Ein rot-weißes Absperrband, auf dem "Polizeiabsperrung" steht
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Polizei-Absperrband (Symbolbild)

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24 Jahre nach Mord an vierfacher Mutter: Mann in U-Haft

Fast ein Vierteljahrhundert ist es her: Eine junge, vierfache Mutter wird erhängt in ihrer Wohnung gefunden. Selbstmord? Die Ermittler sind schnell sicher: Das war es nicht. Jetzt gab es eine Festnahme.

Über dieses Thema berichtet: Regionalnachrichten aus Oberbayern am .

Knapp 24 Jahre nach dem Mord an einer Mutter von vier Kindern im Münchner Stadtteil Hasenbergl ist ihr damaliger Ehemann festgenommen worden. Das teilten am Donnerstag Polizei und Staatsanwaltschaft mit.

Ein Bekannter des inzwischen 56 Jahre alten Beschuldigten habe sich im September als Zeuge gemeldet und berichtet, dass der Ehemann ihm die Tat gestanden habe. Weil zusätzlich eine neuerliche Auswertung damals gesicherter Tatortspuren auf den heute 56-jährigen Türken als möglichen Täter hinwies, kam er in Untersuchungshaft.

Die türkischstämmige 28 Jahre alte Mutter von vier kleinen Töchtern war am Abend des 20. Februar 2000 tot in ihrer Wohnung im Münchner Stadtteil Hasenbergl gefunden worden - erhängt an einem Knauf des Kleiderschrankes.

Zunächst sah es wie Selbstmord aus

Der Mann hatte die Kinder am Freitag vor der Tat für das Wochenende zu sich geholt - am Sonntag wurde die Frau tot gefunden. Auch wenn es zunächst wie ein Selbstmord aussah, war für die Ermittler schnell klar, dass die Frau getötet wurde. Sie hatte, das ergab die Obduktion, Verletzungen am Hals und am Kopf. Damals wurde der Ehemann unter Tatverdacht verhaftet, aber nach vier Wochen freigelassen - der Verdacht ließ sich nicht erhärten. Der Mann sei seitdem mehrfach polizeilich in Erscheinung getreten, vor allem wegen Drogendelikten; er habe auch eine mehrjährige Haft abgesessen.

Die aus Westanatolien stammende Frau war im Alter von 15 Jahren mit ihrem Cousin verheiratet und danach nach München gebracht worden. Bereits drei Jahre vor ihrem Tod hatte sie sich von dem Mann getrennt, der sie Medien zufolge auch misshandelte. Mit ihren vier Kindern lebte sie in einer eigenen Wohnung.

Am Tatort konnte DNA nachgewiesen werden

Sie hatte 1999 die Scheidung eingereicht, wie die Sprecherin der Staatsanwaltschaft München I, Anne Leiding, berichtete. Anfang des Jahres 2000 habe sich die Frau verliebt und eine Beziehung zu einem anderen Mann aufgenommen. Das habe - so die Einschätzung der Anklagebehörde - bei dem Noch-Ehemann "narzisstische Wut" ausgelöst. "Er konnte nicht akzeptieren, dass seine Noch-Ehefrau eine neue Beziehung führte", sagte Leiding. "Das war aus Sicht der Staatsanwaltschaft der Auslöser." Der Mann habe - so der Vorwurf - seine Vorstellung über das Lebensrecht der Frau gestellt.

"Ehrenmord gibt es nicht"

Der Angeklagte, der zuletzt als Lagerist gearbeitet hatte, sei am Freitag festgenommen worden, sagte Stephan Beer vom Kriminalkommissariat 11. Er habe die Vorwürfe zurückgewiesen und versichert, nichts mit der Tat zu tun zu haben. Allerdings war am Tatort auch seine DNA gefunden worden - an einer Stelle, die für die Tathandlung relevant gewesen sei, sagte Beer.

Den Begriff Ehrenmord, der im Zusammenhang mit dem Fall gebraucht worden war, verwende sie nicht, betonte Leiding. "Sowas wie einen Ehrenmord gibt es überhaupt nicht." Mord könne nie ehrenwert sein.

Tatablauf noch nicht klar

Ob es Mittäter oder Mitwisser gegeben haben könnte, ist offen. Damals war spekuliert worden, dass andere Familienmitglieder bei der Tat geholfen haben könnten - oder zumindest davon wussten. Es seien noch verschiedenste Dinge abzuklären, darunter der genaue Tatablauf und wer daran beteiligt gewesen sein könnte, sagte Leiding.

"Wir ermitteln mit Hochdruck." Mord verjähre nie. Sie wertete es somit als positiv, dass eine Person aus dem Umfeld des Beschuldigten sich endlich getraut habe, das Richtige zu tun, nämlich "sich an die Ermittlungsbehörden zu wenden und die Wahrheit ans Licht zu bringen".

Auch die Polizei unterstrich: "Melden Sie sich bei uns, seien Sie Teil der Fallaufklärung." Es gebe Hilfe bei häuslicher Gewalt, sagte Pressesprecher Andreas Franken. Die Polizei könne Opfer schützen, etwa einem Täter für bestimmte Zeit verbieten, die gemeinsame Wohnung zu betreten oder den Täter in Gewahrsam nehmen.

Mit Informationen von dpa

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