In Bayern ist die Zeit der Erkältungen angebrochen. Das zeigt sich auch in den Arztpraxen: In den vergangenen Wochen kamen viele Patienten mit Husten, Schnupfen oder Fieber zu Dr. Josef Pömsl. Der Internist arbeitet mit seinen Kolleginnen und Kollegen in einer großen Hausarzt-Gemeinschaftspraxis in Kaufering. Pömsl hat die Daten der Praxis-Software ausgewertet, mit dem Ergebnis: In den vergangenen beiden Wochen kamen knapp doppelt so viele Patienten mit Atemwegsinfekten wie in den Vorjahren, auch jenen vor der Corona-Pandemie.
Die steigende Zahl an akuten Atemwegserkrankungen bestätigen auch die wöchentlichen ARE-Berichte (ARE: akute respiratorische Erkrankungen) des Robert-Koch-Instituts (RKI): Rund 7,1 Millionen Menschen in Deutschland waren Anfang Dezember daran erkrankt. Christian Bogdan, Professor für Infektionsimmunologie an der Universität Erlangen-Nürnberg, gibt allerdings Entwarnung: Der Anstieg entspreche dem, was zu dieser Jahreszeit und bei diesen Temperaturen üblicherweise zu erwarten sei. Die Menschen würden sich wesentlich mehr in Innenräumen aufhalten und könnten deshalb respiratorische Viren sehr gut austauschen.
Grippewelle hat noch nicht begonnen
An diesem Viren-Austausch ist das Influenzavirus, der Erreger der echten Grippe, bisher erfreulicherweise kaum beteiligt. In den Proben, die das Robert Koch-Institut für seine ARE-Wochenberichte nutzt, tauchen Influenza-Viren bis jetzt nur selten auf.
Die meisten Menschen werden gerade von anderen Krankheitserregern geplagt. Viele davon lösen einen sogenannten grippalen Infekt aus. Im Gegensatz zur echten Grippe (Influenza) verlaufen diese aber überwiegend harmlos. Bei vielen Erkältungen sind gerade Rhinoviren die Ursache. Häufig wird auch das Respiratorische Synzytial-Virus (RSV) in den Proben nachgewiesen. Gerade im Kindesalter sind RSV-Infekte sehr häufig. Nach Einschätzung des Robert Koch-Instituts hat die RSV-Welle Mitte November begonnen. Die Zahl der RSV-Infekte steigt wöchentlich an, aber, wie Infektionsimmunologe Christian Bogdan einordnet, bei kleinen Kindern noch in einem erwartbaren Rahmen.
- Zum Artikel: RKI – RS-Virus sorgt für Erkrankungswelle
Viele Erkrankungen aufgrund von Corona
Hinter vielen Atemwegserkrankungen steckt derzeit aber auch das Coronavirus SARS-CoV-2. Die Infektionen verlaufen nach Beobachtung von Hausarzt Josef Pömsl in der Mehrheit der Fälle aber relativ harmlos.
In den kommenden Wochen können die Fallzahlen bei Covid-19 weiter steigen. Die Abwassermessungen in Bayern zeigen eindeutig in diese Richtung. Die derzeit aktuellen Varianten, darunter die Omikron-Untervarianten Eris (EG.5) und Pirola (BA.2.86), sind nicht gefährlicher als früher kursierende Varianten. Grund sei eine gute Grundimmunität vieler Menschen und angepasste Impfstoffe, die auch bei den aktuellen Varianten gut vor einem schweren Krankheitsverlauf schützen, sagt Christian Bogdan, der auch Mitglied in der Ständigen Impfkommission (Stiko) ist.
Entscheidend sei, ob es Hinweise darauf gebe, dass die Zahl schwerer Krankheitsverläufe ansteigt. Gleiches gelte für die Zahl der Patienten, die wegen einer SARS-CoV-2 im Krankenhaus stationär aufgenommen werden müssen, möglicherweise sogar mit einer Behandlung auf der Intensivstation. Hier sei die Situation im Moment aber sehr stabil.
Rat zur Impfung gegen Corona, Grippe und Pneumokokken
Wer allerdings zu einer der Risikogruppen gehört und aktuell noch keine Impfung erhalten hat, für den sei jetzt ein guter Zeitpunkt, rät Bogdan. Sowohl gegen das Coronavirus als auch gegen Grippe und Pneumokokken. Diese Gruppe von Bakterien verursachen eine Lungenentzündung. Wer über sechzig Jahre alt ist, Vorerkrankungen oder ein schlechtes Immunsystem hat, sollte sich spätestens jetzt mit einer Impfung schützen, denn der Winter hat gerade erst begonnen.
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