Masken im Römermuseum Weißenburg
Bildrechte: picture-alliance / DUMONT Bildarchiv | Ralph Lueger
Bildbeitrag

Masken im Römermuseum Weißenburg

Bildbeitrag
> Wissen >

Aufgedeckt und ausgegraben: Spektakuläre Schatzfunde in Bayern

Aufgedeckt und ausgegraben: Spektakuläre Schatzfunde in Bayern

Goldmünzen, Göttermasken, Gewandfibeln: Hunderte Ausgrabungen führen Archäologen Jahr für Jahr im Freistaat durch. Dabei fördern die Wissenschaftler immer wieder spektakuläre Funde zutage. Wir zeigen Ihnen eine Auswahl.

Das keltische Oppidum nahe Manching bei Ingolstadt war einst eine der größten Befestigungen nördlich der Alpen. Im Nordwestteil des Oppidums fanden Archäologen 1999 einen der größten im 20. Jahrhundert entdeckten Schatzfunde aus der Keltenzeit. Aus einer Pfostengrube beförderten die Forscher 483 Goldstatere und einen 217 Gramm schweren Klumpen aus böhmischem Gold zu Tage. Drei ebenfalls aufgefundene Bronzeringe sprechen dafür, dass das Edelmetall ursprünglich wohl in einem Stoff- oder Lederbeutel verwahrt wurde. Die Münzen, sogenannte Muschelstatere, stammen aus dem zweiten oder ersten Jahrhundert vor Christus.

Bayerisch-böhmische Besonderheit: der keltische Goldschatz von Manching

Bildrechte: Archäologische Staatssammlung München
Bildbeitrag

Der keltische Münzschatz von Manching bei Ingolstadt gilt als der größte im 20. Jahrhundert entdeckte Schatzfund aus der Keltenzeit.

Nach Ansicht von Experten ist der Hortfund für das Oppidum in Manching von besonderer Bedeutung. Denn bereits im Vorfeld hatten Archäologen hier Schmelzreste gefunden, die Belege für die Herstellung von Goldmünzen lieferten. Jedoch könne der hier aufgedeckte Goldschatz nicht als Beleg für die heimische Goldmünzprägung gewertet werden, da es sich durchweg um "boische Statere der Älteren Goldprägung" handelt. Diese Münzen wurden in Böhmen aus einer hochwertigeren Gold- und Silberlegierung geprägt und waren damit deutlich wertvoller als die in Südbayern zur Keltenzeit verbreiteten "Regenbogenschüsselchen". Bis zu dem Goldmünzfund 1999 hatte das Oppidum in Manching nur Silbermünzschätze preisgegeben.

Der Fund sei einzigartig, bewertete auch der damalige Konservator der Prähistorischen Staatssammlung in München, Bernward Ziegaus, den Münzschatz. Denn er lasse auf enge Kontakte zwischen Bayern und Böhmen in keltischer Zeit schließen. Den Wert des Fundes schätzte Ziegaus 1999 auf damals mehrere hunderttausend Mark. Heute wird der keltische Goldschatz im Kelten Römer Museum in Manching aufbewahrt.

Kostbarkeit im Spargelfeld: der Römerschatz von Weißenburg

Bildrechte: Museen Weißenburg, ArcTron
Bildbeitrag

Zeugnisse vom bayerischen Limes: Statuetten und weitere Stücke aus dem Schatzfund

Einen spektakulären Zufallsfund machte ein Studienrat 1979 im Garten seines Hauses am westlichen Stadtrand des mittelfränkischen Weißenburg, das römische Biricianis. Beim Graben im Spargelbeet stieß er auf eine Kette und mehrere patinierte Metallteile - die ersten von 114 Einzelstücken, die den Römerschatz von Weißenburg umfassen. Er gehört damit zu den bedeutendsten Depotfunden nördlich der Alpen und beinhaltet unterschiedlichste Gegenstände des Alltags wie Kannen, Werkzeuge und einen eisernen Klappstuhl, aber auch Silbervotive und Paradehelme. Zudem umfasst der Fund 15 kleine Bronzestatuen, die Götterfiguren der Antike darstellen, darunter Jupiter, Merkur, Minerva, Apoll, Herkules sowie drei Schutzgottheiten.

