Die Bayern sind per se ja ein eher optimistisches Völkchen. Und so ist es schon bemerkenswert, dass die Menschen 2022 deutlich weniger zuversichtlich ins Jahr starten als 2021. Vor einem Jahr bot die Lage im Freistaat noch für mehr als die Hälfte der Bürgerinnen und Bürger Anlass zur Zuversicht, jetzt sind es noch 48 Prozent. Eine ähnlich verhaltene Grundstimmung herrschte in Bayern zuletzt im September 2018 vor der letzten Landtagswahl. Nicht die einzige Parallele zu dieser Zeit.
Der Pandemie-Bonus ist aufgebraucht
Für die CSU ist die Ausgangslage rund eineinhalb Jahre vor der nächsten Landtagswahl nahezu identisch mit der Stimmungslage Ende 2018, Anfang 2019. Bei der Sonntagsfrage im Januar vor drei Jahren kam die CSU auf 35 Prozent, heute ist es ein Prozentpunkt mehr. Mit der Arbeit der CSU als Regierungspartei waren damals 42 Prozent zufrieden oder sehr zufrieden, heute sind es 45 Prozent. Markus Söders Zufriedenheitswert lag bei 55 Prozent, exakt die gleiche Zahl wie in diesem BayernTrend des Jahres 2022. Alles auf Anfang also bei der CSU.
Die Partei und ihr Vorsitzender Markus Söder werden für sich die Frage beantworten müssen, warum von den pandemiebedingt zwischenzeitlich extrem hohen Zustimmungswerten so gar nichts bei den Christsozialen hängen geblieben ist. Dass er die heutzutage sagenhaften 49 Prozent aus dem Juli 2020 nicht auf Dauer würde halten können, war nicht nur Politikexperten von Anfang an klar.
Aber einfach wieder zurückfallen auf Werte aus der Zeit vor der Pandemie? Gar keine Prozente mit hinüberretten in die Nach-Corona-Zeit, als Puffer für die nächste Landtagswahl? Das hatte sich die CSU sicher anders vorgestellt, und das werden die Christsozialen im Hinblick auf die Landtagswahl für sich genau analysieren müssen.
Freie Wähler: Unzufrieden mit der eigenen Regierung
Eine ähnliche Aufgabe haben die Freien Wähler vor sich. Allerdings unter anderen Vorzeichen. Denn im Gegensatz zur CSU standen die Freien Wähler Ende 2018, Anfang 2019 glänzend da. Bei den Zufriedenheitswerten hatte man die große CSU sogar hinter sich gelassen. Heute liegt man hier zwölf Punkte hinter dem Koalitionspartner. Bei der Sonntagsfrage war man deutlich zweistellig und sogar besser als bei der Landtagswahl. Heute sind es nur noch acht Prozent.
Aber es ist eine andere Zahl des aktuellen BayernTrend die im Zusammenhang mit den Freien Wählern besonders aufhorchen lässt: Nur 41 Prozent der FW-Anhänger sind mit der Arbeit der eigenen Regierung zufrieden. Bei den CSU-Anhängern sind es mehr als doppelt so viele (83 Prozent). Und selbst die Anhänger der Grünen, FDP und SPD bewerten die Arbeit der Staatsregierung durchweg positiver.
Das muss den Freien Wählern zu denken geben, und es dürfte spannend werden, welche Schlüsse Hubert Aiwanger und Co. aus diesen Zahlen ziehen. Weiter den großen Koalitionspartner ärgern? Vielleicht sogar mehr als zuletzt? Oder lieber wieder etwas weniger Opposition innerhalb der Regierung sein? Das alles sind mögliche strategische Antworten auf die aktuelle Lage der Freien Wähler. Wofür sie sich eineinhalb Jahre vor der Landtagswahl entscheiden – völlig offen.
Und die Opposition? Die müsste angesichts der oben beschriebenen Lage der beiden Regierungsparteien eigentlich der strahlende Gewinner dieser Umfrage sein. Doch trotz teils kräftiger Zugewinne: allzu laut jubeln kann wohl keine der bayerischen Oppositionsparteien über die BayernTrend-Zahlen.
Grüne mit Ampel-Blues
Die Grünen bleiben mit 16 Prozent zweitstärkste Kraft im Freistaat, verlieren aber drei Punkte im Vergleich zu vor einem Jahr. In Bayern sind die Grünen damit die einzige der drei Ampel-Parteien, die Federn lassen muss. Ihre Anhänger scheint der Start der neuen Bundesregierung nicht zu überzeugen. Und auch ihre Oppositionsarbeit im Landtag wird deutlich schlechter bewertet als noch vor einem Jahr: Nur noch 37 Prozent der Befragten sind zufrieden oder sehr zufrieden mit der Arbeit der Grünen im Maximilianeum, ein Minus von satten zehn Punkten.
SPD und FDP: Starker Zuwachs auf niedriger Basis
Rückenwind aus Berlin verzeichnen dagegen SPD und FDP. Beide Parteien legen zu: die Sozialdemokraten um sieben Punkte auf 14 Prozent, die FDP um vier Punkte auf sieben Prozent. Bei Zahlen auf diesem Niveau liegt eine Ampelkoalition für Bayern, wie sie von manchen schon herbeigeredet wurde, allerdings noch in weiter Ferne.
Sehr deutlich zeigt dieser BayernTrend eines der großen Probleme der Opposition im Bayerischen Landtag auf: Ihre Hauptprotagonisten sind weitgehend unbekannt. Katharina Schulze von den Grünen kennt wenigstens noch gut jeder zweite Bayer (55 Prozent), ihren Co-Vorsitzenden im Landtag, Ludwig Hartmann, nur gut jeder Dritte (36 Prozent). Noch weniger sind es beim Partei- und Fraktionsvorsitzenden der Bayern-SPD, Florian von Brunn (31 Prozent), beim Partei- und Fraktionsvorsitzenden der FDP, Martin Hagen (30 Prozent), sowie beim Parteichef der AfD, Stephan Protschka (22 Prozent).
AfD als Sammelbecken für "Corona-Skeptiker"
Die AfD kann – obwohl sie im Landtag kaum inhaltliche Akzente setzt und vor allem mit radikalen Äußerungen und Personalquerelen auf sich aufmerksam macht – im BayernTrend auf zehn Prozent zulegen. Womit wir bei Corona wären. Denn die wohl einzige Erklärung für diesen Erfolg der AfD ist, dass sie weiterhin das Sammelbecken für viele Kritiker der Corona-Maßnahmen ist. Die Staatsregierung schafft es nicht mehr, eine Mehrheit hinter ihr Corona-Krisenmanagement zu versammeln.
Corona-Politik: die Unzufriedenheit wächst
Erstmals seit März 2020 wird die bayerische Corona-Politik im BayernTrend mehrheitlich kritisch beurteilt. Offensichtliche Ungleichbehandlungen bei den Corona-Maßnahmen wie zuletzt bei Gastronomie und Kultur dürften dazu beigetragen haben.
Gleichzeitig offenbart dieser BayernTrend aber auch das Dilemma der Politik an dieser Stelle: Wenn 28 Prozent der Menschen in Bayern sagen, die Corona-Maßnahmen gingen zu weit, 22 Prozent sie gleichzeitig für zu lax halten und nur 48 Prozent für angemessen, dann zeigt das, wie gespalten die Gesellschaft an dieser Stelle ist. Für die Politik ist es nach zwei Jahren Pandemie komplexer denn je geworden, eine Corona-Politik hinzubekommen, die von einer breiten Mehrheit der Gesellschaft wirklich mitgetragen wird.
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