Wenn es um außerirdisches Leben innerhalb unseres Sonnensystems geht, gibt es durchaus Anlaufstellen jenseits des Planeten Mars: den Jupitermond Europa zum Beispiel. Und als wäre das nicht genug, haben Forscher nun herausgefunden, dass er wahrscheinlich auch noch im Dunkeln leuchtet. Über ihre Laborversuche und die Bedeutung für künftige Missionen zu Europa berichten Murthy Gudipati vom Jet Propulsion Laboratory der US-Weltraumorganisation NASA und seine Kollegen im Fachmagazin „Nature Astronomy“.
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Der Jupitermond Europa ist einer der spannendsten Monde im Sonnensystem
Europa ist einer der vier sogenannten Galileischen Monde, die größten vier Jupitermonde, die von Galileo Galilei im Jahr 1610 erstmals mit einem Fernrohr beobachtet wurden. Insgesamt bringt es Jupiter, der größte Planet im Sonnensystem, nach derzeitigem Wissensstand auf 79 Trabanten. Europa ist etwas kleiner als der irdische Mond und benötigt für einen fast kreisrunden Umlauf um Jupiter etwa dreieinhalb Tage.
Flüssiger Wasserozean unter dickem Eispanzer
Ein dicker, durchfurchter Eispanzer bedeckt seine Oberfläche, doch darunter verbirgt sich ein Ozean aus flüssigem Wasser. Angesichts der Tatsache, dass Europas durchschnittliche Temperatur am Äquator lauschige minus 160 Grad Celsius beträgt, mag das erstaunlich erscheinen. Aber Wissenschaftler sind sich fast sicher, dass es die Gezeitenkräfte des Jupiters sind, die den Mond quasi von innen aufheizen und somit eine Energiequelle darstellen. Nun haben Forscher zwar keine Ahnung, was die Startbedingungen für das Leben sind, insbesondere für außerirdisches Leben. Auch bei Europa gibt es derzeit keinerlei Hinweise irgendwelcher Art.
Wasser als Voraussetzung für Habitabilität
Aber flüssiges Wasser ist wohl das Mindeste, was man bräuchte. Deshalb ist Europa im Fokus der Forscher, genau wie beispielsweise der Saturnmond Enceladus, der wohl auch einen Wasserozean unter seiner Oberfläche verbirgt. Dazu kommt noch, dass der Ozean mit Europas steinigen Inneren darunter im Austausch stehen könnte. Das könnte für ein chemisches Ungleichgewicht sorgen, dadurch könnten interessante chemische Reaktionen stattfinden. Wohlgemerkt: Ungleichgewicht ist nicht gleich Leben, aber Leben ist immer Ungleichgewicht.
Europa Clipper mit Kurs auf Europa
Das ist alles sehr viel Konjunktiv, aber das ist genau einer der Gründe, warum die NASA noch in diesem Jahrzehnt die Mission Europa Clipper auf den Weg bringen möchte. Dabei soll sich eine mit mehreren Instrumenten ausgestattete Sonde in eine Umlaufbahn von Jupiter begeben und von dort aus Europa bei Dutzenden Vorbeiflügen genauer unter die Lupe nehmen.
Wassereis leuchtet im Dunkeln – wenn man es mit Elektronen beschießt
Wie das Team um Murthy Gudipati nun beschreibt, könnte Europa Clipper dabei ein ziemlich einzigartiges Phänomen im Sonnensystem beobachten: Der Jupitermond leuchtet im Dunkeln. Europa befindet sich aufgrund der großen Nähe zu Jupiter mitten in seiner Magnetosphäre. Das heißt, dass der kleine Mond ständig von hochenergetischen geladenen Teilchen bombardiert wird, unter anderem Elektronen, negativ geladenen Elementarteilchen. Mithilfe von Wassereis im Labor stellten Gudipati und seine Kollegen diesen Effekt nach. So konnten sie beobachten, dass daraufhin das Eis eine Art grünliches Licht aussendete. Der fachliche Ausdruck dafür ist elektronen-stimulierte Lumineszenz. Dieser Effekt war für das menschliche Auge am stärksten sichtbar, sobald die Forscher das Licht im Gang ausschalteten.
Das Eisleuchten des Jupitermondes
Natürlich können wir Europa bereits mit einem einfachen Fernglas selbst beobachten und werden den Mond als kleinen, hellen Punkt erkennen können. Dabei handelt es sich allerdings um reflektiertes Sonnenlicht. Der nun beobachtete Leuchteffekt wird davon völlig verdeckt. Deshalb lässt er sich wohl am besten auf der sonnenabgewandten Seite aus der Nähe beobachten, beispielsweise von Europa Clipper.
Leuchteffekt liefert Hinweise über die chemische Zusammensetzung
Je nachdem, womit das Wassereis im Labor angereichert war, beispielsweise mit Kochsalz, war das Eisleuchten unterschiedlich stark ausgeprägt. Damit eröffnet sich eine Möglichkeit, etwas über die chemische Zusammensetzung der Oberfläche des Jupitermondes herauszufinden. Dunkle Bereiche auf Europa sollten eher auf natrium- und chlorhaltige Regionen hindeuten, helle Bereiche hingegen eher auf Magnesium und Sulfate.
Außerdem könnten diese Erkenntnisse sogar Hinweise auf den Wasserozean unter dem Eispanzer liefern. Denn die Oberfläche und der darunterliegende Ozean könnten zumindest auf geologischen, das heißt sehr langen, Zeitskalen miteinander in Austausch stehen. Somit könnte die Oberfläche Hinweise darauf liefern, wie salzig der Ozean darunter ist.
Die Mission Europa Clipper könnte das Eisleuchten beobachten
Und somit könnte Europas Eisleuchten neben hoffentlich hübschen Aufnahmen auch noch für handfeste wissenschaftliche Erkenntnisse sorgen. Derzeit ist der Start von Europa Clipper für 2024 geplant, nach rund sechs Jahren im Sonnensystem soll die Sonde dann bei Jupiter und seinem Mond Europa ankommen.
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