"Anton", das automatische Forschungsfahrzeug, fährt ganz sachte von alleine los. Der Fahrer ist nur zur Sicherheit dabei, könnte eingreifen, wenn "Anton" zum Beispiel einen Fußgänger auf der Straße nicht erkennt und nicht bremst. Noch fährt das Fahrzeug vom Forschungszentrum für Fahrzeugsicherheit der Technischen Hochschule Ingolstadt (THI) allerdings nur auf dem Campus.
"Anton" braucht Straßendaten
Der Weg bis zum vollständigen autonomen Fahren ist weit. Denn bislang kennt "Anton" nur einen kleinen Teil des Campus. Denn der Prototyp hat wie alle anderen autonomen Fahrzeuge ein Problem – er braucht zunächst eine umfangreiche Datengrundlage aller Straßen, die das Fahrzeug befährt. Ömer Dönmez, wissenschaftlicher Mitarbeiter im Forschungszentrum für Fahrzeugsicherheit, sitzt in "Anton" und hat einen Monitor mit der Karte des Campus vor sich. "Das Fahrzeug soll sich ja zu jeder Zeit lokalisieren können, es soll immer wissen, wo es ist. Und dafür brauchen wir erstmal die Daten. Als nächstes werden wir erstmal viel fahren, manuell, weil wir die Daten aufzeichnen müssen von Ingolstadt."
Insgesamt acht Kameras, ein Radarsystem und ein sogenannter Leadersensor sind in und auf dem Auto installiert. Der Leader sendet Lichtimpulse aus. Anhand der Reflexion können die Forscher schließlich eine Karte erstellen, die dem Fahrzeug später zur Orientierung dient, wenn es autonom fährt.
Grundlage ist ein Renault
Als Grundlage für "Anton" dient zunächst ein serienmäßiger Renault Twizy, ein sogenanntes Leichtelektromobil für den Stadtverkehr, in dem zwei Menschen hintereinander sitzen können. Rund zwei Jahre lang hat das internationale Team das kleine Fahrzeug mit der kompakten Technik ausgestattet und später im Austausch mit dem TÜV Süd immer wieder verbessert, um die Straßenzulassung zu bekommen. Wichtig für den TÜV und die Forscher: die Fahrzeuglenker – sogenannte Sicherheitsfahrer – müssen das autonome Fahren jederzeit beenden können.
- Zum Artikel: "Wenn das selbstfahrende Auto Fehler macht, dann ... ?!"
Professor Ondrej Vaculin leitet das Projekt für Fahrzeugsicherheit und Automatisiertes Fahren. Um den Studierenden die Möglichkeit zu geben, das autonome Fahren zu erforschen und zu verbessern, hat die Hochschule entschieden, eine "offene Plattform" zu bauen, sagt der Professor. Bremse, Gaspedal und Lenkung können durch das System beeinflusst werden. Die Automobilindustrie lasse sich beim autonomen Fahren ungern in die Karten schauen.
Ziel: Mehr Sicherheit und keine Unfälle
Wir starten eine Probefahrt. Fahrer Thiago de Borba hat die Hände nicht am Lenkrad und die Füße nicht auf den Pedalen. Er würde nur eingreifen, wenn "Anton" einen Fehler macht. Wie von Geisterhand gesteuert, umrundet "Anton" ein Gebäude auf dem Campus der THI. Für den gebürtigen Brasilianer, der in Ingolstadt promoviert, ist es ein "sehr besonderes Gefühl. Ich fühle mich wie in der Zukunft."
Ziel ist es, so Professor Ondrej Vaculin, den Straßenverkehr sicherer und effizienter zu machen. Und für Menschen wie ihn, die nicht gerne Autofahren und "faul" seien, habe das autonome Fahren den Vorteil, dass sie während der Fahrt auch etwas anderes machen können.
Doch noch ist es nicht soweit. Es wird noch viel Forschungsarbeit – unter anderem auf den Straßen von Ingolstadt – notwendig sein, bis autonomes Fahren unfallfrei auch innerstädtisch funktioniert.
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