Statt 4,30 Euro pro Kubikmeter Abwasser müssen die Einwohner des kleinen Ortes Abtsgreuth im Landkreis Neustadt/Aisch-Bad Windsheim ab diesem Jahr satte 13,68 Euro zahlen. Eine Nachricht von der Gemeinde, die im Ort einige Bewohnerinnen und Bewohner ganz schön aus der Bahn geworfen hat. "Schaff ich nicht! Wie soll ich das stemmen?", war der erste Gedanke von Elfriede Thaler. Sie lebt schon lange in Abtsgreuth und ist mittlerweile Rentnerin.
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Jahresgebühr: 2.000 statt 600 Euro
"Ich habe ein Haus abzubezahlen, ich habe erhöhte Ölpreise, erhöhte Strompreise, Benzinkosten – alles ist teurer geworden", sagt sie besorgt. Auch Hassan Romeh ist geschockt über die neue Gebühr. Er ist Vater von vier Kindern, bei seiner großen Familie rechnet er mit einer Jahresrechnung von gut 2.000 Euro für das Abwasser statt der bisher rund 600 Euro. "Wir haben schon angefangen, Wasser zu sparen", berichtet er.
Wen die Preissteigerung deutlich trifft
Die Überraschung im Ort über die enorme Gebührenerhöhung war groß, erzählt Ortssprecher Christoph Pölloth. Für viele hier seien Zahlen in dieser Größenordnung einfach gar nicht denkbar gewesen. "Sie müssen sich das so vorstellen, dass wir sehr viele Gehöfte haben, das waren früher mal landwirtschaftliche Betriebe. Da ist nur noch ein Mann oder eine Frau da, die jetzt hier noch lebt, die Kinder sind alle weggezogen. Die wird es schon deutlich treffen." Im Ort sind viele schlecht zu sprechen auf die Gemeinde, die ihrer Ansicht nach die Erhöhung "Knall auf Fall" entschieden und umgesetzt hat.
Teichkläranlage zieht extreme Kosten nach sich
Die Gründe für die Mehrkosten sind komplex und beziehen sich alle auf die Teichkläranlage, die direkt vor dem Ortseingang liegt. Sie wurde in den 2.000ern fertiggestellt. Nun musste das Wasserrecht für eine weitere Nutzung für viel Geld neu beantragt werden, heißt es aus dem zuständigen Rathaus in Münchsteinach. Hinzu kommen Abschreibungskosten, Zinsen und Personalkosten für die Kläranlage, die man ab diesem Jahr auf die Bewohner von Abtsgreuth umlegen wird. Insgesamt sei man damit bei einem Defizit von rund 67.000 Euro, das nun gezahlt werden müsse.
Ein weiteres Problem: Für die Kosten rund um die Teichkläranlage wurden damals die 120 Einwohnerinnen und Einwohner des Ortes als Kalkulationsgrundlage genommen. Doch mittlerweile ist der Ort geschrumpft, nur noch rund 75 Menschen wohnen hier, darunter viele Kinder sowie Männer und Frauen im Rentenalter.
Münchsteinach: 10 Euro pro Kubikmeter weniger
Dass 13,68 Euro pro Kubikmeter Abwasser eine enorme Summe ist, das gibt auch der zuständige Bürgermeister Jürgen Riedel (Bürgerforum) zu. "Die Erhöhung war jetzt schon wirklich gravierend. Da habe ich alles Verständnis, dass der Bürger da nicht begeistert ist." Was die Abtsgreuther kaum fassen können: Die Menschen in den Nachbarorten, nur wenige Kilometer entfernt, zahlen 2024 weiter deutlich weniger: In Münchsteinach beispielsweise, dem Hauptort der Gemeinde, kostet der Kubikmeter Abwasser 2,99 Euro. Im nahen Uehlfeld zahlt man sogar nur 1,74 Euro. Diespeck liegt mit 3,50 Euro noch am nächsten an Abtsgreuth dran.
Durchschnittspreis lag 2022 bei 2,09 Euro
Laut dem bayerischen Umweltministerium gibt es keine Gebührenobergrenze bei den Abwassergebühren. "Die Kommunen können – in gewissem Rahmen – selbst festlegen, wann sie welche Investition tätigen und ob sie diese über einmalige Beiträge oder über laufende Gebühren auf die Anschlussnehmer umlegen", so das Ministerium auf BR24-Anfrage. Die aktuellsten bayernweiten Zahlen stammen aus dem Jahr 2022: Damals lagen die Abwassergebühren pro Kubikmeter durchschnittlich bei 2,09 Euro.
Hohe Gebühr soll nur zwei Jahre bleiben
Eine Summe, die verdeutlicht, wie hoch die jetzige Gebühr der Abtsgreuther ist. Man habe sich die Entscheidung allerdings nicht leicht gemacht, heißt es aus dem Rathaus. Eine Umlegung der Mehrkosten auf die ganze Gemeinde käme aber nicht infrage. Der Bürgermeister betont jedoch: Die hohen Preise sollen nur für zwei Jahre gelten, denn dann wolle man eine neue, zentrale Kläranlage für alle Gemeindeteile betreiben und so auch einheitliche Preise verlangen.
In Abtsgreuth sind viele enttäuscht
Bei vielen Bewohnerinnen und Bewohnern von Abtsgreuth bleibt dennoch Wut zurück. Sie ärgern sich nicht nur über die hohe Gebühr. Man habe mit ihnen im Vorfeld nicht das Gespräch gesucht und sie so vor vollendete Tatsachen gestellt. "Ich fühle mich sehr, sehr übergangen", sagt Elfriede Thaler. Sie hofft, ebenso wie Hassan Romeh und Christoph Pölloth, dass die Gemeinde ihren Entschluss trotz allem noch einmal überdenkt.
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