El Niño wirkt sich zwar auf Bayern kaum aus, im Zuge der Klimakrise werden aber auch hier Starkregenereignisse wahrscheinlicher (Archivbild).
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El Niño wirkt sich zwar auf Bayern kaum aus, im Zuge der Klimakrise werden aber auch hier Starkregenereignisse wahrscheinlicher (Archivbild).

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El Niño hat begonnen: Was bedeutet das für Bayern?

El Niño hat begonnen: Was bedeutet das für Bayern?

Das Klimaphänomen El Niño stellt alle paar Jahre das Wetter der Welt auf den Kopf – nun hat es laut der US-Wetterbehörde NOAA wieder begonnen. Betroffen von El Niño ist vor allem die Südhalbkugel, aber auch für Bayern und Deutschland hat das Folgen.

Über dieses Thema berichtet: BR24 am .

Bereits seit Monaten hatten Experten mit El Niño gerechnet - nun hat es laut der US-amerikanischen Wetterbehörde NOAA ("National Oceanic and Atmospheric Administration") begonnen. Wie die die Wetterbehörde bekannt gab, waren im Mai alle Kriterien für das natürliche Wetterphänomen erfüllt.

Der Name "El Niño" stammt der Legende nach von Fischern aus Peru. Alle paar Jahre um Weihnachten herum merkten sie, dass das Meerwasser wärmer wurde und es weniger Fische gab. Sie nannten das Phänomen "El Niño de Navidad", also "Christkind".

Die verheerende Überraschung, die dieses Christkind etwa alle zwei bis sieben Jahre mit sich bringt: Starkregen, Wirbelstürme und Überschwemmungen nahe der Pazifikküste in Südamerika und noch mehr Dürren und Waldbrände auf der anderen Seite des Pazifiks, also vor allem in Australien und Indonesien. Statt Geschenken bringt El Niño de Navidad Naturkatastrophen.

US-Wetterbehörde NOAA: El Niño hat begonnen

Das Wetterphänomen El Niño tritt etwa alle zwei bis sieben Jahre auf - zuletzt in den Jahren 2018/2019. Bereits im September 2022 schrieb Klimaexperte Kevin Trenberth von der Universität Auckland, dass außergewöhnlich warme Tiefengewässer im tropischen Westpazifik das nächste El Niño-Ereignis 2023 andeuten würden. Dies könne zu globalen Temperaturrekorden führen, weil ein Teil der Meereswärme in die Atmosphäre abgegeben wird.

Anfang Juni gab die US-Wetterbehörde NOAA bekannt, dass El Niño jetzt begonnen hat: Die Bedingungen dafür sind erfüllt, wenn die Meerestemperaturen im Pazifischen Ozean nahe des Äquators einen Monat lang überdurchschnittlich erhöht sind, die Atmosphäre auf diese erhöhten Temperaturen reagiert und es Anzeichen dafür gibt, dass dieses Ereignis anhält. All dies traf für den Monat Mai zu: Die Ozeantemperatur war in allen untersuchten Regionen um mindestens 0,5 Grad Celsius wärmer als dies normalerweise der Fall wäre.

Wie stark El Niño ausfallen wird - unklar

Noch ist nicht absehbar, wie stark El Niño ausfallen wird. In den kommenden Monaten aber wird El Niño immer stärker, bis das Wetterphänomen seinen Höhepunkt im späten Herbst und frühen Winter auf der Nordhalbkugel erreicht. Die Prognosen der NOAA gehen derzeit von einem mittelmäßig starkem bis starkem El Niño aus. Je nachdem, wie stark das Phänomen ausgeprägt ist, gehen Extremwetter und Naturkatastrophen mit ihm einher: Starkregenfälle in einigen Regionen der Welt, Dürre in anderen.

Auch auf die Temperaturen hat El Niño Einfluss: Die Welt muss sich nach einer Prognose der Weltwetterorganisation (WMO) vom Mai 2023 wegen des Klimaphänomens El Niño bereits in diesem Jahr auf eine weitere Temperatursteigerung einstellen. Mit Blick auf 2024 und 2025 seien wegen El Niño sogar Temperaturrekorde zu befürchten, sagte WMO-Chef Petteri Taalas. Denn: "Die Entwicklung eines El Niño (...) erhöht die Wahrscheinlichkeit, dass Temperaturrekorde gebrochen werden", sagte Taalas.

Das Rekordjahr war 2016 mit einer globalen Durchschnittstemperatur von 1,3 Grad über dem Niveau von 1850 bis 1900. Das Jahr 2022 zählte auch wieder zu den sehr warmen Jahren.