Schatz war wohl Diebesgut

Nachdem über den Ursprung des Metallhortes über längere Zeit die Expertenmeinungen auseinandergegangen waren, sind sich die Archäologen auch aufgrund der heterogenen Zusammensetzung des Fundes inzwischen einig: Der Schatz wurde wohl von einem Dieb vergraben, nachdem dieser einige Haushalte und das Lager eines Handwerkers sowie Teile einer Tempelausstattung geplündert hatte. Die Beute packte der Räuber zwischen 233 und 254 n. Chr. eng zusammen in eine Grube unter dem Fußboden eines römischen Hauses. Später wurde der Schatz aber nicht mehr gehoben.

1980 erwarb der Freistaat Bayern die Kostbarkeiten und ließ sie in den folgenden Jahren restaurieren. Seit 1983 sind die Fundstücke im Römer Museum Weißenburg, einer Zweigstelle der Archäologischen Staatssammlung, zu sehen.

Bemerkenswert ist der Römerschatz nicht nur aufgrund der schieren Menge der gefundenen Objekte, sondern auch aufgrund der künstlerischen Vielfalt, technischen Güte sowie wissenschaftlichen Aussagekraft der Stücke. Von der kunsthandwerklichen Qualität, so der frühere stellvertretende Leiter der Archäologischen Staatssammlung München, Bernd Steidl, "seien die Stücke des Weißenburger Schatzes ohne Probleme mit Funden aus Pompei vergleichbar".

Unterhachinger Kleinod: geheimnisvolle Fibeln aus dem frühen Mittelalter

Bildrechte: Archäologische Staatssammlung München
Bildbeitrag

Gewandverschluss mit christlicher Symbolik: eine der beiden Unterhachinger Scheibenfibeln.

Ein Landwirt aus Unterhaching war 2004 mit Aushubarbeiten beschäftigt, als er im lehmigen Boden dunkle Flecken entdeckt. Schnell war klar: Ein Gräberfeld war aufgedeckt worden, dessen "außerordentlich reiche und kulturhistorisch aufschlussreiche Befunde" die Archäologen begeisterten, so Brigitte Haas-Gebhard von der Archäologischen Staatssammlung. Insgesamt zehn Gräber von vier Männern, fünf Frauen und einem acht bis zehn Jahre alten Mädchen konnten die Experten bergen. Vor allem die Frauen waren mit Kostbarkeiten beigesetzt worden, allen voran eine zentral gebettete Frau. Die 25-Jährige war in Seide und feinem Leinen bestattet worden. Ihre Ärmel oder Handschuhe waren mit Pelz aus Hermelin besetzt, die Schuhe wiesen zierliche Schuhschnallen auf. Ein Jahrhundertfund seien aber vor allem die beiden gleichartigen, sehr großen Scheibenfibeln, sagt Brigitte Haas-Gebhard von der Archäologischen Staatssammlung. Die Fibeln verschlossen das Gewand der Toten im Taillenbereich.

Fibeln wurden vermutlich in Italien hergestellt

Die beiden Unterhachinger Gewandfibeln unterscheiden sich in Größe und Dekor deutlich von Granatfibeln, die Kunsthandwerker nördlich der Alpen zu dieser Zeit herstellten. Die dargestellten vier Raubvögeln sind nicht nur durchdacht angeordnet, sondern die Einlagen aus rotem Granat und leuchtend smaragdgrünem – heute inzwischen grünlich-grau verwitterten – Malachit wurden eigens zugeschliffen. "Die Steine gehören zu den größten im Frühen Mittelalter bekannten Stücken", sagt Brigitte Haas-Gebhard.

Die handwerkliche Machart sowie das Design lassen vermuten, dass die Fibeln in Italien hergestellt wurden, vermutlich in Ravenna oder in Rom. So lassen die Schmuckstücke auf enge Beziehungen zwischen dem bayerischen Voralpenland und dem italischen Ostgotenreich gegen Ende des 5. und zu Beginn des 6. Jahrhunderts schließen. Eine Zeit, über die Archäologen nicht viel wissen, so Brigitte Haas-Gebhard, da es keine schriftlichen Quellen gebe.

