Das Richtfest sollte auch ein Lichtfest sein: Mit der Einweihung einer Lichtinstallation, die die Geschichte des Gotteshauses vor Augen führt, feierte der Verein "Synagoge Reichenbachstraße" die Fertigstellung des Rohbaus und des Dachstuhls. Licht, das für Leben steht, denn die Synagoge an der Reichenbachstraße, der älteste jüdische Bau Münchens, soll endlich wieder ein Ort der Begegnung sein, sagte Rachel Salamander, die Gründerin des Vereins. "Wenn man zehn Jahre Engagement hinter sich hat, ist es wie ein kleines Wunder, dass wir Licht am Ende des Tunnels sehen."
Die Lichtinstallation, eine beleuchtete Glasplatte, erinnert an die Eckdaten der einzigen erhaltenen Vorkriegssynagoge in München und soll im Boden des Foyers eingelassen werden.
Renovierung kostet rund zwölf Millionen Euro
Etwa zwölf Millionen Euro solle die Instandsetzung des Gotteshauses insgesamt kosten, sagte ein Sprecher des Vereins "Synagoge Reichenbachstraße". Nach aktuellem Stand sei genügend Geld für das Projekt vorhanden. Die Kosten teilen sich die Stadt München, der Freistaat und der Bund. Zehn Prozent der Bausumme muss der Verein aus Eigenmitteln bestreiten.
Die Einrichtung von 1947 wurde inzwischen herausgerissen, das Fundament gefestigt, der Rohbau fertiggestellt - nun fehlt nur noch die Inneneinrichtung.
"Beweis für festen Platz, den jüdische Gemeinde in München hat"
Staatsminister Florian Herrmann (CSU) erklärte in seinem Grußwort, dass die Synagoge in der Reichenbachstraße künftig wieder ein Ort der Zusammenkunft und der jüdischen Kultur sein werde. "Sie ist der Beweis für den festen Platz, den die jüdische Gemeinde in München hat", sagte der Politiker.
Die Münchner Bürgermeisterin Katrin Habenschaden (Grüne) dankte dem Verein für die "großartige, unermüdliche Arbeit" der letzten zehn Jahre. Mit der originalgetreuen Sanierung der Synagoge werde "für uns alle ein Stück Münchner Geschichte wieder erlebbar".
Eine von wenigen Synagogen im Bauhaus-Stil
Das Ziel ist, die Synagoge wieder in ihren ursprünglichen Zustand zurück zu versetzen. Denn der war etwas ganz Besonderes, sagte der Bauleiter der Renovierung, Stefan Goedeke: "Innovativ, leuchtende Farben, mutige Farben und sehr große Strahlkraft." Sie ist eine der wenigen Synagogen weltweit im Bauhaus-Stil, mit türkis und beigefarbenen Wänden und bunten Glasfenstern. Vieles sei vom ursprünglichen Bestand durch die Reichspogromnacht zerstört, so Goedeke. "Aber manches haben wir noch retten können, was eingelagert wurde und so haben wir das Bild mit verschiedenen Puzzlestücken wieder zusammengesezt."
Die Gebäude in einem Hinterhof der Reichenbachstraße war 1931 nach Plänen von Gustav Meyerstein errichtet worden. In der Reichspogromnacht vom 9. November 1938 verwüsteten Nationalsozialisten das jüdische Gotteshaus und legten Feuer. Nur wegen der benachbarten Wohnhäuser wurde der Brand gelöscht.
Nach dem Krieg dienten die notdürftig instand gesetzten Räume bis 2006 als Heimat der Israelitischen Kultusgemeinde (IKG) München. Nachdem die neue Synagoge "Ohel Jakob" eröffnet war, verfiel das Baudenkmal zusehends. 2013 gründete die Publizistin Rachel Salamander einen Verein zur Rettung des Gebäudes.
Synagoge an der Reichenbachstraße - "eine absolute Attraktion"
Salamander möchte, dass in der Synagoge wieder Gottesdienste stattfinden - und das Schüler und Studierende hier mehr über jüdische Geschichte und jüdisches Leben erfahren können: "Wenn diese Synagoge in dieser Farbenpracht wiederhergestellt sein wird, ist es eine absolute Attraktion, nicht nur für jüdische Menschen, sondern für die Stadtgesellschaft."
Mit Informationen von dpa und epd
Im Audio: Richtfest für Wiederherstellung alter Münchner Synagoge
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