Auch in den kommenden Jahren (2023 bis 2027) rechnet die WMO mit hohen Temperaturen. "Es besteht eine 98-prozentige Wahrscheinlichkeit, dass mindestens eines der nächsten fünf Jahre sowie der gesamte Fünfjahreszeitraum der wärmste seit Beginn der Aufzeichnungen sein wird", erklärte die WMO am 17. Mai. Die wärmsten acht Jahre, die jemals aufgezeichnet wurden, lagen alle zwischen 2015 und 2022. Laut der Prognose der WMO werden die Temperaturen aber noch weiter ansteigen, unter anderem wegen El Niño.

Was passiert bei El Niño?

Beim Phänomen El Niño werden die Passatwinde, die nach Westen über den tropischen Pazifik wehen, schwächer. Zugleich breitet sich das an der pazifischen Westküste vom Wind aufgestaute warme Wasser in Richtung Osten aus und erwärmt damit den tropischen Pazifik, teils bis an die südamerikanische Küste.

Diese Erwärmung muss stark genug sein und auch lange genug anhalten, damit aus einer warmen Strömung auch ein wirklicher El Niño wird.

Im Video: El Niño und La Niña - Wetteranomalien mit weltweiten Folgen

Überschwemmte Felder und Hütten am Solimoes Fluss - Amazonas. El Niño und La Niña bringen das Wetter entlang des tropischen Pazifiks durcheinander. Weil sich Luft- und Meeresströmungen ändern, kommt es weltweit zu Extremwetterlagen.
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El Niño und La Niña

Welche Folgen hat El Niño?

Entlang der Pazifikküste in Südamerika ist es normalerweise trocken. Die Atacama-Wüste erstreckt sich von Peru bis in den Norden Chiles über eine Distanz von 1.200 Kilometern. Tritt das El Niño-Phänomen auf, kommt es zu starken Regenfällen, Überschwemmungen und Orkanen. Das aufgeheizte Wasser enthält weniger Nährstoffe, weil Plankton abstirbt. Fische und andere Meeresbewohner haben nichts mehr zu fressen. Der Fischfang geht zurück und führt zu Hunger und Armut.

"Wenn die Winde schwächer werden oder gar einschlafen, dann erwärmt sich das Oberflächenwasser sehr deutlich. Warmes Wasser verdunstet dann und geht als Wasserdampf in die Atmosphäre. So kommt es zu starken Niederschlägen an den Küsten Südamerikas, teilweise mit verheerenden Folgen für die Bevölkerung", sagt der Geograph Michael Becht von der Katholischen Universität Eichstätt gegenüber dem Bayerischen Rundfunk

In Australien ist der Effekt genau andersherum: Dort klettern die Temperaturen auf Höchstwerte in den dortigen Sommermonaten Dezember, Januar und Februar. Die Folgen sind Dürren, Hitzetote und noch mehr Waldbrände als sonst. "Die Waldbrände sind auch auf den Klimawandel zurückzuführen, weil es immer heißer wird", erklärt Becht.

El Niño ist aber ein Phänomen, das mit dem Klimawandel erst einmal nichts zu tun hat, das gab es schon vorher. Ob der Klimawandel El Niño zusätzlich antreibt, darüber herrscht noch kein wissenschaftlicher Konsens. Das bestätigt der Meteorologe und Klimaforscher vom GEOMAR Mojib Latif.

Betrifft El Niño auch Deutschland?

El Niño wirkt sich vor allem auf der Südhalbkugel aus. Deutschland ist weit davon entfernt und deshalb kaum betroffen. In den Wintermonaten kann El Niño aber auch bei uns zu einer leichten, kaum messbaren Erwärmung führen.

Der Copernicus Climate Change Service meldete am 13. Dezember 2022: "Regionen am südlichen Rand Europas stehen am ehesten unter dem Einfluss von Winden mit Südkomponente, was die Wahrscheinlichkeit milder, nasser Bedingungen hier erhöht."

Wie ist die Situation in Bayern?

"El Niño spielt in Bayern eigentlich keine Rolle, der Klimawandel aber schon", sagt Becht: "Wenn ich die Temperatur im Mittel um ein Grad Celsius erhöhe, habe ich schon mal sieben Prozent mehr Wasserdampf, der als Regen irgendwann wieder auf die Erde fällt und mit diesem höheren Wasserdampfangebot in der Atmosphäre habe ich natürlich auch eine höhere Gefahr an Starkregenereignissen, die wir in Bayern zunehmend registrieren."