Geheime Botschaft im Design der Gewandfibeln

Als besonders bemerkenswert stellt Archäologin Brigitte Haas-Gebhard die geheime Botschaft in der Symbolik heraus, die der Goldschmied im ornamentalen Design der Gewandfibeln nutzte. Eine Botschaft, deren Bedeutung nur mit Wissen aus dem antiken Bildkanon und der geistlichen Literatur entschlüsselt werden konnte. "Nur wer über dieses Hintergrundwissen verfügt, erkennt in den Raubvögeln den mythischen Vogel Phönix, der sich nach der antiken Legende selbst verbrennt, um am dritten Tag wieder aufzustehen", erklärt Brigitte Haas-Gebhard. Der Phönix galt in der kirchlichen Bildsprache seit dem 2. Jahrhundert als ein Symbol für Christus. "Die ehemalige Besitzerin der beiden Gewandverschlüsse trug zweifellos ganz bewusst Schmuckobjekte mit dezidiert christlicher Symbolik", so Brigitte Hasse-Gebhard. "Auch wenn sie die komplexe Bildsprache nicht bis ins letzte Detail verstanden haben muss."

Oberdinger Rechenspiele aus der Bronzezeit: Europas größter Spangenbarrenfund

Bildrechte: Bayerisches Landesamt für Denkmalpflege, Jörg Stolz
Bildbeitrag

Für die Ausstellung im Museum Erding wurde die Barren zu Zehnerbündeln zusammengeschürt.

Bevor 2004 am südlichen Ortsrand von Oberding im oberbayerischen Landkreis Erding ein Wohnhaus gebaut werden sollte, rückten erst einmal archäologische Experten an. Denn der Bauplatz lag bekanntermaßen im Bereich einer Siedlung aus der frühen Bronzezeit. Dennoch war der Fund, den die Experten machten, unerwartet und sensationell: In etwa 1,30 Meter Tiefe fanden sich am Rande einer frühbronzezeitlichen Abfallgrube zwischen Tierknochen und Gefäßscherben fast 800 Kupferbarren mit einem Gesamtgewicht von 82 Kilogramm. Zu Bündeln geschürt lagen die malachitfarbenen Kupferstangen in einer höhlenartigen unterirdischen Nische. Um das geplante Bauvorhaben nicht über Gebühr zu verzögern, wurden die Spangenbarren in Erdblöcken abtransportiert und erst im Labor von Restauratoren freigelegt – auch um die Lage der Blöcke in der Erde exakt dokumentieren zu können.

Umfangreichster Spangenbarrenfund seiner Art in Europa

Zwei Jahre lang trugen Experten die Lössbodenschichten Zentimeter für Zentimeter ab, bis feststand: Der Obererdinger Spangenbarrenfund ist der umfangreichste seiner Art in ganz Europa.

Spangenbarren dienten in der Bronzezeit als Tauschmaterial und Primitivgeld. Mit Baumbast zu Bündeln geschnürt waren die Barren sorgfältig in der Erdhöhle aufgestapelt worden. Jeweils zehn schwere und leichtere Barren ergaben im Bündel zusammen stets annähernd etwa ein Kilogramm – vermutlich ein Zufallsbefund, denn ob in der Bronzezeit das Kilogramm als Gewichtseinheit in Gebrauch war, ist nicht bekannt. Sicher ist jedoch, dass bereits die Menschen vor 3700 Jahren eine Vorstellung vom Umgang mit dem Dezimalsystem hatten und der Oberdinger Fund Hinweise darauf gibt, dass der Zahl 10 beim Tauschen und Handeln Bedeutung zukam.

Kuper stammt aus unterschiedlichen Quellen

Zur Überraschung der Archäologen stammt das Kupfer der Spangenbarren aus unterschiedlichen Quellen: zum einen aus dem österreichischen Inntal bzw. dem slowakischen Erzgebirge, zum anderen aus Bergwerken am Mitterberg im Salzburger Land. Beide Kupfersorten wurden in den Bündeln vermischt, so dass die Barren offensichtlich bereits lange Wege zurückgelegt hatten, bevor sie in Oberding in die Erde gelegt wurden. Die Barren wurden mit Zinn zu Bronze verarbeitet, um Waffen, Werkzeug und Schmuck herzustellen. Zum anderen dienten sie als frühe Währung, lange vor der Einführung des Münzsystems.

