Dass Kinder an einer Leberentzündung erkranken, kommt normalerweise extrem selten vor. Experten ist deshalb unklar, wieso es seit Anfang April 2022 weltweit zu einer Häufung von Hepatitis-Fällen vor allem bei Kindern zwischen drei und fünf Jahren kommt. Zwei neue Studien, könnten jetzt der Ursachenforschung ein Stück näher gekommen sein.
AAV2-Viren und Genmutation mögliche Ursache
Sowohl bei der kleineren Studie der University of Glasgow als auch bei einer größeren Untersuchung am University College London konnten Wissenschaftler bei fast allen Kindern, die an einer Hepatitis mit unbekannter Ursache erkrankt waren, das sogenannte Adeno-assoziierte Virus AAV2 nachweisen.
Das Problem ist allerdings: AAV2-Viren können alleine keine Zellen infizieren. Sie sind dafür auf andere Viren angewiesen. Meist auf Adenoviren, die schon länger im Verdacht stehen, bei den mysteriösen Hepatitis-Infektionen eine Rolle zu spielen. Oder auf Herpesviren, wie die Wissenschaftler in ihren Untersuchungen schreiben.
Auch eine genetische Disposition der Kinder könnte die unklare Hepatitis-Erkrankung begünstigen. Beide Teams fanden heraus, dass eine bestimmte Mutation eines Gens zur Immunabwehr bei den kranken Kindern besonders häufig auftrat.
Wissenschaftler halten weitere Forschungen für nötig
Noch sind die beiden Studien nur als Preprint erschienen und müssen daher noch von unabhängigen Wissenschaftlern begutachtet werden. Deirdre Kelly, Professorin für pädiatrische Hepatologie an der University of Birmingham, kommentiert die Studienergebnisse laut "Science Media Center" zuversichtlich: "Es sieht aus, als wäre die Ko-Infektion der Schlüssel zum Verständnis dieser Hepatitis-Fälle."
Die Wissenschaftlerin stellt jedoch gleichzeitig klar: "Aber es ist noch nicht klar, weshalb einige Kinder so schwer erkranken, dass sie eine Transplantation benötigen. Könnte noch ein Virus beteiligt sein?" Um das festzustellen brauche es – auch nach Ansicht der Studienautoren – noch weitere Untersuchungen.
Zahlen der WHO und Situation in Deutschland
Laut WHO gab es bis 12. Juli 2022 über 1.000 Verdachtsfälle der ungeklärten Hepatitis bei Kindern. Knapp die Hälfte der erkrankten Kinder - 48 Prozent - lebt laut der Statistik in Europa. Bisher traten Fälle in 35 Ländern auf. Insgesamt hätten fünf Prozent der Erkrankten, also 46 Kinder, ein Spenderorgan transplantiert bekommen müssen und 22 Kinder seien bislang an der Erkrankung gestorben, so die WHO.
In den pädiatrischen Leberzentren in Deutschland wurden laut Robert Koch-Institut (RKI) "bisher keine Signale eines Anstiegs der Fallzahlen" von akuter Hepatitis unbekannter Ursache bei Kindern "über das übliche Hintergrundgeschehen hinaus verzeichnet", wie es auf der Internetseite des Instituts dazu heißt.
Woran erkenne ich Hepatitis bei meinem Kind?
Nach derzeitigem Kenntnisstand waren die meisten der jetzt an Hepatitis erkrankten Kinder vorher gesund. Die ersten Symptome bei einer Erkrankung waren Bauchschmerzen, Durchfall, Erbrechen und Gelbsucht.
Experten raten Eltern bei folgenden Auffälligkeiten zum Arzt zu gehen:
- bei einer Gelbfärbung der Augen,
- wenn der Urin dunkel und der Stuhlgang grau wird.
Außerdem können Abgeschlagenheit und eine reduzierte Belastbarkeit Symptome einer möglichen Leberschädigung sein. Weitere Anzeichen einer Leberschädigung können gehäufte blaue Flecken und unklarer Juckreiz sein. Treten diese Symptome auf, sollten Eltern mit ihrem Kind ebenfalls zum Arzt gehen.
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