Jetzt ausgestopft: Der letzte freilebende bayerische Braunbär, der im Jahr 1835 bei Ruhpolding erlegt worden war.
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Jetzt ausgestopft: Der letzte freilebende bayerische Braunbär, der im Jahr 1835 bei Ruhpolding erlegt worden war

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Akribisch verfolgt: Wie Braunbären ausgerottet wurden

Braunbären sind heute artenschutzrechtlich streng geschützt. Über lange Zeit wurden sie massiv verfolgt. Bis es zur vollständigen Ausrottung in Deutschland kam, als der letzte seiner Art 1835 in Ruhpolding geschossen worden ist.

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Braunbären waren zahlreich in ganz Europa. Das ist lange her. "Bären können bei uns fast überall leben und sind flächendeckend in Europa verbreitet gewesen, sagt Anneke van Heteren, Expertin für große Beutegreifer bei der Zoologischen Staatssammlung in München.

"Großwildjäger" in Europas Wäldern

Aber spätestens ab dem Mittelalter wurde ihnen mit viel Aufwand nachgestellt. "Es war ein Elitesport. Bären sind ja groß und gefährlich. Und damit kann man dann schon zeigen, wie mutig man ist und wie stark man ist, wenn man einen Bären erlegen kann", so Anneke van Heteren. Es gab sogar Regionen, wie zum Beispiel in Tirol, da musste die Bevölkerung jedes Jahr eine bestimmte Menge an Bärenpfoten an ihren Landesherren übergeben, so die Wissenschaftlerin. "Im Mittelalter wurden Bären sehr stark bejagt."

Bärenjagd als Privileg

In Bayern war die Jagd auf Bären im Mittelalter dem Adel und der hohen Geistlichkeit vorbehalten. Sie wurde von den Wittelsbacher Herzögen, aber auch von Fürstbischöfen ausgeübt. Berufsjäger mussten die Bären erst einmal ausfindig machen. "Besonders beliebt war es, die Braunbären aus ihrem Winterschlaf aufzuwecken", erklärt der ehemalige Leiter des Deutschen Jagdmuseums, Bernd Ergert. Mit einer großen Anzahl an Hunden wurde der Bär gestellt. Den Todesstoß gab ihm dann der Herzog oder ein Vertreter der hohen Geistlichkeit mit einem speziellen Spieß.

Bärenfleisch und Angst um Tiere und Kinder

Die sterblichen Überreste waren nicht nur begehrte Jagdtrophäen, Bärenfleisch wurde auch verzehrt. Das Bärenfett war in medizinischer Hinsicht von Bedeutung. "Ein Allround-Hausmittel, besonders gefragt bei rheumatischen Schmerzen", erklärt Jagd-Experte Bernd Ergert.

Der Druck, Bären zu töten, kam aber auch aus der bäuerlichen Bevölkerung. Die Menschen hatten Angst vor den Tieren. Bauern fürchteten um ihre Nutztiere.

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Historische Illustration einer Bärenjagd

Weniger Waldflächen – weniger Rückzugsmöglichkeiten für Braunbären

Aber nicht nur die Jagd, auch die fortschreitende Rodung der Wälder führte dazu, dass ab 1750 Braunbären nur noch in kleinen Teilpopulationen in den Mittelgebirgen und im Alpenraum vorkamen. Und die wurden weiter stark dezimiert, denn die Jagd konnte nun mit immer effizienteren Waffen ausgeführt werden.

Anfang des 19. Jahrhunderts waren Bären schon fast komplett aus Bayern verschwunden. Aber auch noch den letzten Individuen nachzustellen, war damals erklärtes Ziel. Die Mentalität war eine andere als heute. "Den Begriff Artenschutz gab es nicht", erklärt Anneke van Heteren von der Zoologischen Staatssammlung. "Wenn es nur noch einen Bären gab, und man hatte die Möglichkeit den zu töten, dann war das natürlich das Allergrößte, was man erreichen konnte." Und genau das passierte am 24. Oktober 1835 in der Nähe von Ruhpolding. Der letzte Braunbär Deutschlands wurde in Bayern geschossen.

Akribische Verfolgung bis zur Ausrottung

Dabei hatte man bereits 1822, als ein Braunbär in der Region erlegt wurde, gehofft, die unberechenbaren "Bestien" ein für alle Mal los zu sein, erzählt der Autor Ludwig Schick. Der Hobby-Heimatforscher aus Ruhpolding hat die Geschichte des letzten Braunbären Deutschlands recherchiert.

Eingewanderte Bären in den 1830er Jahren

In abgelegenen Bergregionen wie dem Gebiet um die Schwarzachen Alm kam es trotz verstärkter Jagd immer wieder vor, dass junge, halbstarke Braunbären aus Österreich auf der Suche nach neuen Territorien einwanderten. Ein großes Aufgebot aus zehn Förstern, Forst- und Jagdgehilfen musste ausrücken, um die "Bestie" zu töten. "Wenn man den Jagdaufzeichnungen Glauben schenken darf, prallte die erste Kugel vom Stirnbein des mächtigen Tieres ab", so Ludwig Schick.

Bärentöter wurde zum Helden

Nach einiger Zeit kam der angeschossene Bär über einen Hang herunter, genau dort, wo der Forstamtsgehilfe Ferdinand Klein seinen Posten hatte. Er gab ihm den tödlichen Schuss. Den letzten Bären getötet zu haben, wurde damals als Heldentat gefeiert. Der erfolgreiche Schütze soll dafür eine Prämie von 75 Gulden erhalten haben, das entsprach etwa einem Drittel seines Jahresgehalts. Erst im Jahr 2006 hat sich wieder ein Bär, bekannt geworden als Problembär Bruno, wieder nach Bayern verirrt. Und auch da war es zunächst nicht so einfach, ihn zur Strecke zu bringen.

Im Video: Spurensuche in der Region Oberaudorf im Landkreis Rosenheim

Spurensuche in der Region Oberaudorf im Landkreis Rosenheim! Dort herrscht Unruhe: Schafe wurden gerissen. Und ein Tier mit solchen Tatzen steht jetzt im Verdacht: Ein Bär.
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Spurensuche in der Region Oberaudorf im Landkreis Rosenheim! Dort herrscht Unruhe: Schafe wurden gerissen. Im Verdacht steht ein Bär.

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