Kurz vor den Sommerferien beginnt für etliche Lehrkräfte an Bayerns Schulen das große Zittern: An welchem Einsatzort geht es für sie nach den Ferien weiter? Vor allem angehende Lehrkräfte sind von Versetzungen betroffen: Häufig müssen sie für ihr Referendariat oder die erste Stelle umziehen – oft mehrfach. Unmut von Seiten der Lehrkräfte gibt es auch darüber, dass der Dienstort zu kurzfristig bekannt gegeben werde.
Referendariat: Umzug wegen Einsatzort in der Kritik
So ging es auch dem Referendar Martin aus Regensburg, der anonym bleiben möchte. "Ich habe in Regensburg studiert und habe hier Schulfreunde und Familie – mein ganzes Umfeld ist quasi hier. Ich wurde dann für das Referendariat erstmal anderthalb Stunden in den Süden versetzt. Natürlich gegen meinen Wunsch. Die Nachricht kam Anfang August – für einen Umzug im September", kritisiert der angehende Lehrer.
Für das zweite Halbjahr des Referendariats sei er dann nach Bamberg versetzt worden, das etwa anderthalb Stunden nördlich von Regensburg liegt. Die Ausbildung zum Lehrer am Gymnasium hat sich Martin anders vorgestellt.
Lehrer in Bayern: kurzfristige Versetzungen
Die Jobchancen (externer Link) für Gymnasiallehrer sind aktuell und auch in Zukunft gut: Lehrkräfte werden dringend gebraucht. Den Dienstort können sie sich trotzdem nicht immer aussuchen. Angehende Lehrer treten in Bayern nach dem ersten Staatsexamen das zweijährige Referendariat an.
"Referendarinnen und Referendare werden in den vier Ausbildungshalbjahren oft quer durch Bayern geschickt. Da gibt es keine Garantie, dass man am selben Ort bleibt. Im Gegenteil: Da kommen meist noch neue Zuweisungen. Die Fristen sind schon sehr kurz, wir reden hier von drei bis fünf Wochen", bedauert auch Alexander Steenpaß vom Bayerischen Philologenverband.
Kurzfristige Versetzungen: Bürokratie und Lehrermangel
Die Versetzungen sind aber auch Folge des Lehrermangels. Immer mehr Lehrkräfte gehen in Pension. Je nach Unterrichtsfach und Region herrscht entweder Lehrermangel oder ein Überangebot an Lehrkräften. Das ist ein Grund, warum die Lehrer auf verschiedene Dienstorte, fernab ihres Wunschortes, verteilt werden.
"Neben den regulären Einstellungs- und Versetzungsverfahren erfordern unvorhergesehene Ereignisse, wie beispielsweise kurzfristige Absagen, zahlreiche Nachjustierungen", heißt es vom Bayerischen Kultusministerium auf BR-Anfrage.
Lehrermangel in Bayern: Referendare müssen häufig umziehen
Organisationsbedingt hängt es von der Schulart ab, wann die Lehrkraft erfährt, wo sie unterrichtet. Grundschulen sind über die Einschreibung im März vergleichsweise früh darüber informiert, wie viele neue Kinder an welchen Schulen anfangen. Zudem arbeiten die Lehrerinnen und Lehrer dort zum überwiegenden Teil als Klassenkräfte, nicht als Fachlehrer.
Mittel- und Realschulen oder Gymnasien erfahren hingegen erst im Mai, wie viele neue Schülerinnen und Schüler jeweils zu erwarten sind. Erst dann beginnen sie mit der Personalplanung. Ganz am Ende sämtlicher Informationsketten stehen die Anwärter für das Gymnasium.
Referendariat in Bayern: Ortswünsche werden selten berücksichtigt
Als angehende Lehrkraft kann man drei Ortswünsche angeben. Das hat auch Referendar Martin gemacht. Nur höre die Ortswünsche im Kultusministerium wohl niemand, so seine Kritik. Alexander Steenpaß hält auch den damit verbundenen analogen Papierkram für eine Zumutung. Auch, was den Umzug angeht, bekomme man wenig Unterstützung. Bei Lehrerinnen und Lehrern mit Kindern, Ehepartnern oder pflegebedürftigen Angehörigen würden die Ortswünsche jedoch stärker berücksichtigt.
An dem Verfahren will man trotz der Kritik festhalten, teilt das Kultusministerium auf BR-Anfrage mit: "Das Staatsministerium vertraut auch weiterhin auf dieses bewährte Einstellungs- und Versetzungsverfahren, welches auch von der Personalvertretung unterstützt wird. Selbstverständlich wurde und wird dieses Verfahren zur weiteren Optimierung einer wiederkehrenden Reflexion unterzogen."
"Persönliche Opfer" für Lehrerberuf
Referendar Martin hat seine Konsequenzen gezogen: Wenn er nicht in seine Heimatgegend zurückkehren darf, möchte er sich nach dem Referendariat eine Stelle als Mathematiker suchen. "Ich liebe es, zu unterrichten und ich finde das Referendariat nun wirklich nicht so schlimm, wie viele immer behaupten. Aber die persönlichen Opfer, die damit verbunden sind, schon: Ich bin auch noch Privatmensch, nicht nur Lehrer", begründet er seine Entscheidung.
Anna, eine mittlerweile verbeamtete Grundschullehrerin, die auch anonym bleiben möchte, kann das verstehen. Auch sie musste für ihre Stelle umziehen. Seit Jahren versucht Anna, sich in ihre Heimatregion zurückversetzen zu lassen: "Es ist halt jedes Mal kurz vor den Sommerferien die Frage: 'Muss ich einen Umzug organisieren und wann geht es zurück nach Hause?'"
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