Als die Corona-Impfstoffe Ende letzten Jahres erstmals ausgeliefert wurden, wurde auch die Logistik-Branche vor neue Herausforderungen gestellt. Nicht nur, weil es bei den Impfstoffen sehr bestimmte Anforderungen an Transport und Lagerung gibt, sondern auch, weil die unterschiedlichen Impfstoffe unterschiedliche Anforderungen hinsichtlich der Kühlung mit sich bringen.
Die Logistik für Impfzentren und Arztpraxen
Die Impfstoffe gegen das Coronavirus werden von den Anlieferungsstellen der Bundesländer direkt an die Impfzentren geliefert. Die Bundesländer selbst sind dabei für die sichere und fachgerechte Lagerung verantwortlich. Dabei geht es nicht nur um die Einhaltung der Kühlketten, sondern auch um die Beschaffung des richtigen Impf-Zubehörs - wie Spritzen und Kanülen.
Die Lieferung der Impfstoffe für die Arztpraxen und Betriebsärzte sieht ein wenig anders aus. Hierbei werden die Impfstoffe einschließlich des Zubehörs von der zentralen Stelle in Deutschland aus über den pharmazeutischen Großhandel hin zu den Apotheken geliefert, die die Impfstoffe dann an die Ärzte verteilen. Als die niedergelassenen Ärzte in die Impfkampagne einstiegen, war die Menge an bestellbaren Impfstoffen noch stark begrenzt, mittlerweile können sie so viel bestellen, wie sie brauchen.
Kühlkette darf nicht unterbrochen werden
Es ist enorm wichtig, die Kühlkette nicht zu unterbrechen, "sonst kann der Impfstoff seine Stabilität und damit seine Wirksamkeit verlieren", wie der Hersteller Biontech schreibt. Nicht nur bei der Lagerung, sondern auch beim Transport zu den Impfzentren und Apotheken. Der Impfstoff wird in Durchstechflaschen geliefert, die konstant bei einer bestimmten Temperatur gehalten werden müssen. Diese unterscheidet sich von Impfstoff zu Impfstoff. Laut dem Bundesministerium für Gesundheit "installieren die Hersteller oder Logistikdienstleister an den Verpackungen Sensoren, die die Temperatur kontinuierlich messen." So soll die Kühlkette sichergestellt werden.
Lagerung des Biontech-Impfstoffs
Der mRNA-Impfstoff Comirnaty von Biontech/Pfizer ist hinsichtlich der Lagerung wahrscheinlich der anspruchsvollste unter den Impfstoffen. Er musste zunächst bei sehr niedrigen Temperaturen (rund minus 70 Grad) transportiert und gelagert werden. Seit Mitte April 2021 darf er nun rund vier Wochen bei Kühlschranktemperatur gelagert werden.
Bei einer Lagertemperatur von -90 bis -60 Grad Celsius ist er sechs Monate haltbar. Nach dem Auftauen - und ungeöffnet - darf er maximal einen Monat bei 2 bis 8 Grad Celsius gelagert werden. Oder maximal zwei Stunden bei bis zu 30 Grad Celsius. Bei der Lieferung wird ein Merkblatt mitgeliefert, auf dem der Auftauzeitpunkt und das damit einhergehende Ende der Haltbarkeit vermerkt ist. Nachdem der Impfstoff einmal aufgetaut ist, darf er nicht wieder eingefroren werden. Ist er vorbereitet und verdünnt, muss er innerhalb von sechs Stunden bei 2 bis 30 Grad Celsius verimpft werden.
Was passiert, wenn der Impfstoff zu warm lagert?
Wenn der Impfstoff zu warm wird, beginnen sogenannte Degradationsprozesse, erklärte Leif Erik Sander, Immunologe an der Charité in Berlin, am Anfang der Impfkampagne auf Anfrage von BR24. Das heißt, die im Impfstoff enthaltene mRNA werde nach und nach in kleine Stücke abgebaut. Nur mit den Stückchen können die Zellen im Körper aber keine Proteine des Erregers produzieren und damit auch keine Antikörper bilden. Je nachdem, wie lange der Impfstoff nicht entsprechend gekühlt werde, verringere sich die Wirksamkeit. "Von einer Gefährdung ist aber nicht auszugehen", so Sander.