Ein weiterer Knackpunkt sind die langsamer werdenden Jetstreams. Das ist ein bandförmiger Westwindstrom, der in etwa zehn Kilometern Höhe Luft mit eigentlich hohen Geschwindigkeiten transportiert. Diese Winde schwächen sich ab, wenn es im Nordpolargebiet unverhältnismäßig warm wird. Die Folge: Wetterlagen bleiben über Tage oder sogar Wochen stabil: "Wenn es heiß ist, bleibt es heiß, wenn es regnet, hört es nicht mehr auf. Das ist unser eigentliches Problem", so Becht.

El Niño und seine weltweiten Folgen

Auswirkungen von El Niño zeigen sich nicht nur in Südamerika und Australien. Im Winterhalbjahr weiten sich die Folgen auch nach Norden aus in Richtung Pazifikküste der USA. Dort regnet es dann mehr als sonst. Das gilt auch für die Galapagosinseln, den Osten Afrikas und Südostchina. "Gleichzeitig regnet es im Süden Afrikas, im Nordosten Südamerikas bis zur Karibik, in Australien, Hinterindien, Indonesien und auf den Philippinen weniger als üblich", sagt Kristina Fröhlich vom Deutschen Wetterdienst (DWD).

"Obwohl die stärksten Auswirkungen von El Niño im Pazifik südlich des Äquators zu spüren sind, können sie prinzipiell Folgen für das Wetter auf der ganzen Welt haben, weil sie Hoch- und Tiefdrucksysteme, Winde und Niederschläge beeinflussen", erklären Klimaforscher der Columbia-Universität: "Da das wärmere Ozeanwasser überschüssige Energie - also Wärme - an die Atmosphäre abgibt, steigen in El-Niño-Phasen die globalen Temperaturen." El Niño kann also, zusammen mit dem Klimawandel, die Temperaturen künftig weiter in die Höhe treiben.

El Niño: Wetterphänomen verursacht weltweit Kosten in Billionenhöhe

Klimaexperte Harald Kunstmann von der Universität Augsburg weist darauf hin, dass Bayern und Deutschland auch bezüglich El Niño vom Geschehen in anderen Teilen der Welt abhängig sei. Insbesondere, wenn es zu Extremereignissen wie Stürmen komme, die zu Infrastrukturschäden und Einbußen in der weltweiten Nahrungsmittelproduktion führen können. Der Klimaexperte betont, dass diese Abhängigkeit durch den gesamten weltweiten Handel, die industrielle Vernetzung und das weltweite Versicherungswesen bedingt sei.

Forschende aus den USA untersuchten zuletzt die weitreichenden Auswirkungen des Wetterphänomens El Niño und stellten dabei fest, dass diese über bloße Wetterextreme hinausgehen. Die Kosten des Phänomens belaufen sich demnach auf mehrere Billionen Euro, wobei sowohl direkte Verluste durch Überflutungen und Dürren als auch der Einfluss auf das globale Wirtschaftswachstum und das Einkommen betroffener Menschen berücksichtigt wurden. Die Forschenden analysierten die Entwicklung des Bruttoinlandsprodukts pro Kopf für verschiedene Länder von 1960 bis 2019 und verglichen dies mit dem Auftreten von El Niño in den Jahren 1982/1983 und 1997/1998. Dabei stellten sie fest, dass die wirtschaftlichen Verluste in den fünf Jahren nach El Niño für diese Ereignisse 4,1 Billionen beziehungsweise 5,7 Billionen Dollar betrugen.

Besonders betroffen sind einkommensschwächere Länder in den Tropen, was zu verstärkten Ungleichheiten im Zusammenhang mit dem Klimawandel führt. Die Wissenschaftler prognostizieren zudem für den Zeitraum von 2020 bis 2099 einen weltweiten wirtschaftlichen Verlust von 84 Billionen Dollar und plädieren dafür, sowohl den Klimawandel zu bekämpfen als auch in die Vorhersage und Anpassung an El Niño zu investieren, um zukünftige Kosten zu reduzieren.

Für Bayern wichtig: Früh Auswirkung von El Niño kennen

Für Bayern und Deutschland jedenfalls ist es also besonders wichtig, die Auswirkungen von El Niño frühzeitig richtig einzuschätzen. "Dieses Wissen wird immer wichtiger, auch bei uns in Deutschland und in Bayern. Wenn ich besser weiß, was die kommenden Wochen und Monate bringen, dann kann sich die Land-, Forst- und Energiewirtschaft Monate im Voraus schon auf die Bedingungen einstellen", so Kunstmann.

Im Video: Unumkehrbare Folgen des Klimawandels

Eislandschaft in Grönland mit gleissender Sonne
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Unumkehrbare Folgen des Klimawandels

Dieser Artikel ist erstmals am 12. Januar 2023 auf BR24 erschienen. Das Thema ist weiterhin aktuell. Daher haben wir diesen Artikel aktualisiert und erneut publiziert.

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