Für Bayern könnte im Bundestag bald ein Abgeordneter mehr sitzen, denn der Freistaat soll bei der Bundestagswahl 2025 einen zusätzlichen Wahlkreis erhalten. Nutznießer wäre die Stadt Memmingen im Allgäu. Der neue Wahlkreis soll aus Teilen der bisherigen Augsburg-Land, Neu-Ulm und Ostallgäu gebildet werden.
Bayern wächst, Sachsen-Anhalt schrumpft
Die Reform geht aus einem Gesetzentwurf der Ampel-Regierung hervor, sie beabsichtigt eine Änderung des Bundeswahlgesetzes. Der Entwurf liegt dem Bayerischen Rundfunk vor. Die Ampel begründet ihr Vorhaben mit der Bevölkerungsentwicklung: In Sachsen-Anhalt sei die Bevölkerung geschrumpft, in Bayern dagegen gewachsen, erklärt der stellvertretende SPD-Fraktionschef im Bundestag, Dirk Wiese, der mit zuständig ist für die Reform.
"Die Sache ist relativ einfach: In Sachsen-Anhalt hat ein Wahlkreis über 25 Prozent Bevölkerungsrückgang, das heißt: Dort wohnen einfach weniger Menschen zum Zeitpunkt der nächsten Bundestagswahl. Deshalb verliert Sachsen-Anhalt einen Wahlkreis." Bayern dagegen scheine sehr attraktiv zu sein für neue Bürger, viele zögen auch aus anderen Bundesländern her. "Gerade in der Region um Augsburg haben die Wahlkreise 25 Prozent mehr Bürger und deshalb bekommt Bayern in dieser Region einen neuen Wahlkreis."
Ziel: Jede Stimme muss gleich viel wiegen
Dass die Wahlkreise nach der Bevölkerungsgröße angepasst werden müssen, ist im Bundeswahlgesetz festgelegt. So soll die Gleichheit der Stimmen gewahrt werden. Aus diesem Grund sehen die Freien Wähler die Ampel-Reform grundsätzlich positiv. "Die Gleichheit der Stimmen ist ein wichtiger Punkt.
Wenn die Bevölkerung in einem Wahlkreis deutlich mehr wird, werden die abgegebenen Stimmen ja weniger wert im Vergleich zu anderen Wahlkreisen. Es ist also wichtig, dass nachjustiert wird", sagt Alexander Hold (Freie Wähler), der aus Kempten in Schwaben stammt. Anders als bei der früheren Wahlrechtsreform der Ampel, die laut Hold eindeutig zu einer Verschiebung der Machtverhältnisse führen soll, sieht seine Fraktion bei dieser Wahlreform kein Problem: "Es ist extrem schwierig, Wahlkreise so zuzuschneiden, dass eine Partei denkt, da haben wir jetzt was davon. Da braucht sich keiner Sorgen zu machen."
CSU skeptisch
Ein Mandat mehr für Bayern, das nicht ausgeglichen wird: Auch wenn Bayern mehr Einfluss in Berlin bekommen könnte, sieht die CSU die Reform skeptisch. Hansjörg Durz, CSU-Bundestagsabgeordneter für den Wahlkreis Augsburg-Land, kritisiert, dass die Bundesregierung mit der Reform einen künstlichen Wahlkreis entwerfe, der an der regionalen Verwurzelung der Menschen völlig vorbeigehe.
Holetschek: Reform "am Reißbrett in Berlin entstanden"
Der Chef der CSU in Schwaben, Klaus Holetschek, der selbst aus Memmingen stammt, findet es zwar einerseits gut, dass seine Heimatstadt einen eigenen Wahlkreis und damit noch mehr Bürgernähe bekommen soll. Holetschek kritisiert aber, dass die Reform nicht bis zum Ende durchdacht und nicht nachhaltig sei. Die Reform sei "am Reißbrett in Berlin entstanden". Es könne gut sein, dass die Wahlkreise wegen der Bevölkerungsentwicklung bald schon wieder neu angepasst werden müssten. Der größte Kritikpunkt für ihn aber: Auch im neuen Memminger Wahlkreis könne es passieren, dass ein Abgeordneter seiner Partei dort zwar direkt gewählt wird, aber trotzdem nicht wie früher in den Bundestag einzieht.
Die im Frühjahr beschlossene Wahlrechtsreform der Ampel-Regierung, die zum Ziel hat, den Bundestag zu verkleinern, könnte dafür sorgen. Sie bewirkt, dass eine Partei, die bundesweit an der Fünf-Prozent-Hürde scheitert, auch keine Direktmandate erhält. Vor allem die CSU könnte das hart treffen, da sie nur in Bayern antritt. Sollte sie die Fünf-Prozent-Hürde reißen, würde es ihr in Zukunft auch nichts nutzen, alle Wahlkreise in Bayern - inklusive dem neuen Memminger Wahlkreis - zu gewinnen. 47 Stück wären das dann insgesamt bei der nächsten Bundestagswahl. Die bayerische Staatsregierung und die CSU reichten deshalb bereits Klage beim Bundesverfassungsgericht ein.
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