Ein Klassenzimmer mit Arbeitsinseln, an denen Kinder sitzen und lernen.
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An der Eichendorffschule lernen die Kinder in Lernlaboren, bei denen sie sich ihre Aufgaben aussuchen dürfen.

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Erfolg im Lernlabor: Erlanger Schule für Schulpreis nominiert

Kein Gong, keine Hausaufgaben, kein Sitzenbleiben, aber Lernlabore – die Eichendorffschule in Erlangen ist anders als andere Schulen. Jeder Jugendliche soll hier eine Chance bekommen. Dafür ist die Mittelschule für den Deutschen Schulpreis nominiert.

Über dieses Thema berichtet: Frankenschau aktuell am .

Welche Farbe nehme ich heute: Blau, Schwarz oder Lila? Eine leichte, eine mittlere oder eine schwere Aufgabe? Im Mathematikunterricht dürfen die Schülerinnen und Schüler der Eichendorffschule in Erlangen entscheiden, was sie lernen wollen. "Je nachdem, wie man sich gerade fühlt, wo man das Gefühl hat, das kann ich", erklärt Nora. "An der Grundschule war es manchmal so, dass es zu schwer war oder zu leicht." Sie mag es, selbständig zu arbeiten, in ihrem Tempo. Das mag auch ihre Klassenkameradin Lena: "Ich finde, das geht hier ein bisschen leichter, weil ich mir hier die Zeit nehmen kann und in Ruhe arbeiten kann."

Mit jeder gelösten Aufgabe wächst Selbstbewusstsein

Wenn Nora und Lena Hilfe brauchen, gehen sie zum Tisch ihrer Lehrerin mitten im Klassenzimmer. Aber meistens versuchen sie, ihre Aufgaben eigenständig zu bewältigen, allein oder in der Gruppe. Und mit jeder geschafften Aufgabe wächst das Selbstbewusstsein: Ich kann ja doch Mathe! "Wir haben schon Kinder gehabt, die sind mit einer sechs aus der Grundschule gekommen", erinnert sich Gabriele Leykauf, die Koordinatorin des "Raums der Mathematik" an der Eichendorffschule. "Die abzuholen und aus ihnen Kinder zu machen, die gerne hier lernen, das ist das Besondere."

Viele Lösungen sind möglich

Dabei gilt die Devise: Viele Wege führen zum Ziel oder besser gesagt zur Lösung. Den einen Königsweg, ob in Mathe, Deutsch oder Englisch, den gibt es nicht – die Lehrkräfte an der Eichendorffschule akzeptieren die unterschiedlichsten Ansätze. Oberstes Ziel ist es, den Kindern und Jugendlichen Freude am Lernen zu vermitteln. Denn wer gerne lernt, verbessert sich.

Lernen nur in der Schule

Die Erlanger Eichendorffschule versteht sich als Lern- und Lebensort. Ganztagsunterricht ist selbstverständlich, eine zehnte Klasse für alle möglich, Sitzenbleiben ist abgeschafft, Hausaufgaben sind tabu. "Wir sourcen nichts aus ins Elternhaus", sagt Schulleiter Helmut Klemm, "weil die Elternhäuser oft nicht die Unterstützung geben können, die die Schülerinnen und Schüler brauchen." Und wenn es einem Kind schlecht geht, ob wegen Scheidung der Eltern, Krankheit, Tod oder der drohenden Abschiebung, dann kümmert das die Lehrkräfte. "Diese Dinge beeinflussen die Kinder enorm, und damit auch die Schule und ihr Lernen."

Schüler handeln Regeln aus

Auch so etwas wie Schulhausregeln und Sanktionen bei Verstößen gibt es an der Eichendorffschule nicht. Regeln handeln die Schülerinnen und Schüler miteinander aus, unterstützt von den Lehrkräften. Was wann für wen gilt, ist unterschiedlich. Schulleiter Helmut Klemm nennt ein Beispiel: "Bei den Fünftklässlern heißt es: Handys sind im Schließfach, und bei den Zehntklässlern gibt es eben definierte Räume und Zeiten zur Handynutzung, und für alle gilt dann wieder: Beim Essen ist das Handy weg."

Eichendorffschule nominiert für Deutschen Schulpreis

Toleranz, gegenseitiges Verständnis und individuelles Lernen – dass dieses Konzept nicht selbstverständlich ist, zeigt die Nominierung für den Deutschen Schulpreis 2023, den die Robert Bosch-Stiftung und die Heidehof-Stiftung ausgelobt haben. Ob die Erlanger Eichendorffschule ihn gewinnt, gibt Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier heute Mittag in Berlin bekannt.

Auch schwäbische Grundschule Jettingen-Scheppach nominiert

Die Konkurrenz ist groß: Insgesamt 15 Schulen aus ganz Deutschland sind nominiert, auch eine zweite Schule aus Bayern: Die Grundschule Jettingen-Scheppach im schwäbischen Landkreis Günzburg arbeitet seit ein paar Jahren an der digitalgestützten Unterrichtsgestaltung. Jedes Kind hat ein I-Pad und einen Apple-Pencil zur Verfügung, mit deren Hilfe es Aufgaben bearbeiten kann. Außerdem werden Themen fächerübergreifend behandelt. Ziel ist es laut Schulleiter Andreas Spatz, "das Beste aus der digitalen und der analogen Welt miteinander zu verbinden."

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