Seit 28 Jahren führt Martin Steinle das Kurhotel-Steinle. Die Gebührenerhöhung könnte sein Hotel mehrere tausend Euro im Jahr kosten.
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Seit 28 Jahren führt Martin Steinle das Kurhotel-Steinle. Die Gebührenerhöhung könnte sein Hotel mehrere tausend Euro im Jahr kosten.

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Abwassergebühren in Bad Wörishofen fast verdoppelt

Abwassergebühren in Bad Wörishofen fast verdoppelt

Für die Kneipp-Stadt Bad Wörishofen hat Wasser eine ganz besondere Bedeutung. Ausgerechnet dort ist das entstehende Abwasser seit Januar deutlich teurer. Die Gebühr liegt in dem schwäbischen Ort damit weit über dem bayerischen Durchschnitt.

Über dieses Thema berichtet: Mittags in Schwaben am .

In der Kneipp-Stadt Bad Wörishofen wurde die Abwassergebühr zum 1. Januar 2024 von 2,18 Euro pro Kubikmeter auf 4,20 Euro erhöht. Viel zu kurzfristig sei diese Erhöhung abgelaufen, kritisieren einige Stadträte und Hoteliers. Deshalb wird am Montag noch mal im Stadtrat über mögliche Anpassungsspielräume der Erhöhung diskutiert.

Abwassergebühr in bayerischen Städten vergleichsweise günstig

Bad Wörishofen ist nicht die einzige Stadt, die Ihre Abwassergebühr zum Jahresbeginn erhöht hat. Im Münchner Südosten wurde die Gebühr von 2,27 Euro pro Kubikmeter auf 2,86 Euro angehoben. Es sei die erste Erhöhung nach fast zehn Jahren Gebührenstabilität, teilt der Gebührenverband München-Südost mit.

Im bundesweiten Vergleich sind Abwassergebühren in den großen bayerischen Städten eher günstig. In einer Rangliste von 2023 der 100 größten deutschen Städte liegen die acht bayerischen Großstädte in der vorderen Hälfte, wie aus eine Mitteilung des Eigentümerverbands Haus & Grund hervorgeht.

2022: Abwassergebühren in Bayern im Durchschnitt bei 2,09 Euro

Deutlich drastischer fällt die Erhöhung in einem Dorf in Mittelfranken aus. Statt 4,30 Euro pro Kubikmeter Abwasser müssen die Einwohner des kleinen Ortes Abtsgreuth im Landkreis Neustadt/Aisch-Bad Windsheim ab diesem Jahr satte 13,68 Euro zahlen. Die aktuellsten bayernweiten Zahlen stammen aus dem Jahr 2022: Damals lagen die Abwassergebühren pro Kubikmeter durchschnittlich bei 2,09 Euro. Die Abwassergebühren setzen sich aus den Gebühren für Regenwasser, das in den Kanal geleitet wird, sowie den Gebühren für Schmutzwasser, etwa Abwasser aus Waschmaschine und die Dusche, zusammen.

Privathaushalt zahlt nun Hunderte Euro mehr im Jahr

In Bad Wörishofen könnte einem Privathaushalt die Erhöhung der Abwassergebühr mehrere hundert Euro im Jahr kosten. Grund für die Erhöhung seien die Erweiterung der Kläranlage, der Bau neuer Kanäle sowie die gestiegenen Kosten, sagt Stefan Welzel, der erste Bürgermeister von Bad Wörishofen. Auch die gestiegene Einwohnerzahl habe bauliche Maßnahmen notwendig gemacht, sagt er. "Wir haben jetzt zum 1. Januar über 18.500 Einwohner. Wenn wir wachsen wollen, brauchen wir auch eine größere Kläranlage", sagte Welzel.

Zudem habe man erhebliche Altlasten im Abwassersystem beseitigen müssen. Die durch die Baumaßnahmen entstanden Kosten müsse man zwangsläufig auf die Bürger umlegen, so Welzel. Daher und da man kostendeckend arbeiten müsse, stehe die Notwendigkeit einer Erhöhung nicht zur Debatte. Laut dem bayerischen Umweltministerium gibt es keine Gebührenobergrenze bei den Abwassergebühren. "Die Kommunen können - in gewissem Rahmen - selbst festlegen, wann sie welche Investition tätigen und ob sie diese über einmalige Beiträge oder über laufende Gebühren auf die Anschlussnehmer umlegen", so das Ministerium auf BR24-Anfrage.

