"Es ist mit Abstand eines der größten Erlebnisse der gesamten Schullaufbahn", schwärmt Niklas. Der Elftklässler meint damit nicht das letzte Sommerfest, sondern die einwöchige Klassenfahrt in die Berge, die er in der sechsten Klasse unternommen hat. "Das Skilager ist definitiv was ganz Tolles, weil man die Klassengemeinschaft stärken kann, man kann wirklich was erleben." Und auch Emils Augen werden groß, wenn er sich an die Fahrt erinnert: "Das 'Direkt-auf-die-Piste-Gehen' am frühen Morgen, als Erster drauf sein. Super Erlebnis!"
Skilager sind Tradition
Niklas und Emil sind Schülersprecher am städtischen Willi-Graf-Gymnasium in München. Hier haben die Skilager Tradition, sagt Dominik Blanz. Der Schulleiter will unbedingt an den Klassenfahrten festhalten – auch weil sie im Lehrplan vorgesehen sind. Das Gemeinschaftserlebnis, wenn zwei Klassen mit dem Bus in die Wildschönau nach Österreich fahren und dort eine große Hütte beziehen, sei einmalig. Das gemeinsame Skifahren und die Abende dort vergesse man nicht.
Als Rektor einer Umweltschule kennt Blanz aber auch die Gegenargumente. "Man muss das ins Verhältnis bringen zu Kritikpunkten: Klimawandel, Schneemangel, finanzieller Aufwand. Aber wir sind nach wie vor der Meinung, dass dieser Erlebniswert diese kleinen Kröten, die man schlucken muss, absolut rechtfertigt."
Zahl der Fahrten geht zurück
Statistiken dazu, wie viele Klassen in Bayern noch ins Skilager fahren, gibt es nicht. Beim Deutschen Lehrerverband stellt man aber fest, dass die Zahl der Fahrten zurückgeht. Besonders dramatisch ist der Einbruch an den Mittelschulen. Der Verband schätzt, dass hier nur noch 10 bis 15 Prozent Skikurse anbieten. An den Realschulen fährt noch ungefähr ein Drittel ins Skilager. An den Gymnasien sind es schätzungsweise zwei Drittel.
Umweltverband sieht Skilager skeptisch
Die Zahlen decken sich mit den Beobachtungen von Günther Felbinger, dem Präsidenten des Deutschen Sportlehrerverbandes, Landesverband Bayern. Eine Ursache für den Rückgang seien die Vorbehalte der Eltern, die sich ein Skilager in Zeiten des Klimawandels nicht mehr vorstellen könnten. Auch der BUND Naturschutz hält Skilager nicht mehr für zeitgemäß, sagt der Pressesprecher des Landesverbands Bayern, Felix Hälbich. Er sei selbst begeisterter Skifahrer gewesen. Der Sport habe aber in den Alpen keine Zukunft mehr. "Und deswegen sagen wir, wir brauchen auch keine Skilager in den bayerischen Schulen."
Schulleiter Blanz und Sportlehrer Felbinger argumentieren dagegen: So lange noch einigermaßen Schnee in den Alpen liegt und die Kinder CO2-arm mit dem Bus dorthin fahren, sollten die Skilager weiterhin stattfinden. Denn das Erleben der Natur und der Gemeinschaft seien einmalig. Und noch eins ist Felbinger wichtig: Die Kinder würden beim Skifahren motorische Fähigkeiten entwickeln, die im normalen Sportunterricht nicht gefördert würden. Manche würden dabei ganz neue Talente entdecken.
Alternativen zum Skifahren
Vor dem Hintergrund des Klimawandels kann Felbinger sich aber auch vorstellen, dass die Schulen in Zukunft häufiger Wintersportwochen ohne Skifahren anbieten. Eine Idee, für die sich auch Felix Hälbich vom BUND Naturschutz erwärmen kann. Man könne wandern gehen oder auch Eislaufen. "Natürlich müssen sich auch die Kinder und Jugendlichen, wenn es kalt ist, draußen bewegen und nicht einfach in der Stube hocken. Aber es muss nicht unbedingt das Skifahren sein."
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