Ist unsere Energieversorgung noch sicher? Diese Frage stellen sich angesichts des Krieges in der Ukraine derzeit wohl viele - schließlich bezieht Deutschland vor allem viel Gas aus der Krisenregion. Bei Öl und Kohle sieht es nicht viel besser aus. Auch hier ist Deutschland von Lieferungen aus dem Ausland abhängig.
Eine Abkehr von den fossilen Energieträgern hin zu erneuerbaren Energien ist daher nicht nur aus ökologischer Sicht sinnvoll und notwendig. Dass sie bis 2035 zumindest bei der Wärmeversorgung von Gebäuden möglich ist, zeigt eine neue Studie des Wuppertal Instituts, die die Umweltschutzorganisation Greenpeace in Auftrag gegeben hat.
Sechs-Punkte-Programm für die sogenannte Wärmewende
Damit die Energie- bzw. Wärmewende bei Gebäuden gelingt, muss nach Ansicht der Studienautoren noch dieses Jahr folgendes Sechs-Punkte-Programm umgesetzt werden:
- ein Ausstiegsgesetz für Öl- und Gasheizungen
- ein Förderprogramm für zukunftsfähige Gebäudewärme in Einzelanlagen
- eine Pflicht zur energetischen Sanierung für ineffiziente Gebäude
- ein Förderprogramm zur energetischen Sanierung von jährlich mindestens drei Prozent des Gebäudebestands mit ökologischen Kriterien
- ein Erneuerbare-Wärmenetze-Gesetz
- ein Förderprogramm für zukunftsfähige Wärmenetze
Wärmewende: Was die geforderten Maßnahmen bedeuten
Mit dem Ausstiegsgesetz für Öl- und Gasheizungen soll der Einbau von neuen Heizungen dieser Art schon ab 2024 verboten werden. Bestehende Heizungsanlagen mit Öl und Gas sollen demnach nur noch bis maximal 2035 betrieben werden dürfen. Diese Forderung unterscheidet sich sehr von den bisherigen Plänen der Bundesregierung. So will die Ampel-Koalition den Neueinbau von Öl- und Gasheizungen erst ab 2026 massiv einschränken und verlangt dabei auch nur einen Anteil von 65 Prozent an erneuerbaren Energien.
Das Förderprogramm für zukunftsfähige Gebäudewärme in Einzelanlagen, das die Studienautoren ebenfalls fordern, heißt konkret: die Förderung für zwölf Millionen Wärmepumpen und 70 Millionen Quadratmeter Solarthermie-Anlagen, also Anlagen, die mithilfe von Sonnenenergie Wärme erzeugen können, die entweder zum Heizen verwendet wird oder fürs Erwärmen des Trinkwassers.
Die im Sechs-Punkte-Programm enthaltene Pflicht zur energetischen Sanierung für ineffiziente Gebäude, soll dazu führen, dass bis 2040 alle Gebäude die Effizienzklasse B erreichen. Mit dem vorgeschlagenen Förderprogramm will man die energetischen Sanierungen von Gebäuden erheblich beschleunigen - von derzeit rund einem Prozent im Jahr auf drei Prozent. Damit die Energiewende bei der Wärmeversorgung von Gebäuden bis 2035 gelingen kann, müssen laut der Analyse der Wissenschaftler zudem die Nah- und Fernwärmenetze stark ausgebaut und bis 2035 auf erneuerbare Energien umgestellt werden.
Die Betreiber bzw. Eigentümer von Gebäuden sollen bei der Umsetzung der geforderten Maßnahmen etwa durch lokale Agenturen unterstützt und beraten werden, ist eine weitere Forderung der Autoren der Studie. Des Weiteren plädieren sie für eine sogenannte "Qualifizierungsoffensive", durch die es mehr Handwerker und Energieberater geben soll. Mit Wohntauschprogrammen und einer Umbauförderung soll schließlich noch eine effizientere Flächennutzung gefördert werden, heißt es in einer Veröffentlichung des Wuppertal Instituts zu der 100-Seiten umfassenden Analyse.
Gebäudewärme: Was der Umstieg auf erneuerbare Energien kostet
Klar, dass dieser Ausstieg aus Öl und Gas viel Geld kostet. 50 Milliarden Euro zusätzliche Investitionen sowie 22 Milliarden Euro staatliche Fördergelder seien dafür notwendig, haben die Autoren der Studie errechnet. Doch dies sei eine Investition in die Zukunft und aus heutiger Sicht notwendige Vorleistung, um zukünftig Geld einzusparen, sagen sie.
Studie: Energiewende lohnt sich ökologisch und wirtschaftlich
Doch nicht nur Kosten entstehen durch diesen Umstieg auf erneuerbare Energien. Ab 2035 könnten durch das Investment jährlich netto 11,5 Milliarden Euro der Kosten eingespart werden, so die Kalkulation der Forscher. Hinzu kämen erhebliche positive volkswirtschaftliche Effekte. Nach den Prognosen der Wissenschaftler könnten mit den Maßnahmen sogar eine halbe Million Arbeitsplätze geschaffen oder gesichert werden – allein die Hälfte davon in der Bauwirtschaft.
Und natürlich ist der Umstieg nicht nur wirtschaftlich ein Gewinn. Ökologisch betrachtet führt er laut Studie zu einer Verringerung von 168 Millionen Tonnen CO2-Äquivalenten pro Jahr. "Um die Klimaziele nicht zu verfehlen, muss die Politik jetzt die Weichen für eine schnelle Wärmewende stellen", ist für Manfred Fischedick, wissenschaftlicher Geschäftsführer des Wuppertal Instituts, das Fazit der Untersuchung.
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