Ein Blitz zuckt bei einem Sommergewitter am abendlichen Himmel.
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Trotz Flut und starken Niederschlägen im Mai: 2024 wird in Bayern nicht als Gewitterjahr in die Geschichte eingehen.

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Wenn’s blitzt und kracht: 2024 nicht mehr Gewitter als üblich

Wenn’s blitzt und kracht: 2024 nicht mehr Gewitter als üblich

Auch dieses Wochenende erwartet Bayern um die 30 Grad – mancherorts gefolgt von Wärmegewittern. Gepaart mit der Regenflut im Mai, fühlt sich 2024 bisher nach einem besonderen Gewitterjahr an – eine BR24-Datenanalyse zeigt, dass der Schein trügt.

Über dieses Thema berichtet: BR24 im Radio am .

Wie misst man eigentlich, wie viele Gewitter es in einem Jahr gab? Eine flächendeckende Analyse ist nicht einfach, da Gewitter lokal begrenzt auftreten – aber es gibt Annäherungsversuche.

Zum Beispiel über die Zahl der Warnmeldungen. An 19 Tagen im August (Stand 30.08.24; 9.00 Uhr) warnte der Deutsche Wetterdienst (DWD) in Bayern vor Gewitter – also im Schnitt an zwei von drei Tagen. Von den 283 Warnungen beinhalteten etwas mehr als die Hälfte auch Warnungen vor Hagel. Betroffen waren vor allem der Süden und die Mitte Bayerns.

Blitzdaten als Indikator für Gewitter

Der DWD greift für seine Gewitter-Analysen unter anderem auf die Daten der sogenannten Blitzstatistik des Blitz-Informationsdiensts (BLIDS) zurück. Sie liefert Informationen zur Anzahl der Blitze, die die Erde trafen.

Nach Angaben des BLIDS war das heuer in Bayern bisher rund 50.000 mal der Fall – öfter als im ganzen Jahr 2022 und etwas seltener als 2023. Die meisten Blitze krachten 2024 im Juni. Die "Gewittersaison" begann allerdings bereits im Mai, wie auch 2022. 2023 war das erst im Juni der Fall.

Guido Kugelmann vom Klimabüro des Deutschen Wetterdienstes in München sagt zu diesen Daten: "Im September könnten noch Gewitter dazu kommen. Ich schätze, dann kommen wir auf ein ähnliches Ergebnis wie 2023 – vielleicht ein bisschen mehr." Im langjährigen Vergleich ist 2024 bisher aber noch lange kein Ausreißer.

Beobachtungsdaten enden im Jahr 2022

Zur Analyse von Gewittern lagen dem DWD lange Zeit auch Beobachtungsdaten von Stationen vor. Beobachterinnen und Beobachter haben rund um die Uhr an Messstellen notiert, ob es ein Gewitter gab, und ob es dabei auch hagelte. Entsprechend konnte jeder Tag als "Tag mit Gewitter" oder "Tag ohne Gewitter" eingeordnet werden. Im Zuge der Automatisierung der DWD-Stationen wurden diese Beobachtungen im Jahr 2022 offiziell beendet. Bereits ab dem Jahr 2011 nahm die Zahl der Stationen, die noch Beobachtungsdaten lieferten, stark ab. Nur zwei Stationen haben durchgehende Werte bis ins Jahr 2022: der Flughafen in München und die Messstation in Nürnberg.

Eine Aussage über das Jahr 2024 ist mit diesen Daten somit nicht möglich. Ein Blick in die Vergangenheit aber schon: 29 Stationen haben zwischen 1961 und 2011 regelmäßig genug gemessen. Bildet man aus ihren Daten einen Mittelwert, zeigt sich kein Auf- oder Abwärtstrend bei der Anzahl der Gewittertage. In Nürnberg, der Station mit der besten Zeitreihe bis ins Jahr 2022, ist das Bild ähnlich.

In den Daten sieht man also, dass Gewitter auch generell (noch) nicht häufiger auftreten als früher.

