Ab 1. Mai kostet der öffentliche Nahverkehr 49 Euro im Monat - wer das Ticket in Berchtesgaden kauft, kann in Flensburg damit fahren. Doch viele Verkehrsunternehmen, vor allem auf dem Land und in kleineren Städten, befürchten Nachteile.
Deutschlandticket: Probleme vor allem im ländlichen Raum
Kurz vor dem Start des "Deutschlandtickets" am 1. Mai können nicht alle bayerischen Verkehrsunternehmen die staatlich subventionierte Monatskarte anbieten. Das sind vor allem Unternehmen im ländlichen Raum und in Städten, die nicht zu einem größeren Verkehrsverbund gehören. Dazu zählen die Stadtwerke Passau und die Stadtwerke Hof. Diese Unternehmen verweisen Kundinnen und Kunden, die 49-Euro-Tickets kaufen wollen, an Deutsche Bahn und Anbieter von Ticket-Apps.
Seit 3. April läuft der Vorverkauf, ab 1. Mai werden die Deutschlandtickets in Bussen, Bahnen aller Art und Trams gültig sein. Verkehrsminister Christian Bernreiter (CSU) zieht vor dem Start eine positive Bilanz: "Die Umsetzung des Deutschlandtickets in Bayern läuft sehr gut".
Der CSU-Politiker verbindet das mit Dank an alle Beteiligten - und der Ankündigung schnellstmöglicher Finanzhilfe für die Unternehmen, die wegen der erwarteten Umsatzeinbußen in Schwierigkeiten geraten: "Wir als Freistaat werden bereits zum Start des Deutschlandtickets Abschlagszahlungen an die Verkehrsunternehmen leisten, um ihre Liquidität zu gewährleisten." Bernreiter appelliert an die Fahrgäste, "das Ticket möglichst bei ihrem regionalen Anbieter zu kaufen, um den Nahverkehr in Bayern zu unterstützen".
Immer möglich: Digitale Version des 49-Euro-Tickets
Auch in Kommunen, deren Verkehrsbetriebe das Deutschlandticket nicht selbst vertreiben, werden die verbilligten Monatskarten erhältlich sein. Besitzer eines Mobiltelefons können digitale Fahrkarten sowohl über Handy-Apps als auch über Webseiten wie bahn.de erwerben. Doch für Menschen, die ihr 49-Euro-Ticket lieber als physische Fahrkarte in Händen halten würden, wird die Suche nach einer Verkaufsstelle in diesen Kommunen mutmaßlich zum mühsamen Geschäft.
Möglich und erlaubt sind drei Versionen: Handyticket, Plastikkarte mit Chip und vorübergehend bis Jahresende Papierfahrkarten. Auch manche Verbünde - darunter der Augsburger AVV und der VVM Mainfranken in Würzburg und Umgebung - bieten Plastikkarten zumindest vorerst nicht an. Gründe sind die kurze Vorlaufzeit, der Aufwand und die Kosten, die für Produktion, Transport und Vertrieb physischer Fahrkarten erforderlich sind.
Manche wollen nachziehen, so die Aschaffenburger Stadtwerke. In der unterfränkischen Stadt soll es das Deutschlandticket ab 1. September auch als Chipkarte zu kaufen geben, wie eine Sprecherin sagt. Die Nachfrage nach dem Deutschlandticket ist hoch: "Circa 50 Prozent der Abo-Bestandskunden haben das Deutschlandticket beantragt", sagt die Sprecherin. Das Münchner Ministerium geht davon aus, dass die Fahrgastzahlen steigen."
Stadtwerke Hof rechnen mit Verlusten
Unternehmen, die das Deutschlandticket weder digital noch physisch selbst vertreiben, stehen vor einer besonders unerfreulichen Situation: Ihre Fahrgäste müssen die 49-Euro-Tickets bei der Bahn oder einem anderen Verkehrsunternehmen kaufen, dorthin fließen dann auch die Einnahmen.
Zu denen, die sich Sorgen machen, zählen die Stadtwerke Hof mit ihrer Tochter HofBus. "Aus jetziger Sicht gehen wir in der Tat von höheren Umsatzeinbußen aus", sagt eine Sprecherin. Die Ausgleichszahlungen, die viele Verkehrsunternehmen im Zuge der Einführung des Deutschlandtickets bekommen, seien für die HofBus GmbH ebenfalls berechnet worden. "Die Prognose: Wir bekommen null Euro laut ersten Berechnungen der Ausgleichszahlungen", sagt die Sprecherin. "Demnach rechnen wir mit Rekordverlusten."
Die Hofer Stadtwerke hoffen nun auf die von Verkehrsminister Bernreiter versprochene schnelle Hilfe. Zum Jahreswechsel will die oberfränkische Stadt dem Nürnberger Tarifverbund VGN beitreten.
Politik verspricht Ausgleich von Mehrkosten und Mindereinnahmen
Von der Politik versprochen ist, dass das 49-Euro-Ticket keine Löcher in die Bilanzen reißen soll: In diesem Jahr sollen alle Mehrkosten beziehungsweise Mindereinnahmen vollständig ausgeglichen werden. "Insofern führt das zunächst nicht zu Verlusten für die Branche", sagt ein Sprecher des Verbands deutscher Verkehrsunternehmen in Berlin. "Wie sich das in den kommenden Jahren entwickelt, muss zwischen Bund und Ländern dann entsprechend verhandelt werden."
Bernreiter wollte bei den mühsamen Verhandlungen mit dem Bundesverkehrsministerium sicherstellen, dass die Deutschlandtickets überall auch als physische Fahrkarte angeboten werden. Zwar besitzt der Großteil der Bürgerinnen und Bürger ein Smartphone, doch eben nicht alle. Im Sinn hat der Verkehrsminister dabei alte Menschen ebenso wie Schüler.
Allgäuer Verkehrsverbund: Run auf Chipkarten
Abgesehen davon gibt es mutmaßlich nach wie vor nicht wenige Handy-Besitzer, die dem Online-Zahlungsverkehr misstrauen. So meldet der Allgäuer Verkehrsverbund Mona große Nachfrage nach den Chipkarten. "Aktuell werden wir überrannt", sagt eine Mona-Sprecherin in Kempten. Vor allem Senioren seien interessiert.
Auch Zahlen aus München deuten in diese Richtung: Dort hatten bis vergangene Woche 120.000 Kunden der Verkehrsgesellschaft MVG ein Deutschland-Abo abgeschlossen, nur die Hälfte davon für Handytickets.
- Zum Artikel: "Deutschlandticket: Für wen sich das 49-Euro-Abo lohnt"
Mit Informationen von dpa
Video: Deutschlandticket - Engpässe bei den Chipkarten
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