Normalerweise sind wir es gewohnt, dass wir Menschen schnell dank ihres Gesichtsausdruckes verstehen und - zumindest ein bisschen - einschätzen können. Verdeckt eine Maske das Gesicht, fällt eins unserer wichtigsten Kommunikationsmittel weg.
Nonverbale Kommunikation schlägt verbale Kommunikation
Ein Großteil unserer Kommunikation läuft unbewusst und nicht-sprachlich, also nonverbal, ab. Mit Gestik, Mimik, Körperbewegung und -haltung sowie Stimmeinsatz übermitteln wir weitaus mehr Informationen an andere Menschen als mit Sprache: Nach Schätzungen kommunizieren Menschen zu rund 65 bis 90 Prozent nonverbal.
Das Allensbach-Institut gibt in einer Studie 2016 genauere Werte an: So machen Gestik und Mimik 55 Prozent der Kommunikation aus, 26 Prozent entfallen auf die Stimme, nonverbal eingesetzt, und nur 19 Prozent auf den fachlichen Inhalt, den wir beim Sprechen äußern. Zudem können zwei Menschen in einem Raum "nicht nicht kommunizieren", wie der berühmte Kommunikationswissenschaftler, Philosoph und Autor Paul Watzlawick sagt.
Kommunikation beim Maskentragen anpassen
Was heißt das jetzt für unser öffentliches Leben mit Schutzmaske? Da nur noch ein Bruchteil unseres wichtigsten Kommunikationsmittels, des Gesichts, sichtbar ist, sollten wir darauf gefasst sein, dass wir schlechter verstanden werden, nicht nur akustisch. Wir sollten darauf gefasst sein, dass es schneller und öfter zu Missverständnissen mit anderen Menschen kommen kann und wir anders auf andere Menschen wirken, als wir es gewohnt sind.
Blickkontakt ist kulturabhängig
Und wir sollten uns beim Kontakt mit ausländischen Mitbürgern bewusst sein, dass die Art und Dauer des Blickkontakts kulturabhängig sind. In verschiedenen asiatischen Länder ist es zum Beispiel nicht üblich, sich länger in die Augen zu sehen. Da hilft nur, tolerant sein und bei kritischen Blicken zum Beispiel die Hände beim Reden zu Hilfe nehmen und mit Gesten untermalen, was man sagen wollte.
"Ein wichtiger Punkt ist, sich nicht auf visuelle Signale zu verlassen. Zusammengezogene Augenbrauen können bedeuten, dass ein Mensch verärgert ist oder verwirrt, möglicherweise seine Brille vergessen hat oder einfach nur zwinkert. Wir müssen uns Zeit nehmen und die Menschen um Klarstellung bitten. Das verlangsamt die Kommunikation ein wenig, aber das kann ja auch eine gute Sache sein." Mary Inman, Professorin für Psychologie, Hope College im US-amerikanischen Michigan
"Wie Hunde ohne Schwänze"
Immerhin sitzen wir alle im gleichen Boot, was auch zu Situationskomik und lustigen neuen Erfahrungen führen kann. Und die Vorstellung, dass wir "jetzt sozusagen wie Hunde ohne Schwänze sind" wie der Linguist und Soziologe Dan Everett vom Bentley College in Massachusetts sagt, ist ja auch ganz amüsant und macht kreativ im Alltag.
Schutzmasken für Gehörlose
Für Gehörlose sind Mundschutzmasken ein Problem. Denn um andere Leute zu verstehen, lesen sie von den Lippen ab. Verdeckt eine Schutzmaske das Gesicht, ist das unmöglich. Die US-amerikanische Studentin Ashley Lawrence kam auf die Idee, Mundschutzmasken mit Sichtfenster - also freiem Blick auf die Lippen - zu nähen und die gehörlose Juniorprofessorin Jaipreet Virdi von der University of Delaware machte per Twitter darauf aufmerksam. Die Idee inspirierte auch viele andere Menschen, Masken für Gehörlose anzufertigen. Das Sichtfenster besteht meist aus Vinyl oder Klarsichtfolie und wird eingenäht oder eingeklebt. Auf Stofffalten sollte man bei Masken mit Sichtfenster verzichten, da sonst das Vinyl schneller beschlägt und die Lippen im Dunst verschwinden.