Am 18. Februar 1943 huschen zwei schlanke Gestalten durch die verlassenen Flure der Münchner Ludwig-Maximilians-Universität. Die Vorlesungen sind noch nicht zu Ende. Vor den Hörsaaltüren, auf Fenstersimsen und Mauervorsprüngen verteilen die Geschwister Hans und Sophie Scholl Flugblätter, die eine illusionslose Beschreibung der militärischen Lage geben und zum Widerstand gegen die Nazi-Diktatur aufrufen.
Flugblätter flattern in den Lichthof der LMU
Als am Ende noch Flugblätter übrig sind, lassen die beiden Studenten diese vom obersten Stockwerk unter der großen Glaskuppel in den Innenhof der LMU hinunter flattern. Die verwegene Aktion ist ein tödlicher Fehler. Der Hausschlosser Jakob Schmid, ein strammer SS-Mann, sieht die Blätter durch das Treppenhaus segeln, rennt den beiden nach und schleppt die Geschwister Scholl in das Rektorat. Die Gestapo rückt an, schließt alle Ausgänge, sammelt die Flugblätter ein. Nur wenige Tage später werden Hans und Sophie Scholl in einem Schauprozess zum Tod verurteilt und zum Schafott geführt.
Erzogen zum Widerstand
Sophie und Hans stammten aus einer Familie, in der selbstständiges Denken geschätzt war. Der Vater Robert, Bürgermeister im schwäbischen Forchtenberg, später Wirtschaftsprüfer in Ulm, hatte im Ersten Weltkrieg den Dienst mit der Waffe verweigert und war als Sanitäter an die Front gezogen. Den Kontakt zu jüdischen Freunden und avantgardistischen Künstlern ließ er sich von den Nazis nicht verbieten. Die Mutter hatte vor ihrer Heirat als Diakonisse gearbeitet.
Die Widerstandsgruppe formiert sich
Sophie Scholl studiert ab Sommer 1942 in München Biologie und Philosophie. Sie wohnt bei ihrem Bruder Hans, der sich auf den Arztberuf vorbereitet, und lernt spätestens jetzt seine Freunde kennen, die sich bei regelmäßigen Diskussions- und Leseabenden über Terror und Gleichschaltung ereifern. Zu der Gruppe gehören unter anderem der in Russland geborene Alexander Schmorell, der stark von katholischen Jugendgruppen geprägte Willi Graf und Christoph Probst, der mit 21 geheiratet hat und bereits zweifacher Familienvater ist.
Widerstand gegen das NS-Regime mit Flugblättern
Im Sommer 1942 beginnt die Gruppe, die sich "Weiße Rose" nennt, Flugblätter zu entwerfen, um Mitbürger, die bisher noch treu zu Staat und Partei stehen, über die im Krieg und in den KZs verübten Gräuel und die katastrophale militärische Lage zu informieren. Und: Sie appellieren an das persönliche Gewissen, mit Hinweisen auf die vom NS-Terror verhöhnte abendländische Kultur und das christliche Menschenbild, garniert mit Zitaten von Goethe, Schiller, Aristoteles, Augustinus, ganz anders als die übliche Agitation politischer Widerständler.
Nach der Niederlage von Stalingrad, Anfang Februar 1943, beginnt die Gruppe wilde Hoffnungen zu hegen: Könnte es jetzt nicht doch zum Militärputsch kommen? Steht die Invasion der Alliierten bevor? Man wird unvorsichtig. Nachts laufen Hans Scholl, Schmorell und Willi Graf durch die verdunkelten Straßen, malen die Worte „Freiheit!“ und „Nieder mit Hitler!“ auf Hausfassaden und Universitätsgebäude. Schließlich am 18. Februar 1943 die Flugblattaktion, die Hans und Sophie Scholl Freiheit und Leben kosten wird.
Gedenkstätte "Weiße Rose" an der LMU München
An der LMU München wird das Erbe der Widerstandsgruppe "Weiße Rose" bis heute bewahrt. Im Lichthof der Universität, wo die Geschwister Scholl zum Widerstand gegen die NS-Diktatur aufgerufen haben, befindet sich die Gedenkstätte "Weise Rose" - ein zentraler Erinnerungs- und Lernort. Der Platz vor der Universität ist nach den Geschwistern Scholl benannt.