Ab dem 8. Mai gab es mehrere Tage lang immer wieder Sonneneruptionen. Bei solch einem koronalen Massenauswurf (englisch: coronal mass ejection, kurz CME) lösen sich in einer gewaltigen Explosion auf der Sonnenoberfläche geladene Teilchen und rasen als Sonnensturm durchs Weltall. Im Blätterwald der Medien rauschte es gewaltig, denn auch eine besonders starke Sonneneruption war dabei.
Und viele Menschen konnten sich in dieser Zeit an Polarlichtern erfreuen, sogar in Bayern, wo das Farbenspiel nur sehr selten zu sehen ist. Doch der große Sturm scheint vorüber, meldet die Webseite SpaceWeather.com (externer Link). Und auch die Weltraumwetter-Vorhersage der US-amerikanischen Wetterbehörde NOOA (externer Link) prognostiziert nachlassende Aktivitäten. Doch es könnte jederzeit wieder losgehen, sobald sich die nächste Explosion mit Massenauswurf auf der Sonne ereignet. Und dafür ist die Wahrscheinlichkeit hoch.
Warum gibt es derzeit viele Sonnenflecken und Sonneneruptionen?
Sonneneruptionen sind derzeit recht häufig, weil die Sonne gerade - wie alle elf Jahre - auf den Höhepunkt ihrer Aktivität zusteuert. Das bedeutet für die Sonne: Immer häufiger sorgen starke magnetische Felder im Sonneninneren dafür, dass auf der Oberfläche Sonnenflecken entstehen - dunkle Spots, die wir von der Erde aus beobachten und zählen können.
Je aktiver die Sonne, desto häufiger werden die Sonnenflecken. Sie entstehen dort, wo starke Magnetfelder Sonnenmaterial in gewaltigen Bögen aus der Sonnenoberfläche hinausdrücken. Im Extremfall gibt es eine Art magnetischen Kurzschluss, der all das Material ins All schleudert - eine Sonneneruption.
Warum wird nicht aus jeder Sonneneruption ein Sonnensturm?
Die Antwort ist ganz einfach: Der koronale Massenauswurf erfolgt nur selten genau in Richtung der Erde. Sonneneruptionen finden ringsherum auf der Sonne statt. Die elektromagnetischen Teilchen der Sonnenmaterie werden in beliebige Richtungen ins All hinausgeschossen. Selbst wenn wir einen Sonnenflecken beobachtet haben, der zu uns weist: Die Sonne rotiert um ihre Achse wie die Erde um die Erdachse - die Eruption kann also erfolgen, wenn der Fleck sich gerade auf der Rückseite der Sonne befindet, aus unserer Sicht.
Auch wenn eine Sonneneruption genau in unserer Richtung verläuft, trifft sie noch lange nicht jedes Mal die Erde. Die Sonnenteilchen reisen rund 150 Millionen Kilometer von der Sonne zur Erde. Je nach Geschwindigkeit der jeweiligen Teilchen vergehen dabei normalerweise zwei bis drei Tage. Und erst im letzten Moment lässt sich sagen, ob der jeweilige Sonnensturm wirklich auf die Erde treffen wird.
Jens Berdermann vom Deutschen Zentrum für Luft und Raumfahrt (DLR) beobachtet Sonnenstürme ganz genau, weil er im Bedarfsfall rechtzeitig warnen können möchte: "Das Problem ist, dass man zu Beginn des Ereignisses an der Sonne noch nicht weiß, ob die Erde getroffen wird. Es gibt einen Punkt zwischen Erde und Sonne, wo wir einen Satelliten haben mit Sonnenwindbeobachtungsinstrumenten. Aber leider 1,5 Millionen Kilometer entfernt, das ist nur noch der letzte kleine Teil [der gesamten Strecke, Erg. der Red.]. Und wir haben nur noch eine Vorhersagezeit von einer halben bis Dreiviertelstunde, bis die Störung die Erdatmosphäre erreicht."
Die schönste Auswirkung einer Sonneneruption: Polarlichter
Erreicht der Sonnensturm die Erde, kommt es zu einem der schönsten Wetterereignisse überhaupt: Polarlichter tanzen am Himmel, die Aurora borealis erscheint in leuchtenden Farben. Allerdings nur selten bei uns, nicht umsonst werden die Himmelserscheinungen auch "Nordlichter" genannt. Denn Erdatmosphäre und Erdmagnetfeld schützen uns sehr gut vor dem elektromagnetischen Teilchensturm und leiten die geladenen Sonnenteilchen in Richtung der beiden Pole der Erde. Dort dringen sie in die Erdatmosphäre ein und bringen deren verschiedene Atome zum Leuchten: Polarlichter entstehen.
Weil die Sonne auf ihren Aktivitätshöhepunkt zusteuert, haben wir 2024 gute Chancen, auch bei uns in Bayern hin und wieder Polarlichter zu sehen. Doch so weit entfernt vom Polarkreis tauchen sie selten auf.
Welche Folgen hat eine Sonneneruption für Stromnetze und Internet?
Elemente, die außerhalb von Erdmagnetfeld und -atmosphäre um die Erde kreisen, sind dagegen ungeschützt, wenn ein Sonnensturm sie trifft. Einzelne Satelliten etwa können gestört oder beschädigt werden, wenn sie von den hochenergetischen Sonnenteilchen beschossen werden. Navigationssysteme können zeitweise ausfallen, auch Stromnetze können lokal zusammenbrechen, weil die stark magnetischen Sonnenteilchen auf sie einwirken.
Was das bedeuten kann, skizziert Berdermann vom DLR: "Gerade heutzutage, wenn man einen großflächigen Stromausfall hat, dann ist es so, dass man relativ schnell Rettungskräfte braucht, weil vielleicht Panik auftritt. Und diese Rettungskräfte brauchen zwei Sachen ganz dringend: Das ist eine sehr genaue Navigation und eine gute Kommunikation."
Je komplexer das technische Zusammenspiel auf der Erde wird, je mehr es auf Satellitentechnik beruht oder je anfälliger es für magnetische Störungen ist, umso empfindlicher wird unser Alltag gegenüber Sonnenstürmen. "Wenn wir so leben würden, wie vor 100 oder 150 Jahren, würden wir uns überhaupt keine Sorgen machen müssen. Weil die Atmosphäre eigentlich dick genug und das Magnetfeld stark genug ist, um die stärksten Sonnenstürme abzuhalten", erläutert Hardi Peter vom Max-Planck-Institut für Sonnensystemforschung.
Im Audio: Was ein Sonnensturm bei uns anrichten kann
Dieser Artikel ist erstmals am 13.02.2024 auf BR24 erschienen. Das Thema ist weiterhin aktuell. Daher haben wir diesen Artikel aktualisiert und erneut publiziert.
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