Bisphenol A (BPA) ist einer der bekanntesten Umwelthormone. BPA findet sich in transparenten, harten Kunststoffen von Plastikflaschen sowie in den Innenbeschichtungen von Konservendosen. Verschiedene Tierstudien haben gezeigt, dass BPA ähnliche Auswirkungen wie das Hormon Östrogen haben kann. Ein Überschuss dieser Chemikalien im Körper kann zu Störungen des Stoffwechselhaushalts führen. Daher werden sie mit Übergewicht, Fettleibigkeit oder einer Beeinträchtigung der Fruchtbarkeit in Verbindung gebracht.
Bisphenol A: Behörde fordert Absenkung des Grenzwertes
Menschen können BPA über Nahrung und Getränke aufnehmen. Ein Grenzwert legt fest, wie viel davon täglich maximal aufgenommen werden darf (Tolerable Daily Intake – TDI). Allerdings ist dieser Grenzwert offensichtlich umstritten. Die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) hat Hunderte von Studien überprüft, die darauf hindeuten, dass BPA gefährlicher ist als bisher angenommen. Daher fordert die Behörde eine drastische Senkung des Grenzwerts und das Verschwinden von BPA aus vielen Produkten.
BfR und EMA stellen sich gegen die starke BPA-Begrenzung
Bereits Ende 2021 hatte die EFSA ein Gutachtenentwurf zur Senkung des Grenzwerts der EU-Kommission vorgelegt. Im April 2023 veröffentlichte die Behörde die wissenschaftliche Neueinschätzung zum Thema, in der sie einen 20.000 Mal niedrigeren Grenzwert vorschlägt. Behörden, wie das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) oder die Europäische Arzneimittelbehörde (EMA), sind jedoch anderer Meinung. Das BfR rät dazu, den Grenzwert um das Zwanzigfache zu senken. Die EMA hingegen ist der Ansicht, dass der aktuelle Grenzwert beibehalten werden kann.
Solche Meinungsverschiedenheiten sind in Institutionen, die mit wissenschaftlicher Fachkompetenz arbeiten, nicht ungewöhnlich. Erstaunlich ist hingegen, dass die Behörden sowie ihre Expertinnen und Experten mehrmals zusammenkamen und dennoch keine Einigung erzielen konnten.
EFSA: Einseitige Auswahl der Studien zu Bisphenol A?
Die unterschiedlichen Einschätzungen der Behörden basieren auf verschiedenen wissenschaftlichen Studien. Das BfR kritisiert, die EFSA habe hauptsächlich Studien berücksichtigt, die BPA als gefährlich einstufen. Uneinigkeit herrscht auch darüber, inwiefern die beunruhigenden Ergebnisse von Mäusestudien als Bewertungsbasis bezüglich der Gefährlichkeit der Chemikalie für den Menschen dienen können.
Der Vorschlag der EFSA und die abweichenden Stellungnahmen der anderen Behörden wurden der EU-Kommission vorgelegt. Es wird aber wohl noch einige Zeit dauern, bis eine Entscheidung im Fall Bisphenol A getroffen wird, möglicherweise sogar bis nach der Europawahl 2024.
Fazit: Verbraucher sollten Konserven und Getränkedosen meiden
Eine mögliche Konsequenz eines schärferen Grenzwerts könnte ein Verbot von bestimmten Produkten wie Sprudelflaschen sein, aus denen BPA austreten kann, oder Konservendosen mit Innenbeschichtungen. Bis eine Einigung erzielt wurde, sollten Verbraucher BPA-belastete Produkte nach Möglichkeit meiden. Denn einig sind sich die Forschenden nämlich darin: Menschen sollten von der Chemikalie möglichst wenig aufnehmen.
Beim Kauf einer Trinkflasche zum Beispiel sollten Verbraucher dementsprechend genau abwägen. Als Alternative zu preisgünstige Plastikflaschen, die möglicherweise Weichmacher enthalten, bieten sich BPA-freie Kunststoffflaschen aus Tritan oder Silikon, Metallflaschen aus Aluminium oder Edelstahl sowie Glasflaschen aus bruchsicherem Borosilikatglas an. Ratsam ist es auch, Konserven- und Getränkedosen möglichst zu vermeiden. Eine Stichprobe des BUND Naturschutz zeigte 2017, dass in fünf von sieben Thunfisch-, in vier von sieben Tomaten- und drei von fünf Kokosmilchkonserven aus den üblichen Supermärkten BPA nachgewiesen werden konnte.
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