Wer mit Kindern innerhalb von Deutschland umzieht, kennt das Problem. Unterschiedliche Schulsysteme, unterschiedliche Lehrpläne und Leistungsniveaus. Eltern klagen seit langem über das föderale Durcheinander, jetzt bestätigt das jährliche Bildungsbarometer des Münchner ifo-Instituts die Kritik an der Zuständigkeit der Länder.
"Dieser derzeitigen Regelung steht die deutsche Bevölkerung recht skeptisch gegenüber. Eine Mehrheit von 60 Prozent der Befragten, wünscht sich, dass bildungspolitische Entscheidungen von der Bundesregierung getroffen werden." Studien-Autor Philipp Lergetporer vom ifo-Zentrum für Bildungsökonomik
90 Prozent der Befragten für einheitliche Lehrerausbildung
Ganz konkret sieht die ifo-Befragung einen großen Wunsch nach bundesweiten Regeln, zum Beispiel bei der Beschäftigung von Lehrerinnen und Lehrern. Wer heute etwa in Niedersachsen Examen gemacht hat, darf nicht ohne weiteres in Bayern unterrichten. 85 Prozent sind dafür, dass alle Bundesländer die Lehrerprüfungen der anderen vollwertig anerkennen. Noch größer sei der Wunsch nach einheitlicher Ausbildung, so Co-Autorin der ifo-Studie Katharina Werner: "Sogar 90 Prozent sind dafür, dass von vorneherein die Lehrerausbildung einheitlich gestaltet wird."
Wunsch nach einem deutschlandweit vergleichbaren Abitur
Einheitliche Lehrpläne an Schulen stehen ebenfalls auf der Wunschliste der Deutschen. Unzufrieden mit dem Schulsystem sind vor allem die Befragten in Bundesländern, wo Schülerinnen und Schüler bei Leistungstests schlechter abschneiden als der Durchschnitt. Das betrifft etwa Nordrhein-Westfalen, Schleswig-Holstein oder Berlin. Auch deshalb wünscht sich eine Mehrheit von fast 90 Prozent, dass die Leistungen in den Bundesländern überhaupt erst einmal vergleichbar werden, etwa durch engmaschige Tests vor allem in den Kernfächern Deutsch und Mathematik. Ein Zentralabitur, das zumindest einen Teil bundesweit gleicher Aufgaben umfasst, kann sich eine breite Mehrheit vorstellen. Mehr Einheitlichkeit beim Abitur ist seit Jahren in der Diskussion, weil die Hochschulen Studienplätze vor allem nach Abiturnoten vergeben.
Deutsche möchten keine einheitlichen Sommerferien
Beim Dauerstreit um die Sommerferien finden die Deutschen, dass die Ferienzeiten rotieren sollten: "Die Mehrheit der Befragten ist dafür, dass sich alle Bundesländer damit abwechseln, wo die Ferien besonders früh beginnen und dagegen, dass die Ferien einheitlich zur gleichen Zeit stattfinden", so ifo-Bildungsforscherin Katharina Werner.
Umfrage: Ohrfeige für das föderale Bildungssystem
Insgesamt sind die Ergebnisse der Umfrage eine Ohrfeige für die Kultusminister der Länder. Die Kultusministerkonferenz diskutiert zwar immer wieder über gemeinsame Regeln, aber viel mehr als Bildungsstandards für bestimmte Fächer und einen Aufgabenpool von Abituraufgaben gibt es bisher nicht.
Bildungsstaatsvertrag soll verbindliche Regeln festlegen
So haben die Unions- und SPD-geführten Bundesländer zuletzt über einen Nationalen Bildungsrat gestritten, ein Gremium von Bildungsexperten und Politikern, dessen unverbindliche Empfehlungen die Bildungssysteme der Länder vergleichbarer machen und vereinheitlichen sollen. 70 Prozent der Deutschen wären dafür. Gescheitert ist der Plan im vergangenen Jahr an Baden-Württemberg und Bayern. Noch mehr Zustimmung findet die Idee eines Bildungsstaatsvertrags, der verbindliche Regeln festlegt.
"Für diesen Vorschlag sprechen sich sogar 83 Prozent der Befragten aus. Somit sehen wir eine hohe Zustimmung für politische Initiativen, die die Vereinheitlichung des deutschen Bildungssystems langfristig vorantreiben können." Co-Autorin der ifo-Studie Katharina Werner
An dem Entwurf für einen Bildungsstaatsvertrag arbeitet die Kultusministerkonferenz seit dem vergangenen Jahr, ob es ihn geben wird, ist ungewiss.
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