Eine BR24-Nutzerin hat den #Faktenfuchs auf eine Behauptung über die Impfstoff-Zulassung aufmerksam gemacht, die über Messenger-Dienste und auch auf Corona-skeptischen Blogs verbreitet wird.
In dem Sharepic, einem Foto mit eingefügtem Text, das die BR24-Nutzerin entdeckt hatte, wird behauptet, dass die epidemische Lage in Deutschland verlängert wurde, da ohne diesen Zustand "der Impfstoff seine Notfallzulassung verliert und vom Markt genommen werden muss".
"Epidemische Lage von nationaler Tragweite" wurde verlängert
Richtig ist, dass in Deutschland eine "epidemische Lage von nationaler Tragweite" besteht. Die epidemische Lage wurde vom Bundestag erstmals am 25. März 2020 beschlossen. Seitdem wurde ihr Fortbestehen vom Bundestag viermal bestätigt, zuletzt am 11. Juni 2021 - für weitere drei Monate.
Die Behauptung, dass an das Fortbestehen der epidemischen Lage die Zulassung des Impfstoffes geknüpft ist, ist hingegen falsch. Alleine die Aussage, "der Impfstoff" habe eine Notfallzulassung, entspricht nicht den Tatsachen. Es gibt vier Impfstoffe, die zugelassen sind - jedoch nicht von Deutschland, sondern von der EU.
Impfstoffe mit "bedingter" EU-Zulassung - Nicht mit Notfallzulassung
Hierbei handelt es sich nicht um eine Notfallzulassung, sondern um eine sogenannte "conditional marketing authorisation", eine bedingte Zulassung. Laut der Europäischen Arzneimittelbehörde EMA ist das eine Zulassung mit Auflagen. So gelten etwa strengere Überwachungsverfahren für die Produktion.
Auch ist festgelegt, bis wann der Hersteller welche Daten an die EMA liefern muss, wie exemplarisch etwa dieser Beurteilungsbericht zum Impfstoff von Biontech/Pfizer zeigt. Darüber hinaus gibt es "risk management"-Pläne, in denen mögliche Risiken und Unsicherheiten analysiert werden, sowie monatliche Sicherheits-Updates.
Bedingte Zulassung kann verlängert werden
Bei einer Notfallzulassung wäre dies nicht möglich, wie die EMA betont. "Die bedingte Marktzulassung stellt sicher, dass alle Pharmakovigilanz (Analyse von Nebenwirkungen, Anm. d. Red.), Herstellerkontrollen einschließlich Chargenkontrollen für Impfstoffe und andere Verpflichtungen nach der Zulassung rechtsverbindlich sind und von den wissenschaftlichen Ausschüssen der EMA kontinuierlich bewertet werden, und dass erforderlichenfalls regulatorische Maßnahmen ergriffen werden können."
Die bedingte Zulassung ist für ein Jahr gültig. Bislang sei noch keine Zulassung für Corona-Impfstoffe verlängert worden, schreibt eine Sprecherin der EMA dem #Faktenfuchs. Sie gehe davon aus, dass die Hersteller zeitnah entsprechende Anträge einreichten - die Verlängerung ist ab sechs Monaten vor Ablauf möglich. Grundvoraussetzung für eine Verlängerung sei, dass der Nutzen weiterhin die Risiken überwiege.
Bundespolitische Entscheidungen beeinflussen Zulassung nicht
Politische Entscheidungen auf nationaler Ebene seien für die Zulassung eines Impfstoffs hingegen nicht relevant, teilt die EMA-Sprecherin dem #Faktenfuchs schriftlich mit: "Eine Veränderung der epidemiologischen Lage in Deutschland hat auf den Zulassungsstatus dieser Impfstoffe keinen Einfluss." Die Sprecherin betont: "Zulassungsentscheidungen werden auf der Grundlage von wissenschaftlichen Daten vorgenommen. Politische Faktoren spielen dabei keine Rolle."
Gleichwohl, schreibt die EMA-Sprecherin, werde der Einsatz der Impfstoffe auf nationaler Ebene entschieden. Dies zeigte sich etwa, als sich im Frühjahr manche Länder, darunter Deutschland, entschieden hätten, Impfungen mit Astrazeneca auszusetzen.
Fazit
Die Behauptung, dass die "epidemische Lage von nationaler Tragweite" in Deutschland Auswirkungen auf die Zulassung der Corona-Impfstoffe habe, ist falsch. Die Impfstoffe sind von der EU mit einer "bedingten Marktzulassung" freigegeben, nationale politische Entscheidungen haben auf die Zulassung keine Auswirkung. Bei einer bedingten Zulassung handelt es sich darüber hinaus nicht um eine Notfallzulassung, wie fälschlicherweise oft behauptet wird.
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