Warum die Spangenbarren vergraben wurden, ist nicht bekannt. Sicher ist allerdings, dass sie nicht zufällig platziert wurden. Vielmehr stellt der Obererdinger Fund ein Hort oder Depot dar, den die Menschen der Bronzezeit anlegten, um die Spangenbarren vor Feinden zu verstecken oder um sie den Göttern zu opfern. Allerdings spricht die Abfallgrube, an deren Rand der Hort gefunden wurde, dafür, dass sich das Depot in der Nähe einer Siedlung befunden hat. Vielleicht waren die knapp 800 Spangenbarren aber auch nur der reiche Vorrat eines Händlers oder Handwerkers.

Bayerns älteste Skulptur: die Steinfigur von Gallmersgarten

Bildrechte: Bayerisches Landesamt für Denkmalpflege, Felix Wagner
Bildbeitrag

Die Steinfigur von Gallmersgarten, Vorderseite

Sieben hochragende Hinkelsteine mit einer vorgeschichtlichen Bedeutung, sogenannte Menhire, befinden sich in Bayern. Der Älteste ist der etwa 5.000 Jahre alte Statuemenhir von Gallmersgarten. Die Steinfigur fand sich im mittelfränkischen Landkreis Neustadt an der Aisch-Bad Windsheim zufällig bei Kanalbauarbeiten, als ein Mitarbeiter des Landesamtes für Denkmalpflege 2014 im Vorbeifahren auf die Figur aufmerksam wurde. Am Rande eines frisch ausgehobenen Rohrgrabens war sie bereits zum Abtransport beiseitegelegt worden. Nach eingehender Untersuchung entpuppte sich der Fund als bislang älteste vollplastische Steinskulptur in Bayern.

Die Sandsteinstele aus der Kupferzeit war aus einem walzenförmigen Block von 1,10 Meter Höhe herausgearbeitet worden. Der gesamte Block wurde sorgfältig rundherum behauen, das Gesicht der Figur maskenartig, in Negativtechnik über deutlich abgesetzten Schultern herausgearbeitet.

Weitere Funde: Keramikscherben, Tierknochen und Holzkohleflitter

Gefunden hatte der Baggerfahrer die Figur in halbaufrecht stehender Position – eine für Archäologen bemerkenswerte Informationen, bedeutet dies doch, dass die Stele nach der Aufstellung an ihrem Standort am Rande einer Bachniederung oder eines ehemaligen Sees lange Zeit weithin zu sehen war. Weitere Funde wie Keramikscherben, Tierknochen und Holzkohleflitter aus den umgebenden Erdschichten zeigten den Experten, dass sich im ersten vorchristlichen Jahrtausend immer wieder Menschen in der Nähe der Figur aufhielten.

Nördlich der Alpen waren bis dahin nur einige wenige Figuren bekannt, die man diesem Zeitraum – der Epoche als Ötzi auf die Jagd ging – zuweisen kann. Sicher sind sich die Experten, dass die Stele aus Gallmersgarten ein hervorragender Vertreter einer Gruppe von steinernen menschgestaltigen Figuren ist, die im vierten Jahrtausend v. Chr. eher im südlichen Europa verbreitet waren - wenn auch der Zweck dieser Statuen heute nicht mehr zu benennen ist, erklärt Martin Nadler, zur Zeit des Fundes Leiter der Dienststelle Nürnberg des Bayerischen Landesamtes für Denkmalpflege: "In der aktuellen Forschung werden diese Figuren am ehesten als Grenzwächter oder heroisierende Ahnendarstellungen angesehen, also im weitesten Sinne als mythisch überhöhte Wesen".

"Hier ist Bayern": Der BR24 Newsletter informiert Sie immer montags bis freitags zum Feierabend über das Wichtigste vom Tag auf einen Blick – kompakt und direkt in Ihrem privaten Postfach. Hier geht’s zur Anmeldung!