Playmobil-Figuren löschen Brände, bewirtschaften einen Bio-Bauernhof und tauchen als Meerjungfrauen in eine Unterwasserwelt ab: Am Stand von Playmobil auf der Spielwarenmesse sind heile Spielewelten aufgebaut. Doch als Vorstand Bahri Kurter auf der Spielwarenmesse in Nürnberg die Neuheiten aus Zirndorf präsentiert, gibt er eines unumwunden zu: Aus wirtschaftlicher Sicht hat Playmobil "schon bessere Tage erlebt".
Vom Spielen zum Sammeln
In den vergangenen Jahren sei die ursprüngliche Zielgruppe der vier bis zehn Jahre alten Kinder um ein Drittel geschrumpft, sagt Kurter. Was sich auch in den Umsätzen bemerkbar gemacht habe. Die Älteren beschäftigen sich seinen Worten zufolge zunehmend mit digitalen Medien. Eine Neuausrichtung, die Kleinkinder und die Sammelleidenschaft von Jugendlichen und Erwachsenen anspricht, soll nun neue Käuferinnen und Käufer bringen. Erklärtes Ziel sei es, dass jedes Kind das Spielen mit Playmobil beginnt, so der Vorstand.
Briefmarke und Fastfood-Kooperation
Erwachsene sollen sich Playmobil-Figuren ins Regal stellen – wie etwa die kleine Luther-Figur, die das Unternehmen vor einigen Jahren mit der evangelischen Kirche herausgebracht hat. Auch mit dem Bamberger Herrscherpaar Heinrich und Kunigunde feierte das Unternehmen bereits Erfolge. Kurter will auch prominente Künstler für eigene Figuren Pate stehen lassen, bleibt dabei aber noch vage. Konkret sind bereits ein Set mit den Charakteren aus Asterix und Obelix – und ein Porsche-Modell.
Außerdem soll zum Jubiläumsjahr heuer eine Playmobil-Briefmarke erscheinen, eine Zusammenarbeit mit dem DFB steht an – und in mehr als 70 Ländern soll bald schon ein Playmobil-Tier in der HappyMeal-Tüte des Fastfood-Riesen McDonald's stecken, insgesamt mehr als 50 Millionen Stück. Bei einem Wettbewerb sollen außerdem Kunden an der Kreation neuer Serien beteiligt werden.
"Der größte Krampf" auf der Spielwarenmesse 1974
Dass überhaupt jemals so viele Spielfiguren produziert würden, war bei der ersten Spielwarenmesse mit Playmobil vor 50 Jahren nicht abzusehen, erinnerte sich der inzwischen verstorbene Firmenchef Horst Brandstätter einmal in einem Interview mit dem Bayerischen Rundfunk: Als er auf der Spielwarenmesse 1974 die ersten Playmobil-Figuren präsentierte, hätten ihn Einkäufer zur Seite genommen und gesagt, die siebeneinhalb Zentimeter großen Indianer, Bauarbeiter und Ritter seien "der größte Krampf". Schließlich gebe es auf dem chinesischen Markt genügend Plastikspielfiguren.
Von der Ölkrise zur Nachhaltigkeit
Der Erfolg hat die einstigen Kritiker längst widerlegt: 3,8 Milliarden Playmobil-Figuren wurden in den vergangenen 50 Jahren gefertigt, in mehr als 100 Ländern sind sie erhältlich. Bereits 1974 aber hatten eine Krise und eine Neuausrichtung den Grundstein für Playmobil gelegt: Als im Zuge der Ölkrise die Preise für Kunststoffe enorm anstiegen, waren die kleinen Figuren – aus weniger Material – ein Ausweg für den Hersteller von Hula-Hoop-Reifen, Tret-Traktoren und anderen großen Kunststoffartikeln. 50 Jahre später will Playmobil den Trend zur Nachhaltigkeit bedienen.
Pflanzenbasierte Kunststoffe als Alleinstellungsmerkmal
Als Firma wolle Playmobil bis 2027/28 komplett nachhaltig sein und seine Figuren aus pflanzenbasierten Kunststoffen herstellen. Gerade für Eltern sei Nachhaltigkeit ein entscheidendes Kriterium, das man schon jetzt mit einer nachhaltigen Junior-Serie nutze und weiter ausbauen wolle, so Vorstand Kurter. Die neue Serie für die Ein- bis Dreijährigen besteht zu 90 Prozent aus pflanzenbasierten Kunststoffen. Ein Alleinstellungsmerkmal, wie Kurter betont: Weltweit sei Playmobil das erste Unternehmen, das eine Kleinkindserie als nachhaltig anbiete.
Stellenabbau und Zukunftsstrategie
Das Jubiläumsjahr 2024 soll für den fränkischen Spielzeughersteller der Aufbruch in die Zukunft sein. Mit Blick auf den Abbau von weltweit 17 Prozent der Stellen sagte Kurter im Gespräch mit BR24: "Das macht uns allen keinen Spaß." Man versuche mit dem Betriebsrat eine Lösung zu finden und wolle den Umbau schnell vollziehen. "Wir möchten diese Sache so schnell wie möglich voranschreiten lassen, damit auch jeder Mitarbeiter weiß, woran er ist. Und zweitens wollen wir auch unsere Strategie weiter umsetzen. So dass das Geschäft tatsächlich weiterläuft", so Kurter.
Man habe viel vor: "Wir wollen die Umsätze in diesem und auch im nächsten Jahr weiter steigern, durch unsere neue Strategie." Die kleinen Playmobil-Figuren unterdessen lächeln weiter. Ihr "Vater" Horst Brandstätter hatte einmal gesagt: "Mit der Zeit gehen müssen wir, das wissen wir. Aber wie ich hoffe, auf eine playmobilgerechte Art und Weise."
Das ist die Europäische Perspektive bei BR24.
"Hier ist Bayern": Der BR24 Newsletter informiert Sie immer montags bis freitags zum Feierabend über das Wichtigste vom Tag auf einen Blick – kompakt und direkt in Ihrem privaten Postfach. Hier geht’s zur Anmeldung!