Auf einer Querdenker-Demonstration hät ein Mann ein Schild mit der Aufrschift "Wir bleiben ungeimpft".
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Katharina Nocun: "Gefahr von Homöopathie oft unterschätzt"

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Fake-News-Expertin Nocun: "Gefahr von Homöopathie unterschätzt"

Fake-News-Expertin Nocun: "Gefahr von Homöopathie unterschätzt"

Sind Homöopathie und Anthroposophie Verschlimmerer der Corona-Welle? Untersuchungen zeigen: Wer an die Wirksamkeit alternativer Heilmethoden glaubt, dessen Impfbereitschaft ist tendenziell geringer. Ein Einblick in die Gedankenwelt der Impfskeptiker.

Über dieses Thema berichtet: Possoch klärt am .

Die Impfquote in Deutschland hinkt im internationalen Vergleich nach wie vor hinterher. Im "Possoch klärt"-Interview (Video unten) erklärt Katharina Nocun, Autorin von "Fake Facts", inwieweit die Esoterik-Szene einen Einfluss auf die Impfskepsis hat. Nocun hat sich die Szene in Recherche für ihr neues Buch genauer angeschaut.

BR24: Die aktuell prominentesten Verschwörungstheorien befassen sich damit, dass der Corona-Impfstoff gesundheitsschädlich sei. Dabei ist auffällig, dass diese Theorien häufig aus der Esoterik-Szene stammen. Sind Esoteriker anfälliger für Verschwörungstheorien?

Katharina Nocun: Es gibt Überschneidungen im Denken zwischen einem esoterischen Weltbild und einem verschwörungsideologischen Weltbild. Bei beiden Weltbildern glaubt man, es gibt eine verborgene Wahrheit hinter den Dingen und man hat eine sogenannte dualistische Weltsicht. Das heißt, man teilt die Welt in Gut und Böse ein. Und in der Esoterik heißt es eben oft, es gebe Kräfte des Lichts und Kräfte des Dunkels, die im Verborgenen agieren. In beiden Weltbildern sieht man sich auch als eine Art erleuchtete Gruppe, die hinter die Kulissen blicken kann, während es Außenstehenden verborgen bleibt, was eigentlich in der Welt passiert.

Esoterik-Szene mit Verbindungen zum Rechtsextremismus

BR24: Auf Querdenker-Demonstrationen sieht man häufig Menschen mit Verbindungen zur Esoterik, aber auch Menschen mit rechtsradikalen Einstellungen. Inwiefern passt das zusammen?

Katharina Nocun: Wenn man sich mit diesem Milieu beschäftigt, stellt man fest: Es gab schon immer Querverbindungen. Es gab esoterische Gruppen, die Verschwörungserzählungen verbreitet haben, die auch rechtes Gedankengut verbreitet haben. Im Bereich Esoterik gibt es immer wieder Gruppierungen, die sich selbst nicht als Rechtsextreme sehen, die aber mehr oder weniger offen Geschichten von der angeblichen jüdischen Weltverschwörung erzählen, die angeblich hinter allem steckt. Hier muss man sagen, da befindet man sich ganz klar im rechtsextremen Milieu.

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Katharina Nocun

BR24: Teil der Esoterik-Szene ist die Lehre von Rudolf Steiner, die auch in Waldorf-Schulen und -Kindergärten vorgelebt wird. Weist Steiners Lehre ebenfalls Verbindungen zu rechtsextremistischem Gedankengut auf?

Katharina Nocun: Wir finden in Steiners Schriften zahlreiche rassistische Inhalte. Es gibt tatsächlich auch Publikationen, wo er davon spricht, dass schwarze Menschen eher triebgesteuert wären, dass weiße Menschen schwarzen Menschen auch überlegen wären. Wir finden dieses rassistische Weltbild auch in den ursprünglichen Schriften Steiners wieder. Und da ist natürlich die Frage: Setzen sich Gruppierungen, die eben heute noch auf Steiner setzen, angemessen mit diesen rassistischen Inhalten selbstkritisch auseinander? Distanzieren sie sich davon? Gibt es eine klare Ansage von unterschiedlichen Verbänden, dass so etwas an Schulen nichts zu suchen hat, dass man sich auch inhaltlich auf allen Ebenen davon distanziert? Das sehe ich momentan ehrlich gesagt nicht und das finde ich hoch problematisch.

Impfskepsis auch in Waldorf-Einrichtungen

BR24: Ist in den Waldorf-Einrichtungen denn auch eine Impfskepsis zu beobachten?

Katharina Nocun: Fakt ist, dass wir schon vor Corona immer wieder Masern-Ausbrüche lokal an unterschiedlichen Waldorfschulen in Deutschland gesehen haben. Das hängt damit zusammen, dass dort anscheinend der Anteil der geimpften Lehrerinnen und Lehrer und auch Schülerinnen und Schüler besonders niedrig war.

BR24: Wie kann man sich das erklären?

Katharina Nocun: Das hängt damit zusammen, dass es anthroposophische Ärzte gibt, die die Meinung vertreten, dass Kinder bestimmte Krankheiten durchmachen müssen, weil sie das in irgendeiner Weise spirituell weiterbringen würde. Wenn wir uns die Ideologie oder auch die esoterischen Überzeugungen hinter Waldorf anschauen, dann ist es eben so, dass man tatsächlich an so etwas wie eine Wiedergeburt glaubt. Man glaubt an so etwas wie Karma. Es gibt da diese Überzeugung, dass Krankheiten in irgendeiner Weise auch damit zu tun hätten, wie man sich im letzten Leben verhalten hat und dass Krankheiten als Form der Reinigung gesehen werden. Das kann natürlich brandgefährlich werden, wenn Eltern dann der Überzeugung sind, dass Kinder bestimmte Krankheiten durchmachen müssen, weil das sich in irgendeiner Weise positiv auf ihr karmisches Gleichgewicht auswirken würde.

Im Video: Homöopathie und Anthroposophie als Verschlimmerer der Corona-Welle? Possoch klärt!

BR24: Anthroposophische Ärzte setzen ja zum großen Teil auch auf homöopathische Medizin, die in Deutschland weit verbreitet ist und oft unkritisch angewendet wird. Ist das ein Problem?

Katharina Nocun: Die Gefahr von Homöopathie wird oft unterschätzt, indem man sagt: Naja, wem schadet das denn, wenn derjenige zwei, drei Zuckerkügelchen zum Einschlafen nimmt? Natürlich schadet das niemandem. Aber es ist schwierig zu beurteilen, wann dieser jemand irgendwann so sehr davon überzeugt ist, dass ihm das so sehr hilft, dass er bei schweren Erkrankungen dann eine normale Krebstherapie ausschlägt und weiter auf seine Zuckerkügelchen setzt.

BR24: Ist die Esoterik-Szene mitsamt der Homöopathie nun am Ende mit schuld an der niedrigen Impfquote in Deutschland?

Katharina Nocun: Man kann nicht sagen, es gibt den einen Grund, warum Menschen sich nicht impfen lassen. Es gibt ganz viele unterschiedliche Gründe. Und Verschwörungserzählungen sind natürlich nicht der einzige Grund. Es gibt ganz einfach auch Gründe wie beispielsweise keine Zeit, keine Gelegenheit und leichte Unsicherheit, die dazu führen, dass Menschen sich nicht impfen lassen. Da haben wir als Gesellschaft noch bei weitem nicht das ausgeschöpft, was man mit einer guten Impfkampagne leisten könnte.

BR24: Danke für das Gespräch.

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