In einer Untersuchung aus Montreal nahmen sich Forschende fast 40.000 Fälle von Herzstillstand vor, die in den USA und Kanada zwischen 2005 und 2015 außerhalb von Krankenhauseinrichtungen eintraten. Das zunächst einmal positive Ergebnis: In über 60 Prozent der Fälle leistete eine anwesende Person Erste Hilfe durch Herzdruckmassage.
Herzdruckmassage im Notfall: Männer im Vorteil
Allerdings zeigt die Statistik, dass Männer mit einer Wahrscheinlichkeit von 68 Prozent Erste Hilfe erhielten, Frauen nur in 61 Prozent der Fälle. Das bezeichnen die Studienautorinnen und -autoren als durchaus signifikanten Unterschied.
Die Ergebnisse der Studie, die am 18. September 2023 auf dem Europäischen Kongress für Notfallmedizin vorgestellt wurden, verdeutlichen jedoch auch: Ältere Menschen, vor allem ältere Männer, erhalten in privater Umgebung seltener eine Herz-Lungen-Wiederbelebung. Mit jedem Anstieg des Alters um zehn Jahre sank für Männer die Wahrscheinlichkeit, bei einem Herzstillstand eine HLW (Herz-Lungen-Wiederbelebung) zu erhalten, um etwa neun Prozent. Bei Frauen verringerte sich der entsprechende Wert lediglich um etwa drei Prozent.
Schamgefühl bei Erster Hilfe für Frauen?
Über die Gründe für diese unterschiedlichen Ergebnisse können die Forschenden nur spekulieren. Die Studienautorinnen und -autoren vermuten, dass die geringere Rate an Herzdruckmassagen bei Frauen in der Öffentlichkeit auf die Angst der Umstehenden zurückzuführen sei, Frauen zu verletzen oder auch nur zu berühren. Zweitens könne hier auch zum Tragen kommen, dass es unwahrscheinlicher sei, dass eine Frau überhaupt einen Herzstillstand erleide.
Auch laut dem Vorsitzenden der Arbeitsgemeinschaften der Notärzte Deutschlands, Florian Reifferscheid, sind die genauen Ursachen ungewiss: "Vermutlich könnte es an so etwas liegen wie einem Schamgefühl, einer Scheu, hier irgendwie eine Grenze zu überschreiten. Man muss ja den Brustkorb freilegen. Vielleicht ist man deswegen etwas zurückhaltender, als man das vielleicht bei Männern sein würde", sagt Reifferscheid.
Erste Hilfe: So sollten Sie vorgehen
Erfreulich sei hingegen, dass in Deutschland immer mehr Menschen von Umstehenden erfolgreich reanimiert werden. Die ersten Schritte dabei beschreibt Florian Reifferscheid wie folgt: Wisse man in einem Erste-Hilfe-Szenario, was zu tun sei, solle man andere Passanten bitten, den Notarzt zu rufen, und sofort mit den Erste-Hilfe-Maßnahmen beginnen. Sei man sich unsicher, einfach die 112 wählen. Die Rettungsleitstelle könne einem dann Anweisungen geben, sagt der Notarzt.
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Auch für den genaueren Ablauf der Reanimation gibt Reifferscheid Tipps: Zunächst sei es wichtig, Ruhe zu bewahren. Dann die Atmung des Patienten prüfen und einen Notruf absetzen: "Ist die Atmung normal, untersuchen Sie ihn weiter, ist die Atmung nicht normal, und der Patient reagiert nicht auf Ansprache, dann beginnen Sie mit der Herzdruckmassage. Da können Sie eigentlich nichts falsch machen. Es kann nicht schlimmer werden, als es schon ist", sagt der Notarzt. Der korrekte Druckpunkt für die Massage befinde sich in der unteren Hälfte des Brustbeins, zwischen den Brustwarzen. Mit beiden Handballen etwa fünf bis sechs Zentimeter tief drücken, mit einer Frequenz von 100 bis 120 Kompressionen pro Minute.
Hilfe in der Nähe rufen per Ersthelfer-App
Nicht nur per Telefon, sondern auch per App kann mittlerweile Hilfe angefordert werden, und zwar nicht nur von Profis. Bei sogenannten Ersthelfer-Apps (zum Beispiel "corhelper" oder "First AED") können sich Nutzerinnen und Nutzer anmelden, die sich als Ersthelfer engagieren möchten. Im Falle eines Notfalls in der Nähe des Standortes der betreffenden Person sendet die App eine Benachrichtigung mit Informationen zum Notfall und navigiert die oder den freiwilligen Ersthelfer zur Einsatzstelle. Das große Manko: Aufgrund der Bandbreite an App-Anbietern ist die Uneinheitlichkeit deutschlandweit noch ein Problem. Auch Florian Reifferscheid wünscht sich, dass diese Apps bald besser miteinander kompatibel sind.
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