Lagerung des Moderna-Impfstoffs
Spikevax von Moderna ist ebenfalls ein mRNA-Impfstoff. Er ist sieben Monate bei -25 bis -15 Grad Celsius haltbar. Nach dem Auftauen kann er ebenfalls bis zu 30 Tage im Kühlschrank bei 2 bis 8 Grad Celsius aufbewahrt werden. Bis zu zwölf Stunden innerhalb dieses Zeitraums können für den Transport genutzt werden. Ungeöffnet hält er sich außerhalb der Kühlung bis zu 24 Stunden bei 8 bis 25 Grad Celsius. Nach dem erstmaligen Durchstechen der Flasche muss er innerhalb von 19 Stunden bei 2 bis 25 Grad Celsius verimpft werden.
- Zum Artikel: So wirken mRNA-Impfstoffe gegen das Coronavirus
Lagerung des AstraZeneca-Impfstoffs
Die Lagerung und Haltung der Vektor-Impfstoffe ist etwas einfacher als die der mRNA-Impfstoffe. Vaxzevria von AstraZeneca darf gar nicht tiefgefroren werden, daher kann er ungeöffnet bei 2 bis 8 Grad Celsius sechs Monate lang im Kühlschrank gelagert und direkt verimpft werden. Sobald eine Dosis aus dem Mehrdosenbehältnis entnommen wurde, sollte der Impfstoff auch genutzt, kann aber weitere 48 Stunden im Kühlschrank gelagert werden. Innerhalb dieses Zeitraums kann er auch bis zu sechs Stunden bei Raumtemperatur bis 30 Grad Celsius aufbewahrt werden. Danach darf er nicht in den Kühlschrank zurückgestellt, muss also entweder verimpft oder entsorgt werden.
Lagerung des Impfstoffs von Johnson & Johnson
Der Vektor-Impfstoff Janssen von Johnson & Johnson verhält sich ähnlich - ungeöffnet kann er bis zu drei Monate im Kühlschrank bei 2 bis 8 Grad Celsius aufbewahrt werden. Bei -25 bis -15 Grad Celsius ist der Impfstoff sogar bis zu zwei Jahre haltbar. Nach Entnahme der ersten Dosis kann er noch für maximal sechs Stunden im Kühlschrank oder bis zu drei Stunden bei Raumtemperatur gelagert werden.
Generell gilt laut der Kassenärztlichen Bundesvereinigung, dass die Temperatur von 2 bis 8 Grad Celsius im Kühlschrank ständig überprüft werden muss. Des Weiteren sind die Impfstoffe vor Licht zu schützen.
- Zum Artikel: Welche Corona-Impfstoffe gibt es und wie wirken sie?
Wann muss Impfstoff entsorgt werden?
Kann die Kühlkette nicht eingehalten werden oder wurde der Impfstoff zu lange bei zu hoher Temperatur gelagert, muss davon ausgegangen werden, dass er in seiner Wirksamkeit eingeschränkt ist. Auf BR-Anfrage weist das Paul-Ehrlich-Institut darauf hin, dass die Hersteller allerdings nur Angaben machen müssen, bis wann ein Impfstoff stabil (und damit wirksam) ist. Nicht, was danach passiert. Daher ist die Einschätzung schwierig, was passiert, wenn man mit einem abgelaufenen oder falsch gelagerten Impfstoff geimpft wird.
Um die Wirksamkeit garantieren zu können, sollte der Impfstoff nur nach Lagerung, wie in den Herstellerangaben verzeichnet, verimpft werden. Andernfalls kann und sollte er nicht genutzt werden. Das gilt auch, wenn beispielsweise ein Stromausfall den Kühlschrank der Arztpraxis lahmgelegt hat. Beim Biontech-Impfstoff reichen dann schon zwei Stunden über 8 Grad Celsius, damit der Impfstoff faktisch nutzlos wird.
Falsch gelagert: Vermutlich keine Gefahr, aber möglicherweise wirkungslos
Wird man versehentlich mit einem falsch gelagerten Impfstoff geimpft, gehen Ärzte nicht davon aus, dass es zu gesundheitlichen Schäden kommen kann. Untersucht wurde das nach Angaben des Paul-Ehrlich-Instituts an Menschen jedoch nicht. Um sicher zu gehen, ob die Impfung erfolgreich war und man gegen das Coronavirus geschützt ist, empfehlen sich beispielsweise Antikörper-Tests durch Blutentnahme. Das passiert gerade bei einer Hausarztpraxis in Neu-Ulm, bei der der Impfstoff wohl über Wochen hinweg zu warm gelagert wurde.
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