Riffbildende Korallen sind ein wichtiger Lebensraum für heranwachsende Fische und andere Organismen. Doch Korallenriffe sind immer stärker bedroht: Der Klimawandel lässt die Meere saurer werden, Überdüngung lässt Algenteppiche über sie wachsen, dazu schädigen unsanfter Tourismus, Dynamit-Fischerei und Abwässer die zarten Gebilde. Und auch die immer größer werdende Menge an Plastik im Meer droht die Korallen zu zerstören, zeigt eine aktuelle Studie.
Über die Hälfte aller riffbildenden Korallen finden sich im asiatischen Pazifik. Dort, wo auch die meisten Menschen die Küsten besiedeln. Und wo leider auch neun der zehn an Plastikmüll reichsten Länder sind. Mit einer fatalen Folge: Rund elf Milliarden Plastikteilchen befinden sich in den asiatisch-pazifischen Riffen, errechnete eine Forschergruppe um die Meeresbiologin Joleah Lamb von der Cornell Universität im US-amerikanischen Ithaca. Sie hatte 159 Riffe mit etwa 124.000 Korallen in gesamten Raum untersucht, um den Einfluss von Plastik auf Korallen zu erforschen. Die Studie erschien am 26. Januar im Magazin Science.
Korallenriff als Müllhalde
Auf etwa einem Drittel der untersuchten Korallen fanden die Meeresbiologen Plastikteile. Die Dichte variierte dabei von Land zu Land deutlich: Bis zu 25 Plastikteile lagen vor Indonesien auf zehn mal zehn Metern im Korallenriff, vor Australien nur 0,4. Für das gesamte untersuchte Gebiet gaben die Forscher als Durchschnittswert zwei bis elf Plastikteile pro 100 Quadratmeter an, wobei nur Teile gezählt wurden, die im Durchmesser mindestens fünf Zentimeter groß waren.
Tödliche Folgen für die Korallen
Lamb und ihre Kollegen stellten bei der Untersuchung fest, dass die Wahrscheinlichkeit zu erkranken für die Korallen deutlich zunimmt, wenn sie in Kontakt mit Plastik sind. Von vier Prozent in plastikfreier Umgebung steigt die Wahrscheinlichkeit auf eine Krankheit auf fast 90 Prozent, wenn die Koralle mit Plastik zu tun hat. Besonders bedrohlich: Auch tödliche Korallenkrankheiten nehmen deutlich zu.
Plastik verletzt die Korallen
Denn Korallen sind keineswegs harte Schale, weicher Kern, sondern haben eine äußerst verletztliche Außenschicht, die von den Plastikteilen in der Strömung buchstäblich wundgescheuert wird und damit das Infektionsrisiko für die Koralle erhöht. Gleichzeitig behindert das Plastik die Wundheilung der kleinen Tiere.
Plastik als Bakterien-Barke
Das Plastik ist aber auch selbst ein Infektionsrisiko: Insbesondere Polypropylene (PP) oder Polyvinylchloride (PVC) sind dafür bekannt, dass sie von Bakterien besiedelt werden und diese damit über die globalen Weltmeere verbreiten. Die Plastikstücke tragen wie kleine U-Boote die Bakterien bis an die Korallen heran und bringen dabei oft auch fremde Erreger aus fernen Meeresregionen mit, gegen die das Immunsystem der Koralle nicht gerüstet ist.
Erstickt unter Plastik
Sind die Plastikteile größer, rauben sie den Korallen dazu noch Licht - und damit Sauerstoff und Nahrung, denn die mit den Korallen symbiotisch verbundenen Algen können dann keine Photosynthese mehr betreiben. Sauerstoff, der dem ganzen Lebensraum Korallenriff fehlt.
Meer voll Plastik statt Korallen
Die Sorge der Forscher: Gerade im asiatischen Pazifikraum sind die Bemühungen zur Vermeidung von Plastikmüll in vielen Ländern gering. Der Verbrauch von Plastik hingegen wird weiter zunehmen: Bis zum Jahr 2025 wird die Plastikmenge im Meer in dieser Region vermutlich um vierzig Prozent anwachsen, schätzt Lamb. Dann treiben über 15 Millionen Plastikteile in den Korallenriffen des asiatischen Pazifiks.