Herbert Ratberger aus dem Landkreis München hat schon sehr lange seine Familiengeschichte erforscht. Und konnte einen weit verzweigten Stammbaum anlegen. Aber es blieben einige Lücken, die er auch mit intensiven Recherchen in Kirchenbüchern – den Vorgängern der Standesamts-Register – oder genealogischen Datenbanken nicht schließen konnte. "Drei Brüder meines Urgroßvaters sind nach Amerika ausgewandert, von denen wusste hier niemand mehr etwas", erzählt er.
Derselbe Name – aber sind wir verwandt?
Das Problem: Früher hatten viele Menschen denselben Namen, weil man sich auf wenige Vornamen beschränkte. Zudem trugen viele Familien denselben, regionaltypischen Namen. Und wenn jemand nach Amerika auswanderte, registrierten die Behörden dort im 19. Jahrhundert nur Name, Alter und Herkunftsland, sonst keine genaueren Daten. Eine Namensgleichheit ist also kein sicherer Hinweis, dass man tatsächlich verwandt ist.
Eine genealogische DNA-Analyse hingegen kann das belegen. Herbert Ratberger hat das probiert – mit Erfolg. Etliche "Verdachtsfälle" konnte er klären, und viele neue Verwandte finden. Wer diesen Weg wählt, muss jedoch zuerst lernen, was die Angaben zu DNA-Übereinstimmungen bedeuten. "Man muss sich da reindenken und muss natürlich schon einen gewissen Bestand haben in der Ahnenforschung, denn sonst bringt es nicht viel", sagt Ratberger.
Wie funktioniert die DNA-Analyse?
Wer die eigene Familie mittels DNA erforschen möchte, schickt zunächst eine Speichelprobe an einen entsprechenden Anbieter – hierzulande gibt es die Firmen "Ancestry" oder "MyHeritage". Dort wird nur drei Prozent der DNA analysiert, um typische Merkmale zu finden, die in Familien über Generationen weitervererbt werden.
Die Ergebnisse zeigen zunächst eine "Herkunftsschätzung" an. Diese sagt aber nur aus, wo die Vorfahren vor mehr als 1.000 Jahren wohl lebten. Weitere Angaben zu Regionen, in denen sie in den letzten 300 Jahren lebten, sind ein besserer Hinweis. Die Daten entstehen durch den Vergleich mit einer Referenzbevölkerung, also Menschen, die dort sehr lange ansässig waren.
Entscheidend für die Recherchen ist aber eigentlich nur die Liste der "DNA-Matches", das heißt, die Menschen, die von denselben Vorfahren dieselben DNA-Schnipsel geerbt haben wie man selbst. Viele sind allerdings sehr ferne Verwandte.
Auch Papierquellen verraten viel über den Stammbaum
Um herauszufinden, wo im Stammbaum sie ihren Platz haben – Cousine dritten Grades zum Beispiel – braucht man die klassischen "Papierquellen". Als Erstes sollte man also die Schubladen der eigenen Familie nach Dokumenten, Briefen und Fotoalben durchsuchen.
Klassische Quellen sind ansonsten Standesamtsregister und Kirchenbücher. Viele Archive stellen sie inzwischen, soweit der Datenschutz abgelaufen ist, ins Internet, und es gibt auch spezielle Datenbanken.
Wer Unterstützung braucht beim Einstieg in die Genealogie, besucht am besten einen der vielen regelmäßigen Familienforscher-Treffpunkte, die es in Altbayern und Schwaben (externer Link) genauso gibt wie in Franken (externer Link).
Und was ist mit dem Datenschutz?
Der genealogischen Datenbank ist es verboten, die DNA-Daten für andere Zwecke als die persönliche Ahnenforschung herauszugeben. Darüber hinaus ist kein Fall eines Datenlecks bekannt.
Wie viel man auf Genealogie-Portalen von sich selbst und den eigenen Vorfahren preisgeben möchte, kann man selbst entscheiden, indem man zum Beispiel ein Pseudonym wählt oder den eigenen Stammbaum nicht öffentlich zugänglich macht. Lebende Personen werden in der Regel jedoch ohnehin nicht angezeigt.
Suche nach Vorfahren: Wer ist mein Vater?
Natürlich kann man mittels DNA-Genealogie auch nach nahen Vorfahren suchen, etwa nach einem unbekannten Vater. Rolf Greßler aus der Oberpfalz hat das gemacht – mit Erfolg.
Wichtig ist die Möglichkeit der genealogischen DNA-Analyse auch für Kinder von Samenspendern oder Adoptierte, denen die Information über ihre Abstammung vorenthalten wurde oder wird. Eine Information, auf die sie heutzutage ein Anrecht haben. Sie werden in der Datenbank eines Anbieters selten gleich das gesuchte Elternteil finden – aber vielleicht dessen Familie. Dann müssen sie mittels klassischer Familienforschung weitersuchen. Es kann aber vielleicht ein paar Jahre dauern, bis die richtige Person ihre Speichelprobe einreicht.
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