In Zeiten von Corona ist Toilettenpapier zur Mangelware geworden. In den Sozialen Medien kursieren zahlreiche Gags über das zum Luxusgut avancierten Reinigungspapier. Doch die Menschen wissen sich zu helfen: Immer häufiger landen Ersatzprodukte wie Feucht-, Küchen- oder Kosmetiktücher in den Toiletten - sehr zum Leidwesen der Abwasserbetriebe. Sie schlagen nun Alarm.
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Reinigungstücher können zum Ausfall des Abwassersystems führen
"Die Pumpen in unseren Pumpwerken können diese Stoffe nicht transportieren. Es kann zu Ausfällen im gesamten System kommen", sagt Jochen Meissner, Abteilungsleiter Stadtentwässerung und Wasserbau in der Neu-Ulmer Stadtverwaltung. Er warnt daher eindringlich davor, andere Produkte als Toilettenpapier in Toiletten hinunterzuspülen. Auch für die Kläranlagen werden die Ersatzprodukte zum Problem: Sie stören den Sauerstoffaustausch im Reinigungsprozess. Dies führe dazu, dass die Anlagen nicht mehr die volle Reinigungsleistung erbringen könnten, heißt es in einer Mitteilung auf der Internetseite der Stadt Neu-Ulm.
Warum in die Toiletten nur Toilettenpapier gehört
Aber nicht nur die öffentlichen Abwasserrohre sind durch die falsch verwendeten Tücher gefährdet. Auch die Rohre in den privaten Haushalten können durch die unsachgemäß entsorgten Tücher verstopfen. Oftmals hilft dann nur noch eine teure Fachfirma, geben die Stadtwerke in Neu-Ulm zu bedenken.
In Toiletten gehöre nur Toilettenpapier, warnt auch das Umweltbundesamt (UBA). Im Gegensatz zu Küchen- oder Taschentüchern, die sogar einen Waschgang in der Waschmaschine überstehen könnten, sei herkömmliches Toilettenpapier darauf ausgelegt, sich schnell zu "zerfasern" und aufzulösen, erklärt das UBA.
Was nicht in die Toilette gehört
Feucht- und Taschentücher: Sie gehören ebenso wenig in die Toilette wie Küchentücher, Tampons, Slipeinlagen, Wattestäbchen, Zigarettenkippen, Kondome oder Verbände. Sollten sie es überhaupt bis zur Kläranlage geschafft und nicht schon im privaten Haushalt zu einer Rohr-Verstopfung geführt haben, müssen sie mit Rechen und Sieben aufwendig aus dem Abwasser entfernt, gesammelt und in der Regel anschließend verbrannt werden. Das ist teuer und die Kosten dafür zahlen wir alle über den Abwasserpreis. Bei Taschentüchern und Küchenrollen kommt noch hinzu, dass sie mit Chemikalien hergestellt werden, die sie auch bei Nässe reißfest machen sollen. Diese sogenannten Nassfestmittel auf Basis von Polyamid-Epichlorhydrinharzen sind biologisch schwer abbaubar.
Küchenabfälle und Essensreste: Auch sie haben im Abwasser nichts zu suchen – sie locken Ratten an, warnt das UBA. Ebenso wenig sollten Öle und Fette über die Toilette entsorgt werden, denn sie verschmutzen die Abwasseranlagen. Deren Reinigung ist ebenfalls aufwendig und teuer. Küchenabfälle und Essensreste sind über den Haus- oder Biomüll zu entsorgen.
Medikamente gehören ebenfalls nicht in die Toilette. Die Entsorgung von Medikamenten über die Toilette oder den Ausguss ist besonders gefährlich, weil auch eine Kläranlage nicht alle Medikamentenreste beseitigen kann. Die Folge: Sie gelangen in die Umwelt, insbesondere in die Gewässer und führen zu Schäden bei Wassertieren. So wurde zum Beispiel eine Verweiblichung von männlichen Fischen beobachtet, die in Kontakt mit hormonell wirksamen Arzneistoffen gekommen waren. Wenn möglich sollten Medikamente - wie auch Drogen - sachgerecht über die Apotheke als Sondermüll entsorgt werden. Ist das nicht möglich, müssen sie über den Hausmüll entsorgt werden.
Farben, Lacke und Lösungsmittel können sogar die Bausubstanz und Technik öffentlicher Abwasseranlagen angreifen und gehören daher ebenfalls nicht in die Toilette. Außerdem enthalten sie häufig Substanzen, die für die Mikroorganismen im Abwasser giftig sind. Das Fatale daran: Ohne diese Mikroorganismen können biologisch zersetzbare Substanzen nicht mehr aus dem Abwasser entfernt werden. Die Verschmutzungen könnten so wieder in unser Trinkwasser gelangen.
Das Umweltbundesamt weist darauf hin, dass es aufgrund der Vorschriften des Wasserhaushaltsgesetzes (WHG) und des Kreislaufwirtschaftsgesetzes (KrWG) sogar grundsätzlich verboten ist, Abfälle über das Abwasser, also zum Beispiel über die Toilette oder den Ausguss, zu entsorgen.