktank Club of Rome in Auftrag gegeben und veröffentlicht wurde.
- Zum Artikel: "Bevölkerungswachstum nicht schuld am Klimawandel"
Mit Informationen von dpa
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