Begünstigt der Klimawandel die Entstehung von Gewittern?

Fachleute sind sich einig, dass im Zuge der Klimaveränderungen Starkregenereignisse zunehmen werden: Wärmere Luft hält mehr Feuchtigkeit und weniger dynamische Luftströme sorgen dafür, dass Wetterlagen länger an einem Ort verharren.

Bei Gewitter spielen laut Guido Kugelmann vom DWD noch mehr Faktoren eine Rolle – nicht nur die höhere Luftfeuchtigkeit, sondern zum Beispiel auch eine labile Luftschichtung: Zwischen der Luft am Boden und der höheren Atmosphäre herrscht dann ein großer Temperaturunterschied. Es kommt zu vertikalen Luftbewegungen: Feuchte warme Luft steigt vom Boden auf und kühlt dabei in hohem Maß ab – das Wasser kondensiert, Gewitterwolken entstehen.

Aus den Daten lasse sich nicht ableiten, dass Gewitter generell zunehmen. "Den Klimawandel sieht man vor allem am Anstieg der Temperatur und in Folge der Starkregenereignisse", sagt Kugelmann. "Solche Starkniederschlags-Ereignisse treten in der Fläche jetzt tendenziell häufiger auf. Sie sind aber nicht unbedingt an Gewitter gekoppelt."

GDV: überdurchschnittliche Schäden durch Wetterextreme 2024

Der Gesamtverband der Versicherer befürchtet in seiner Halbjahresbilanz überdurchschnittlich hohe Schäden durch Wetterextreme im Jahr 2024. Ausschlaggebend seien dafür aber vor allem die beiden Hochwasser – zunächst an Pfingsten im Saarland und Rheinland-Pfalz, später dann in Bayern beziehungsweise Süddeutschland.

Nach Angaben des Verbands belaufen sich die versicherten Schäden an Gebäuden in Deutschland durch Überschwemmungen und Regen bisher auf rund 2,7 Milliarden Euro. Versicherte Schäden an Gebäuden aufgrund von Sturm und Hagel, der in Deutschland so gut wie immer im Zusammenhang mit Gewitter auftritt, summieren sich bisher auf 800 Millionen Euro. Zum Vergleich: Im gesamten Jahr 2023 betrug die Höhe der Schäden durch Hagel und Sturm, inklusive Herbsttürme, 2,7 Milliarden Euro. Es scheint so, als würden Gewitter in diesem Jahr zumindest nicht mehr Schäden verursachen, als üblich.

Woher kommt das Gefühl, dass 2024 mehr Gewitter waren?

Den Daten nach wird 2024 also kein besonderes Gewitterjahr. Warum kommt es vielen Menschen dann so vor?

"Wir hatten die großen Niederschläge Ende Mai, Anfang Juni in Süddeutschland. Da kann es sein, dass die Menschen deshalb das Gefühl haben, es gab nur schlechtes Wetter", erklärt Guido Kugelmann vom DWD. Tatsächlich habe man aber das gehabt, was man als "normalen" mitteleuropäischen Sommer (externer Link) bezeichnen würde – mit kühleren und wärmeren Phasen, die sich abgewechselt haben. Das sei vor allem ein Kontrast zu den letzten Jahren, so der Fachmann, in denen es doch eher tendenziell anhaltend wärmere Phasen gegeben habe.

Zur großen Regenmenge in kurzer Zeit kommt außerdem die ungleiche Verteilung. Die folgende Karte zeigt, wie unterschiedlich die Niederschlagssituation im Mai und Juni an den Stationen in Bayern war:

Während es einigen Menschen so vorgekommen sein muss, als würden Regen und Gewitter gar nicht aufhören, gab es also auch viele, die von dieser Wetterlage überhaupt nichts gespürt haben.

Dieser Artikel ist erstmals am 30. August 2024 auf BR24 erschienen. Das Thema ist weiterhin aktuell. Daher haben wir diesen Artikel erneut publiziert.

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