Es ist ein kleiner Lichtblick in der gegenwärtig schwierigen Corona-Lage: Am Klinikum rechts der Isar der Technischen Universität München (TUM) können sich Risikopatienten, die sich erst kürzlich mit dem Virus infiziert haben, nun auch ambulant einer monoklonalen Antikörper-Therapie unterziehen. Das Ziel: Weniger erkrankte Menschen im Krankenhaus aufnehmen zu müssen, um dadurch das Gesundheitssystem zu entlasten.
Früher Behandlungsbeginn entscheidend
Die Antikörper-Therapie ist bereits seit Monaten bei inzwischen über 250 stationären Patienten eingesetzt worden. Bei diesen konnte die Behandlung nach Auskunft des Universitätsklinikums bis zu 80 Prozent der schweren Covid-19-Verläufe verhindern. Entscheidend für den Erfolg ist dabei unter anderem, dass die Therapie innerhalb der ersten sieben Tage nach Symptombeginn verabreicht wird. "Je früher wir sie einsetzen, desto größer ist die Effektivität", sagt Christoph Spinner, der Pandemiebeauftragte des Universitätsklinikums rechts der Isar.
Ein späterer Einsatz sei nicht mehr sinnvoll, da Studien zufolge dann das überschießende Immunsystem für die schweren Verläufe ursächlich ist und nicht mehr das Virus selbst. "Die neutralisierenden Antikörper wirken einige Wochen. Das heißt, sie sind zur Akuttherapie einer Erkrankungsepisode geeignet. Man könnte sie auch alle vier bis sechs Wochen erneut verabreichen", so Spinner.
Antikörper-Therapie bald auch in anderen Klinken verfügbar
Das Angebot der monoklonalen Antikörper-Therapie richtet sich in erster Linie an vorerkrankte Erwachsene, die auf eine aktive Impfung nicht ausreichend ansprechen, oder frisch infizierte Patienten mit chronischen Erkrankungen wie beispielsweise Diabetes oder Herzinsuffizienz.
Bislang standen die Antikörper-Medikamente über die Bundesnotfallreserve vor allem an den Universitätskliniken zur Verfügung. Nachdem die Europäische Arzneimittelbehörde EMA am 12. November 2021 die beiden Antikörper-Präparate Ronapreve und Regkirona zugelassen hat, können diese Therapien nun in einem frühen Krankheitsstadium breit eingesetzt werden, sagt Christoph Spinner.
Aufgrund der stark steigenden Patientenzahlen soll diese Therapie gegen Covid-19 nun in vielen Kliniken zur Verfügung gestellt werden. "Zu diesem Zweck teilen wir unsere Erfahrungen aus der Universitätsmedizin gern mit anderen Krankenhäusern in München und im Umland", so Spinner.
Behandlung, die auch Donald Trump erhielt
Bei den nun zugelassenen Medikamenten Ronapreve des Schweizer Pharmaunternehmens Roche und Regkirona des Herstellers Celltrion aus Südkorea handelt es sich um hochspezialisierte Abwehrstoffe, die als sogenannte "passive Impfung" eingesetzt werden. "Neutralisierende Antikörper können das Sars-CoV-2-Virus inaktivieren, also de facto Schachmatt setzen", erklärt Spinner. Mit Ronapreve wurde im Oktober 2020 auch der frühere US-Präsident Donald Trump nach seiner Corona-Infektion behandelt.
Antikörper aus dem Labor
Monoklonale Antikörper werden im Labor hergestellt und sollen das Virus nach einer Infektion außer Gefecht setzen. Monoklonal bedeutet, dass die eingesetzten Antikörper alle gleich sind und das Virus an einem fest definierten Bereich angreifen. Im Unterschied dazu bildet der menschliche Körper bei einer Erkrankung oder nach einer Impfung einen Mix an Antikörpern, die an das Virus an verschiedenen Stellen andocken können. Fachleute sprechen in diesem Fall von polyklonalen Antikörpern. Die verabreichten Antikörper sollen verhindern, dass das Virus in die Zelle eindringen kann. Die Behandlung führt zu einer Reduzierung der Viruslast, also der Menge an nachweisbaren Viren, und zu einem rascheren Abklingen der Symptome.
Verabreichung als Infusion, Nebenwirkungen äußert selten
Dass die neu zugelassenen Medikamente nun auch ambulant verabreicht werden, könnte eine neue Chance im Kampf gegen die Pandemie bedeuten. Denn die im Labor hergestellten monoklonalen Antikörper müssen früh nach der Infektion verabreicht werden, bevor der Körper zu stark selbst Antikörper produziert. Dieser Zeitpunkt ist bei einer Einweisung ins Krankenhaus aber oft schon überschritten.
Derzeit werden die Medikamente – egal ob stationär oder ambulant - noch als Infusion über einen Tropf verabreicht. Inzwischen sei dies aber auch als Kurzinfusion möglich, die in überschaubaren Zeiträumen gegeben werden kann, sagt der Infektiologe Christoph Spinner. Zudem würden derzeit Präparate zur Subkutan-Injektion - wie eine Insulinspritze - entwickelt. Die Verträglichkeit der einmalig zu verabreichenden Therapie sei sehr gut, so Spinner. "Relevante Nebenwirkungen sind äußerst selten."
Langfristig sei auch ein vorbeugender Einsatz der Antikörper-Therapie denkbar, etwa für chronisch kranke Menschen unmittelbar nach einem Kontakt mit Sars-CoV-2. Für solche prophylaktischen Anwendungen müsste allerdings noch der gesetzliche Rahmen angepasst werden.
Mit Material von dpa
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