Einige Stadträte kritisieren Erhöhung

Kritisch sehen die Hoteliers in Bad Wörishofen sowie einige Stadträte, darunter der Zweite Bürgermeister Daniel Pflügl sowie die Dritte Bürgermeisterin Michaela Bahle-Schmidt, jedoch, wie kurzfristig über die Erhöhung entschieden wurde. Bei einer nicht öffentlichen Sitzung im Dezember präsentierte Bürgermeister Welzel die erhöhte Gebühr dem Stadtrat. "Basis dazu war die Neukalkulation der Gebühren durch eine renommierte Fachfirma für Kommunalberatung und Gebührenkalkulation", heißt es in einer Pressemitteilung der Stadtverwaltung. Erhöht wurden die Abwassergebühren auch in der angrenzenden Gemeinde Mindelheim, dort beträgt die Abwassergebühr nun 2,69 Euro pro Kubikmeter.

Erhöhung der Abwassergebühr sei zu kurzfristig

Der Zeitraum zwischen der Präsentation der Entwurfszahlen und dem Beginn der Erhöhung ab 1. Januar 2024 sei zu kurz gewesen, um sich mit allen Betroffen ausführlich zu beraten und alternative Berechnungsmodelle zu prüfen, sagt Pflügl. Eine so drastische Erhöhung hätte man den Bürgern früher mitteilen müssen. Aus seiner Sicht habe man das Thema "bis zu dem Zeitpunkt, wo der Beschluss herbeigeführt worden ist, viel zu wenig beleuchtet", so Pflügl. "Es wurden die Folgen nicht bedacht. Viele Fragen sind bis heute ungeklärt. Und auf der Basis so einen Beschluss zu fassen, das ist einfach schlecht", sagte der Zweite Bürgermeister.

Gemeinsam mit der Dritten Bürgermeisterin Michaela Bahle-Schmidt schrieb er in einer Pressemitteilung, dass erregte Gemüter nach der Erhöhung nachvollziehbar seien. Weiter heißt es darin: "Wie in solchen Fällen eigentlich üblich, wäre es wichtig gewesen, den Stadtrat und hier insbesondere die Fraktionsführer im Vorfeld umfassend zu informieren, sodass eine angemessene Vorbereitung in den Fraktionen hätte stattfinden können. Dafür, dass die kurzfristig angesetzte Debatte sodann nicht öffentlich abgehalten wurde, gab es schlichtweg keinen Grund und eröffnet Raum für Spekulationen."

Stufenmodell für Gebührenerhöhung denkbar

70 Prozent des Stadtrats haben für die Erhöhung gestimmt. Hauptsächlich, so Pflügl, wegen der drängenden Entscheidung und der fehlenden Vorbesprechung. Aus diesem Grund wird am Montag in der Stadtratssitzung noch über mögliche Anpassungsspielräume diskutiert. Schließlich könne man die Gebühr auch während des Jahres, allerdings nur nach unten, anpassen. Sowohl Welzel als auch Pflügl könnten sich ein Stufenmodell vorstellen, bei dem die Gebühr über mehrere Jahre erhöht wird.

Hoteliers kritisieren mangelnde Kommunikation

Mit einer schrittweisen Erhöhung müssten auch die Hoteliers ihre Zimmerpreise nicht sofort erhöhen. Denn die Bedeutung der Kurhotels für die Stadt dürfe man nicht vergessen, sagt Hotelier Martin Steinle. Seit 28 Jahren führt er das Kurhotel Steinle in Bad Wörishofen. Er ist zudem stellvertretender Kreisvorsitzender des Hotel- und Gaststättenverbandes im Unterallgäu. Es sei nicht der erste Fall von mangelnder Transparenz bei politischen Entscheidungen, sagte er. "Wir fühlen uns in keinster Weise mit ins Boot geholt bei den Entscheidungen und auch nicht vorinformiert. Und das machen wir jetzt schon mehrere Jahre mit", so Steinle.

Die Gebührenerhöhung könnte Steinles Hotel mehrere tausend Euro im Jahr kosten, denn für eine einzelne Kneipp-Anwendung brauche man 50 Liter Wasser. In der Zwischenzeit sieht sich Steinle nach wassersparenden Duschköpfen für sein Hotel um. Denn unabhängig von der Gebühr, so der Hotelier, sei es ja gut für die Umwelt, den eigenen Wasserverbrauch zu hinterfragen.

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