Der Nobelpreis für Medizin geht 2022 an den in Leipzig arbeitenden schwedischen Wissenschaftler Svante Pääbo. Er erhielt die Auszeichnung für die Sequenzierung des Genoms der Neandertaler und die Begründung der Paläogenetik, wie das Nobel-Komitee am Montag in Stockholm mitteilte. Er habe mit seiner "bahnbrechenden" Arbeit "scheinbar Unmögliches" geschafft, hieß es in der Begründung.
Durch die Enthüllung "der genetischen Unterschiede" zwischen heute lebenden Menschen und ausgestorbenen Vorfahren, "haben seine Entdeckungen die Grundlage für die Erforschung dessen geschaffen, was uns Menschen so einzigartig macht", erklärte die Jury.
Pääbo sequenzierte als erster Forscher das Neandertaler-Genom
Seine Ergebnisse erzielte Pääbo an der Ludwig-Maximilians-Universität München und ab 1997 am Max-Planck-Institut für evolutionäre Anthropologie in Leipzig, dessen Direktor er auch ist. Seit 1999 ist er zudem Honorarprofessor für Genetik und Evolutionsbiologie an der Universität Leipzig.
Pääbo und sein Team in Leipzig squenzierten als erste das Genom des Neandertalers. Bei Vergleichen des Genoms moderner Menschen, von Neandertalern und den sogenannten Denisova-Menschen wies er etwa nach, dass es zu Vermischungen unter den "Menschenarten" kam.
Unter anderem konnten Pääbo und sein Team nachweisen, dass Reste der DNA des Neandertalers noch im modernen Menschen zu finden sind. Dieser Gentransfer habe "heute physiologische Bedeutung, zum Beispiel für die Art und Weise, wie unser Immunsystem auf Infektionen reagiert", erklärte die Jury.
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Erstmals Klonierung der DNA einer Mumie
1984 gelang dem Forscher als Doktorand erstmals die Klonierung der DNA einer Mumie. Er studierte an der Universität Uppsala Ägyptologie und Medizin. Als Doktorand - er promovierte in Immunologie - wies er außerdem nach, dass DNA in altägyptischen Mumien überdauern kann, und erlangte so fachlichen Ruhm als Pionier des neuen Forschungsgebietes der Paläogenetik. Paläogenetiker erforschen die Genome altertümlicher Organismen und ziehen daraus Rückschlüsse auf den Verlauf der Evolution.
Der Schwede wurde bereits in den vergangenen Jahren mit einer Reihe bedeutender Auszeichnungen geehrt. 2018 erhielt er in Hamburg den mit 750.000 Euro dotierten Körber-Preis für die Europäische Wissenschaft. Der Nobelpreis, die bedeutendste Auszeichnung für Mediziner, ist in diesem Jahr mit zehn Millionen schwedischen Kronen (rund 920.000 Euro) dotiert.
- Hintergrund zum Medizin-Nobelpreis: Warum die Erforschung des Neandertaler-Genoms preiswürdig ist
Seit 1901 224 Medizin-Nobelpreise vergeben
Seit 1901 haben 224 Menschen den Medizin-Nobelpreis erhalten, darunter 12 Frauen. Der erste ging an den deutschen Bakteriologen Emil Adolf von Behring für die Entdeckung einer Therapie gegen Diphtherie. 1995 erhielt als erste und bislang einzige deutsche Frau Christiane Nüsslein-Volhard diese Auszeichnung.
Im vergangenen Jahr bekamen David Julius (USA) und der im Libanon geborene Forscher Ardem Patapoutian den Preis. Die beiden haben Zellrezeptoren entdeckt, über die Menschen Temperaturen und Berührungen wahrnehmen.
Nobelpreise für Physik, Chemie und Literatur folgen
Der Nobelpreis für Medizin bildet den Auftakt einer Reihe von Nobelpreis-Bekanntgaben in dieser Woche. Am Dienstag geht es mit dem Nobelpreis für Physik weiter, am Mittwoch mit Chemie, wer den Literaturnobelpreis erhält, wird am Donnerstag bekanntgegeben. Die Bekanntgabe des oder der Empfänger des Friedensnobelpreises folgt am Freitag, wer den Preis für Wirtschaftswissenschaften im Gedenken an Alfred Nobel erhält, wird am 10. Oktober verkündet.
Mit Material von dpa, AFP, KNA und reuters
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