"Die Überschwemmungen von Flüssen und Bächen haben die Region in die Knie gezwungen", schreibt die italienische Tageszeitung "Corriere della Sera" über die norditalienische Region Emilia-Romagna. Dort gilt am Donnerstag weiter die höchste Alarmstufe. In der Emilia-Romagna ist die Zahl der Todesopfer mittlerweile auf 13 gestiegen, mehrere weitere werden vermisst. Am stärksten betroffen sind die Provinzen Ravenna, Forlì-Cesena und Rimini - dort insbesondere die Städte Faenza, Cesena und Forlì.
Auch in der Provinz Bologna herrscht Ausnahmezustand. In den benachbarten Marken hat der anhaltende Regen ebenfalls zu Überschwemmungen geführt. Zwar werden am Donnerstag keine weiteren Regenschauer erwartet, dennoch ruft der italienische Zivilschutz weiter zur Vorsicht auf.
- Zum Artikel: Formel-1-Rennen in Imola wegen Unwetter abgesagt
Hochwasser, Erdrutsche, blockierte Straßen
In der Emilia-Romagna traten zwischen Dienstag und Mittwoch fast zwei Dutzend Flüsse über die Ufer, 36 Städte und Gemeinden waren überflutet, 48 Lokalverwaltungen meldeten Erdrutsche. In der Region sind unterdessen rund 880 Feuerwehrleute mit etwa 330 Einsatzfahrzeugen weiter im Einsatz, wie die Feuerwehr mitteilte. Laut Angaben des Zivilschutzes vom Mittwoch waren zeitweise etwa 50.000 Menschen ohne Strom und 100.000 Leute ohne Mobilfunknetz.
Auf Bildern und Videos ist zu sehen, wie ganze Ortschaften unter Wasser stehen und Straßenzüge voller Schlamm sind. In der Provinz Ravenna wurde wegen der hohen Überschwemmungsgefahr ein sofortiger Evakuierungsbefehl ausgesprochen.
Auswärtiges Amt gibt Reisehinweis für Italien
Das Auswärtige Amt (AA) hat für Italien wegen "Extremwetter" und starken Regenfällen bereits am Mittwoch einen Reisehinweis herausgegeben. Es komme zu Einschränkungen im regionalen Bahnverkehr. "Im Landesinnern besteht die Gefahr von Überschwemmungen und Erdrutschen; an der gesamten Küste auch Mittel- und Süditaliens können Sturmfluten einsetzen", teilte das Auswärtige Amt mit. Besondere Vorsicht gelte momentan in den Regionen Emilia-Romagna sowie in Sizilien (jeweils höchste Alarmstufe).
Tausende Menschen wurden infolge der Regenfälle bereits in Sicherheit gebracht. In der Stadt Faenza in der Provinz Ravenna flüchteten sich die Menschen auf die Dächer ihrer Häuser und warteten dort auf die Einsatzkräfte. "Das ist das Ende der Welt", schrieb Bürgermeister Gian Luca Zattini auf Facebook. Seine Stadt sei "am Boden". Der Regionalpräsident von Emilia-Romagna, Stefano Bonaccini, geht laut italienischen Medienberichten derzeit von Schäden in Höhe von mehreren Milliarden Euro aus.
Erste Aufräumarbeiten - Schäden in der Landwirtschaft
An einigen Orten beginnen allerdings die ersten Aufräumarbeiten. Medienberichten zufolge haben sich Tausende Freiwillige in den betroffenen Gebieten gemeldet und versammelt, um zu helfen.
Auch die weiten Felder im Raum zwischen Forlì und Rimini sind stark von den Unwetterschäden betroffen. Die italienische Agrarvereinigung Coldiretti sprach etwa von "unkalkulierbaren Schäden für die Landwirtschaft". Die Überschwemmungen hätten abgesehen von dem menschlichen Leid zudem "wertvolle landwirtschaftliche Flächen verwüstet". Das Überleben von Betrieben und den von ihnen abhängigen Arbeitnehmern sei in Gefahr.
Wetterextreme suchen Norditalien heim
Italien wird in diesem Jahr wiederholt von Wetterextremen geplagt: Während es im Winter und zu Beginn des Frühlings noch sehr trocken war und Flüsse sowie Seen außergewöhnlich wenig Wasser führten, kam es nun zu heftigen Niederschlägen.
"Überschwemmungen und Dürre sind sich ergänzende Ereignisse, die sich nicht gegenseitig aufheben", erklärte der Klimaforscher Massimiliano Pasqui vom italienischen Nationalen Forschungsrat im "Corriere della Sera". "Die Böden haben monatelang Feuchtigkeit verloren. Aber da sie ausgetrocknet sind, können sie das Regenwasser nicht mehr aufnehmen, das in diesen Stunden in enormen Mengen über die ausgetrockneten Flächen läuft und den Weg für Überschwemmungen ebnete."
Italiens Regierung verspricht Hilfe
Italiens Ministerpräsidentin Giorgia Meloni sprach den Menschen in den betroffenen Regionen ihre "volle Solidarität" aus. "Die Regierung verfolgt die Entwicklung der Ereignisse aufmerksam und ist bereit, die notwendigen Hilfsmaßnahmen zu ergreifen", schrieb sie bei Twitter. In einem weiteren Tweet dankte Meloni allen Helferinnen und Helfern, die "unter Einsatz des eigenen Lebens" den Betroffenen in der Region zur Hilfe eilten.
Auch Staatspräsident Sergio Mattarella versprach der betroffenen Bevölkerung seine Solidarität und die nötigen Unterstützungsmaßnahmen. Für den kommenden Dienstag hat die Regierung eine Kabinettssitzung angesetzt, die sich mit den Überschwemmungen beschäftigen soll.
Papst Franziskus teilte in einem Telegramm an den Erzbischof von Bologna mit, dass er "Trost für die Verletzten und diejenigen, die unter den Folgen des schweren Unglücks leiden", erflehe.
Im Video: Autos und Häuser versinken in den Wassermassen
Ferrari spendet eine Million – Formel-1-Rennen abgesagt
Ferrari spendet eine Million Euro für die Nothilfe in der Krisenregion. Das Geld soll den Betroffenen der Überschwemmungen zugutekommen und dabei vor allem in Umwelt- und Klimaschutzprojekte fließen.
Der Grand Prix in Imola wäre für Ferrari ein Heimrennen gewesen, das für Sonntag geplante Formel-1-Rennen in Imola fiel aber buchstäblich ins Wasser. Der Pegel des an die Rennstrecke grenzenden Flusses Santerno war gefährlich angestiegen – deshalb beschlossen die Organisatoren, das Rennen abzusagen.
Mit Informationen von dpa und AFP
Korrekturhinweis: In einer früheren Version des Artikels hieß es, das Auswärtige Amt habe aufgrund der Unwetter eine Reisewarnung für Italien herausgegeben. Diese Information beruhte auf einer fehlerhaften AFP-Meldung. Korrekt ist: Das Auswärtige Amt hat bereits am 17.05. einen Reisehinweis auf seiner Website für die betroffenen italienischen Regionen formuliert. Reisehinweise enthalten nach Angaben des Auswärtigen Amts "Informationen unter anderem über die Einreisebestimmungen eines Landes, medizinische Hinweise, straf- oder zollrechtliche Besonderheiten. Sie werden regelmäßig überprüft und aktualisiert." Reisewarnungen dagegen enthalten "einen dringenden Appell des Auswärtigen Amts, Reisen in ein Land oder in eine Region eines Landes zu unterlassen." Letzteres liegt für Italien aber ausdrücklich nicht vor.
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